ADAC Procar
08.08.2011
Ich bin die Krafft - Frauen-Power im Motorsport
In der ADAC Procar Meisterschaft kämpft die Lady gegen die Tourenwagen-Routiniers und verweist manch einen Kollegen hinter sich. 2010 stieg sie zusammen mit dem ATM Speed Ladies Team - geballte Frauenpower mit Siegeswillen - in die deutsche Tourenwagenserie ein und steuert dort einen 185 PS starken Ford Fiesta 1.6 16V.
Die Frauen-Crew unter der Leitung von Ex-Rennpilotin Stephanie Neitzel, versteht ihr Handwerk. Das Team stand zusammen mit dem Rennfahrzeug bereits auf der Essen Motor Show 2009 im Rampenlicht. Während der 10-tägigen Messedauer bauten zwei junge Kraftfahrzeug-Mechatronikerinnen live vor den Besuchern das Einsatzgerät auf und betreuten es fortan auch bei den Rennveranstaltungen. "Da wir sämtliche Bauteile des Autos kennen, sind wir natürlich perfekt vorbereitet für unsere Arbeit im ATM Speed Ladies Team", lautete ihre einhellige Meinung. Ulrike Krafft sammelt seither mit dem vom Team aus dem westfälischen Marl eingesetzten Rennwagen auf den nationalen wie internationalen Traditionsrennstrecken Meisterschaftspunkte und Pokale. In der laufenden ADAC Procar-Saison 2011 kletterte sie bereits einige Male auf das Siegerpodest und konnte kürzlich sogar beim FIA Tourenwagen Europa Cup auf dem Salzburgring als erste Frau den zweiten Platz einfahren.
Die 27-jährige Rennpilotin hatte schon als Kind nur wenig für die klassischen Mädchen-Hobbys übrig und auch beruflich orientierte sie sich nicht an den üblichen Klischees. "Das hat sicherlich nichts mit den Genen zu tun. Ich habe mich beispielsweise einfach nie für Ballettunterricht interessiert. Es kam für mich nur ein technisches Studium in Frage", erinnert sich die in Lauffen am Neckar lebende Powerfrau. Mit dem Abitur in der Tasche studierte sie unter anderem in Frankreich Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik. Die gebürtige Hamburgerin gibt auch beruflich Gas, sitzt unablässig am Steuer von diversen Sportwagen – als Applikationsingenieurin stimmt sie für ein namhaftes Stuttgarter Unternehmen Fahrsicherheitssysteme für leistungsstarke Fahrzeuge im praktischen Fahrversuch auf Teststrecken in ganz Europa ab. Ihre berufliche Erfahrung bringt sie mit Erfolg beispielsweise bei der Fahrwerksabstimmung in den Rennsport ein.
Die typischen Sprüche über "Frau am Steuer" prallen bei ihr ab. "Manche meiner männlichen Rennkollegen haben schon Probleme damit, wenn ich schneller bin als sie. Das sind Momente, in denen ich mich in meiner Rolle richtig wohl fühle", lacht die schnelle Ulrike. Die zierliche Lady ist ein wahres Energiebündel, ehrgeizig und kreativ, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Sie liebt besonders die anspruchsvollen Rennstrecken, wie den Sachsenring. "Dort gibt es viele Mutkurven, in denen man den Hintern zusammenkneifen muss." Gerade dort lieferte sie sich einen rundenlangen spannenden Zweikampf um Platz zwei, den sie am Ende für sich entschied.
Die Frau ohne Vorbilder möchte zur Nachahmung animieren. Sie bewirbt im Namen ihres Unternehmens offensiv die Ingenieurs-Ausbildung. "Ich verstehe 1nicht, dass immer noch so wenige Mädchen eine technische Berufslaufbahn einschlagen. Hier eröffnen sich doch Perspektiven, die von jungen Frauen einfach noch zu wenig genutzt werden. Es braucht an dieser Stelle keine Frauenquote. Die Betriebe wissen, dass Frauen genauso gut sind wie ihre männlichen Kollegen, sie bringen oft frischen Wind, andere Qualitäten, Denkweisen und Herangehensweisen mit in die Männerdomänen. Ich kann nur sagen: Frauen traut Euch!"
Angst scheint für Ulrike Krafft ein Fremdwort zu sein. "Im Beruf wie auch im Rennsport ist es wichtig, dass man weiß, was man kann. Und man muss auch den Mut haben, seinen Horizont zu erweitern und manchmal auch über seinen eigenen Schatten zu springen." Ganz nach ihrem Motto fürs Leben, "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Dann kann man manchmal Kräfte aktivieren, von denen man nicht geahnt hat, dass man sie hat", erklärt die sympathische Erfolgsfrau, die ihre physische und psychische Vitalität mit Fitness-Training, Joggen, Schwimmen und Snowboarden festigt.
Und wie steht die 27-jährige zu den Themen Shopping und Schuhe? "Dass ich einen so genannten Männerberuf ergriffen habe, bedeutet ja nicht, dass ich schicke Kleidung nicht mag. Natürlich gehe ich gern Shoppen - am liebsten mit meiner Schwester. Einen kleinen 'Schuhwahn' habe auch ich." schmunzelt Ulrike, die "viele weitere Erfolge im Motorsport" als ihre Zukunftsplanung angibt.