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Formel 1
02.03.2013

Remi Taffin: „Siegfähiges Motorenpaket bereitstellen“

Als Motoreningenieur von Renault Sport F1 arbeitete Rémi Taffin bereits mit Rennställen wie BAR, Arrows, Benetton und dem Werksteam Renault F1 Team. Seit einigen Jahren ist der 38-Jährige für die Einsätze des Renault RS27-V8 an den Rennstrecken verantwortlich.

Rémi, werden Sie in diesem Jahr gegenüber der Saison 2012 irgendwelche Arbeitsweisen an der Rennstrecke ändern?
Remi Taffin: „Wir werden 2013 jene Strukturen weiterentwickeln, die wir eingeführt haben, als wir uns 2011 als reiner Motorenlieferant neu aufgestellt haben. Voriges Jahr hatten sich die operativen Prozesse an der Strecke gut bewährt, unsere Arbeitsweise und Teamstruktur ermöglichte es, uns flexibel an die Kultur des jeweiligen Partnerteams anzupassen. Wir stellten sicher, dass unsere Motoren optimal auf die Chassis-Entwicklungen abgestimmt waren – vor allem bei den Auspuffanlagen mit Coanda-Effekt, die voriges Jahr eingeführt wurden. Wir haben hart daran gearbeitet, auf Entwicklungen dieser Tragweite schnell und zielsicher reagieren zu können. Diesen Weg wollen wir 2013 fortsetzen. Gleichzeitig möchten wir durch diese Konstanz auch die Zuverlässigkeit weiter erhöhen. Das vorige Jahr hat gezeigt, dass jeder Kilometer, den wir fahren, auf den Punkt stimmen muss, um 100-prozentige Zuverlässigkeit zu erzielen.“

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Gibt es im letzten Einsatzjahr der V8-Motoren noch irgendwelche Bereiche, die Sie an der Rennstrecke verbessern können?
„Das Fenster für Verbesserungen wird natürlich Jahr für Jahr schmaler. Wie immer suchen wir bis ins kleinste Detail nach Möglichkeiten, die Performance unseres Renault RS27 und unseren Service für die Kundenteams weiter zu verbessern. Wir möchten in jedem Bereich spitze sein – und da muss man leider zugeben: Gegenüber 2012 gibt es da wirklich reichlich Verbesserungspotenzial. Wir haben uns lange und intensiv mit jedem Bauteil und mit jedem Arbeitsprozess beschäftigt, um in jeder Hinsicht das letzte Quäntchen herauszuholen.“

2011 mussten sich die Motorentechniker mit den angeblasenen Diffusoren auseinandersetzen, 2012 mit den Motorenmappings und den Coanda-Effekt-Abgasführungen. Sehen Sie ein solches Technikthema auch für 2013?
„Die Auspuffanlagen mit Coanda-Effekt werden uns auch dieses Jahr begleiten, aber nach einem Jahr Entwicklung sind die Leistungssprünge natürlich wesentlich kleiner. Bei unseren Motormappings werden wir noch ein paar Feinheiten verändern, um den Kraftstoffverbrauch zu senken. Aber alles in allem dürfte sich im letzten Jahr der V8-Aggregate rund um den Motor nicht mehr viel bewegen.“

Mit welchen Komponenten haben Sie sich bei der Suche nach 100-prozentiger Zuverlässigkeit besonders befasst?
„Rein technisch gesehen, haben wir in der Winterpause genau jene Teile unter die Lupe genommen, die uns 2012 Sorgen machten. Dabei ist wieder einmal klar geworden, dass die Zuverlässigkeit selbst bei eingefrorener Motorenentwicklung und nur wenigen geänderten Teilen kein Selbstläufer ist. Früher hast du nach maximaler Leistung gesucht und zu jedem Rennen neue Ausbaustufen geliefert. Heute musst du sicherstellen, dass dieselbe Spezifikation über Monate hinweg dieselbe maximale Zuverlässigkeit bietet. Und dazu ist konstant hohe Qualität bei der Produktion und im Motorenbau gefragt.“

