Rene Binder: "G-Drive hat immer den Anspruch, ganz vorne mitzufahren."
Es ist offiziell: Rene Binder stellt sich gemeinsam mit dem Australier James Allen und einem weiteren Topfahrer, der in Kürze bekanntgegeben werden soll, der Herausforderung FIA WEC. Ein Gespräch über die Hintergründe des Aufstiegs und über die Aufbruchstimmung im Langstreckensport.
Rene, herzliche Gratulation zu Deiner neuen Partnerschaft mit G-Drive Racing, jenem Team mit dem Du schon im letzten Jahr den Titel der Asian Le Mans Series gewonnen hast!
"Danke, das sind natürlich sehr schöne Erinnerungen und ich denke, dass wir in einer guten Position sein werden, um auch in der Weltmeisterschaft ein Wort um den Titel mitzureden. G-Drive hat immer den Anspruch, ganz vorne mit zu fahren."
Deine nächste Langstreckensaison verspricht tatsächlich eine sehr vielversprechende zu werden: Du startest für eines der stärksten Teams mit einem der stärksten LMP2 Driver-Line-Ups der FIA WEC. Was sind Deine Erwartungen an dieses Projekt?
"Wie gesagt, ich habe vollstes Vertrauen in G-Drive Racing und traue uns in dieser Konstellation einiges zu, auch wenn die LMP2 Klasse im Rahmen der WM noch einmal starken Zuwachs bekommen wird. Wir reden hier von Penske, dem erfolgreichsten Indycar-Team, von Prema, dem aktuell erfolgreichsten Formel 2 Team und von AF Corse, die hier bereits Vorarbeit für Ferrari leisten. Die Liste der Topteams in der WM wird immer länger und weil die Autos Baugleich sind, ist das so, als wenn in der Formel 1 zehn Teams mit einem Mercedes unterwegs wären."
Es ist ein offenes Geheimnis, dass auch andere Top-Teams an Dir dran waren. Was hat am Ende den Ausschlag für G-Drive Racing gegeben?
"Dazu möchte ich gerne noch einmal festhalten, dass ich mich bei DUQUEINE in der ELMS sehr wohl gefühlt habe und auch sehr dankbar für alles bin, was sie für mich getan haben. Sie haben mir vor allem eine faire Chance gegeben, mich als Fahrer neben zwei Routiniers zu etablieren und meinen Marktwert zu steigern. Den Ausschlag für den Wechsel zu G-Drive in die WEC haben sicher der gemeinsame Erfolg in der ALMS und die damit verbundenen Perspektiven gegeben."
Neben Dir und dem Australier James Allen soll demnächst noch ein weiterer Topfahrer bekanntgegeben werden. Was hier der Letztstand der Dinge?
"Im Moment dürfen wir leider noch nichts verraten, aber man kann davon ausgehen, dass G-Drive ein sehr, sehr starkes Driver-Lineup an den Start bringen wird."
Die Langstrecken-WM nimmt ihre zehnte Saison mit dem bisher größten Feld in Angriff. Ist es für Dich vorstellbar, dass die FIA WEC noch einmal der Formel 1 Konkurrenz machen kann?
"Nein, die Formel 1 bleibt natürlich die Formel 1, auch wenn die Sportwagen als Hypercars jetzt noch einmal ein großes Comeback erleben werden. Es ist unübersehbar, dass hier etwas Großes im Gange ist und man sieht es eben auch an der Nennliste."
Ferrari, Porsche, Peugeot, Toyota, Audi, Cadillac, Alpine und die Liste ist noch lange nicht zu Ende. Warum zieht es so viele Hersteller jetzt wieder zurück oder erstmals hinein in den Endurance-Bereich?
"Ich glaube, dem ACO und der FIA ist hier mit dem neuen Konzept ein großer Wurf gelungen. Hypercar markiert für den Langstreckensport einen Wendepunkt, weil die Kosten massiv gesenkt und gleichzeitig spektakuläre Autos und ein starker Wettbewerb auf der Strecke geboten werden können. Dieser Ansatz passt sehr gut ins aktuelle wirtschaftliche Klima, außerdem war der Langstreckensport schon immer das wichtigste Testlabor für die Automobilindustrie. Vielleicht entscheidet sich sogar in Le Mans, welches Antriebskonzept das effizienteste der Zukunft sein wird."
Der Kalender der FIA Langstrecken WM 2022 wird sechs große Rennen umfassen, und es geht im März gleich spannend los mit einem Klassiker in Sebring, Florida…
"Auf dieses Rennen in den USA freue ich mich ganz besonders, weil ich erstens ein großer Fan der amerikanische Rennatmosphäre bin und zweitens vor allem Sebring sehr mag, wo ich 2018 meine ersten Runden in einem Indycar gedreht hab."
Zufall oder nicht, Du hast gerade auf Traditionsrennstrecken immer wieder starke Leistungen gezeigt und Erfolge eingefahren. Gibt es da aus Deiner Sicht einen echten Zusammenhang?
"Schwer zu sagen, aber es stimmt schon: In Monza, Spa, Nürburgring und Monaco aber auch in Sebring, Road Atlanta und Le Mans bin ich auf Anhieb gut zurechtgekommen. Nachdem ich auf den drei erstgenannten Strecken schon gewinnen konnte, wäre es natürlich ein Traum, diese Liste einmal zu komplettieren."
Du hast am Neujahrstag Deinen 30. Geburtstag gefeiert und bist physisch sicherlich auf Deinem Zenit…
"Der Ausdauersport ist meine zweite große Leidenschaft geworden und die Bewegung in den Bergen lässt sich perfekt mit meinem Spezialprogramm kombinieren, das ich in einem Fitnessstudio mit einem professionellen Trainer durchziehe. Während im Sommer vorwiegend Joggen, Mountainbiken und Rennradfahren am Trainingsplan stehen, geht es im Winter vorwiegend auf die Langlaufloipe und auf die Skipiste. Das ist für mich der perfekte Ausgleich."
Vielen Dank für das Gespräch und noch einmal herzliche Gratulation zum neuen Vertrag!