Maro Engel: „Ich bin jede Nacht schweißgebadet aufgewacht“ (Teil 2/2)
Von der Kindergartenfreundschaft in die weite Motorsport-Welt: Maro Engel blickt zurück. In dieser zweiteiligen Interview-Reihe geht es um den Menschen hinter dem Rennfahrer. Im zweiten Teil spricht Maro über seine Herzmuskelentzündung, seine Lehre daraus und sein Training.
Maro, du bist 2017 nach fünf Jahren Pause in die DTM zurückgekehrt. Was hatte sich in der Zwischenzeit verändert?
Maro Engel: „Es war schon eine große Umstellung, aber die neue Fahrzeug-Generation ist geil zu fahren. Sie ist deutlich schneller geworden und es hat sich seit meiner ersten DTM-Zeit von 2008 bis 2011 viel in der DTM getan. Ich habe 2011 als bester Jahreswagen-Fahrer von Mercedes beendet. Allerdings hatte ich in der zweiten Saisonhälfte eine Herzmuskelentzündung. Das war keine einfache Zeit für mich. Die letzten beiden Saisonläufe waren die mit Abstand schlechtesten Rennen meiner DTM-Karriere. Ich habe deutlich mehr geschwitzt und konnte mir nicht erklären, warum die Performance nicht da war.“
Du hast deine Herzmuskelentzündung angesprochen. Wie ging es damit weiter?
Maro Engel: „Das erste Mal habe ich diese Erschöpfung bei einem Rollout gemerkt. Ich war danach komplett außer Atem. Ich bin an die Box zurückgekommen, als ob ich gerade eine Stunde lang am Limit Rennen gefahren wäre. Von da an dachte ich, dass ich etwas mehr Ruhe brauche, das war instinktiv richtig. Denn es gibt keine Medizin für eine Herzmuskelentzündung, sondern du musst schlafen und dich erholen. Die Rennen konnte ich einigermaßen durchfahren, aber nur, indem ich unter der Woche komplett Ruhe gegeben und geschlafen habe. Am Ende bin ich mit dem Hund spazieren gegangen und als Treppen kamen, war ich ganz außer Atem.“
Wie hast du da die letzten zwei Rennen überhaupt durchgestanden?
Maro Engel: „Die Herzmuskelentzündung hat mich bei den letzten zwei Rennen richtig stark beeinflusst. Ich war bei den meisten Rennen in den Top-Ten, aber in Valencia und Hockenheim nur auf den Plätzen 15. und 14. Eine Herzmuskelentzündung bedeutet, dass der Herzmuskel von Bakterien angegriffen ist. Das ist akut gefährlich. Ich wusste es zu diesem Zeitpunkt nur noch nicht, sonst hätte mich kein Arzt der Welt Rennen fahren lassen. Die Diagnose habe ich erst im November nach Saisonende erhalten. Ich war ständig mega außer Atem und habe mich gewundert, warum ich komplett energielos war. Ich habe jeden Tag lang geschlafen, dann Mittagsschlaf gemacht und bin abends früh schlafen gegangen. Nur so habe ich die Rennen überhaupt durchgehalten.“
Wie hast du dir die Herzmuskelentzündung damals zugezogen?
Maro Engel: „Das bekommst du, wenn du krank bist und trotzdem trainierst. Ich muss wohl Ende August oder Anfang September eine Erkältung verschleppt und zu früh wieder angefangen haben zu trainieren. Wenn du dann trainierst, können die Bakterien den Herzmuskel angreifen. Das Ergebnis ist, dass du komplett energielos bist. Ich habe zehn Stunden lang geschlafen und bin jede Nacht schweißgebadet aufgewacht. An Sport war während dieser Zeit nicht zu denken. Stattdessen habe ich mich für zwei bis drei Stunden zum Mittagsschlaf hingelegt und bin wieder komplett durchnässt aufgewacht. Mein Ruhepuls war 40 Schläge über dem Normalwert. Ich habe mich hingelegt und gemerkt, wie mein Herz gepocht hat.“
Nach der Winterpause konntest du dann ab Januar wieder trainieren. Wie war das für dich?
Maro Engel: „Ich musste quasi bei null wieder anfangen, aber ich war bald wieder fit. Ich war danach noch einige Male im Krankenhaus, weil man dadurch natürlich für das Thema sensibler wird. Aber es hat sich jeweils herausgestellt, dass alles in Ordnung war. Was ich für mich mitgenommen habe, ist, dass es am wichtigsten ist, seinen Körper zu kennen und auf ihn zu hören. Du musst nicht jede Trainingseinheit unbedingt reindrücken, wie sie im Plan steht, nur damit du sie gemacht hast. Wenn du dich komplett fertig machst, hast du am Ende des Tages auch nichts gewonnen. Als Rennfahrer trainierst du, um dich besser und länger konzentrieren zu können. Das kannst du nicht, wenn du am Rennwochenende ankommst und schon komplett fertig bist. Du musst frisch sein. Rennfahren ist ein Konzentrationssport. Das ist das A und O.“