Wie wird sich das auf die Verteilung der acht erlaubten Motoren über die vermutlich 19 Saisonläufe auswirken?
„Hätten wir in diesem Jahr ein Rennen weniger, wären wir bei der Verteilung unseres Motorenpools etwas flexibler. So ist der Spielraum leicht eingeschränkt, aber das ist kein nennenswerter Nachteil.“

Wo sehen Sie nach dem ersten Jahr der Partnerschaft mit Williams mögliche Ansätze für eine noch bessere Zusammenarbeit?
„Wir können auf den engen Verbindungen aufbauen, die wir 2012 sozusagen neu belebt haben. Alle entscheidenden Prozesse sind eingeführt, auf dieser Basis müssen die Ergebnisse kommen. Wir bringen uns nicht nur bei Williams, sondern bei jedem Kundenteam sehr intensiv ein, was die Integration des Motors ins Gesamtpaket und die Abstimmung auf das Chassis angeht. Dabei müssen wir unsere Ressourcen sehr sorgfältig verteilen, denn im Moment fahren wir bekanntlich zweigleisig, weil wir dieses Jahr schon intensiv die 2014er-Motoren entwickeln. Also ist es wichtig, dass wir an der Strecke ein ausgereiftes Servicepaket liefern können, das keine Fragen mehr aufwirft.“

Wie hat sich nach zwei gemeinsamen Jahren das Verhältnis zu Caterham entwickelt?
„Wir arbeiten sehr effizient mit Caterham. Operativ gesehen gibt es kaum einen Unterschied zu den großen Teams. Ich könnte mir vorstellen, dass Caterham in diesem Jahr die ersten WM-Punkte holt. Die Zeichen dafür stehen gut: Sie haben sich in der neuen Teambasis eingerichtet, mehr Personal eingestellt und ein ausreichendes Budget zusammengebracht. Ich freue mich schon auf den Tag, an dem wir zum ersten Mal gemeinsam ein Punkteergebnis feiern können!“

Red Bull Racing gilt als anspruchsvoller Kunde. Wie können Sie dem Weltmeister-Team helfen, die Spitze zu verteidigen?
„Red Bull Racing und Renault Sport F1 gehen die Formel 1 mit demselben Kampfgeist an. Wir finden es gut, dass sie uns immer wieder antreiben und wir sind jedes Mal stolz, wenn wir wieder einmal schnell und effizient eine Lösung liefern können. Noch schöner ist es, wenn wir selbst neue Ansätze vorschlagen, die das Auto schneller machen. Aber bevor wir daran denken, weiter ans Limit zu gehen, werden wir zunächst die Zuverlässigkeit sichern.“

Lotus ist 2012 mit Renault in den Kreis der Grand Prix-Sieger zurückgekehrt. Wie eingespielt ist diese Beziehung?
„Für mich war Kimi Räikkönens Sieg in Abu Dhabi gar nicht mal so überraschend – ich erwarte, dass Lotus regelmäßig Rennen gewinnt. Und wir werden sie dabei in der bewährten Weise unterstützen. Ehrlich gesagt hat sich unsere Arbeitsweise gar nicht geändert, als der Rennstall von Renault in den Besitz von Genii überging. Natürlich bestehen immer noch sehr enge Beziehungen zur Chassis-Abteilung in Enstone. Die Ideen der Kollegen dort sind immer willkommen und wir helfen ihnen nach Kräften. Lotus trägt ordentlich dazu bei, dass unsere Motorenprüfstände ausgelastet sind … Noch wichtiger ist aber der Kampfgeist unserer vier Motorenteams innnerhalb der Rennställe: Wir möchten jedem Partnerteam ein siegfähiges Motorenpaket bereitstellen.“