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Rallye WM
19.10.2014

Siegeshunger hoch drei bei Volkswagen

Gibt es die Vorentscheidung? Oder gibt es das Super-Finale? Bei der Rallye Spanien vom 23. bis 26. Oktober 2014 steht im Kampf um die Fahrer- und Beifahrer-WM die entscheidende Phase der FIA WRC 2014 an. Beim zwölften Lauf stehen die WM-Ersten, Sébastien Ogier / Julien Ingrassia, und die WM-Zweiten, Jari-Matti Latvala / Miikka Anttila, im Rampenlicht.

Die jeweilige Erfolgsformel der einzig verbliebenen WM-Kandidaten ist simpel: Wer vor dem direkten Konkurrenten landet, hat ein großes Ziel erreicht. Holt Titelverteidiger Ogier einen Zähler mehr als Herausforderer Latvala, sind Fahrer- und Beifahrer-WM zu seinen Gunsten vorentschieden. Ist es andersherum, sind die Weichen für das ultimative Finale drei Wochen später bei der Rallye Großbritannien gestellt.

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Und auch das ist nur im großen Showdown zum Rallye-Weltmeister-Titel möglich: Latvala / Anttila sind womöglich ganz heimlich zu glühenden Fans von Andreas Mikkelsen / Ola Fløene (N / N) geworden. Gelingt es den WM-Dritten, wie in Schweden und zuletzt in Frankreich, vor Ogier / Ingrassia – allerdings hinter dem finnischen Duo – ins Ziel zu kommen, erhöht das deren Titelchancen weiter. Gebremst wird für die nordischen Kollegen aber keinesfalls: Mikkelsen / Fløene sind nach fünf Podiumsresultaten ihrerseits heiß auf den allerersten Sieg in der WRC.

„Seit wir in der Rallye-WM mit dem Polo R WRC antreten, habe ich noch nie einen so großen Siegeshunger bei unseren Fahrern und Beifahrern gespürt“, so Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito. „Jeder kann mit einem Erfolg Historisches schaffen. Sébastien Ogier und Julien Ingrassia könnten den zweiten WM-Titel in Folge klarmachen – am liebsten mit einem Sieg. Die WM weiter offen gestalten wollen dagegen Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila – ebenfalls am liebsten mit einem Sieg.

Andreas Mikkelsen und Ola Fløene haben ihr Ziel, drei Podiumsplätze in dieser Saison nach Wolfsburg zu holen, mit fünf Top-Drei-Plätzen bereits weit übertroffen. Aber auch sie wollen das perfekte Ende ihrer fabelhaften Saison – am liebsten mit einem Sieg. Eine höhere Motivation für die Rallye Spanien kann man sich als Team nicht wünschen. Wir freuen uns auf einen echten Showdown.“

Nur noch ein Punkt: Vorjahressieger Sébastien Ogier greift nach WM-Titel

Aufgeschoben, nicht aufgehoben – nach diesem Motto starten Sébastien Ogier und Julien Ingrassia in die Rallye Spanien. Nachdem bei ihrem Heimspiel bei der Rallye Frankreich zuletzt nicht etwa Moët (Champagner) sondern Murphy (Lebensweisheiten) das passende Schlagwort bildete, soll nun in Spanien das große Ziel von der Titelverteidigung in der Fahrer und Beifahrer-WM erreicht werden. Dazu könnte ein einziger Punkt ausreichend sein. Holen Ogier / Ingrassia diesen mehr als ihre teaminternen Konkurrenten Latvala / Anttila, stehen die alten auch als die neuen Weltmeister fest.

Keine leichte Aufgabe: Sowohl Ogier / Ingrassia als auch Latvala / Anttila hatten zuletzt ihre Extraklasse auf Schotter und auch auf Asphalt bewiesen. Die Rallye Spanien bildet die einzige Rallye im WM-Kalender, bei denen auf beiden Untergründen gleichermaßen gegen die Uhr angetreten wird. Die Voraussetzungen für die beiden im Gesamtklassement führenden Duos sind nahezu identisch. Ogier / Ingrassia eröffnen die Route am ersten, auf Schotter ausgetragenen Tag, Latvala / Anttila folgen unmittelbar danach als zweites World Rally Car.

Bereits 2013 begeisterte dieser Zweikampf die Fans in Spanien, als Latvala an den Eröffnungstagen vorn lag, seinen Vorsprung jedoch am abschließenden Tag auf Schotter wegen der schlechteren Startposition wieder einbüßte. 2013 feierte Volkswagen hier dank dieses sportlichen Showdowns den ersten von derzeit neun Doppelsiegen in der Geschichte des Polo R WRC.

Nur noch ein Sieg: „JML“ könnte WM-Vorentscheidung vertagen

Zum Siegen verpflichtet, zweiter Teil. Nachdem Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila mit dem historischen ersten Triumph eines finnischen Duos auf Asphalt seit knapp 15 Jahren die Lücke zu ihren Konkurrenten Ogier / Ingrassia bei der Rallye Frankreich geschlossen hatten, ist für Spanien die Aufgabe ebenso groß. Latvala muss vor Ogier ins Ziel kommen, je weiter vorn, desto größer sind seine WM-Chancen. Damit hilft nur ein Sieg dem Herausforderer ernstlich weiter. 27 Punkte beträgt der Rückstand derzeit, 28 sind maximal bei einer Rallye für ein Fahrer / Beifahrer-Duo zu vergeben. Läuft alles pro Latvala und contra Ogier, wäre das Traumfinale bei der Rallye Großbritannien perfekt.

Nur noch ein Sieg: Volkswagen greift nach weiterem WM-Rekord

Die längste Siegesserie der Rallye-WM-Geschichte (2013 und 2014). Die meisten Siege in Serie in einer Saison (2014). Der größte Vorsprung einer Marke in der Herstellerwertung (2013). Volkswagen hat seit dem Einstieg mit dem Polo R WRC bei der Rallye Monte Carlo 2013 und mit den überwältigenden Saisons 2013 und 2014 bereits historische Bestmarken auf- und eingestellt. Nun hat die Mannschaft aus Wolfsburg die große Chance, der Erfolgsgeschichte eine weitere Fußnote hinzuzufügen.

Siegt Volkswagen bei den verbleibenden beiden Saisonrallyes entweder in Spanien oder in Großbritannien ein weiteres Mal, zöge die Marke mit WM-Konkurrent Citroën beim Rekord der meisten in einer Saison erzielten Siegen gleich. Elf Siege in einem WM-Jahr hatte Citroën bisher 2005, als die Rallye-WM in 16 Ländern ausgetragen wurde, und 2008 erreicht, als 15 Läufe zum WM-Kalender zählten.

Vollgas für das große Ziel: Andreas Mikkelsen im „Ich-gebe-alles“-Modus

Die Aufgabe für die Saison 2014 ist bereits übererfüllt. Jetzt kommt die Kür im Vollgas-Stil. Andreas Mikkelsen hat mit fünf Podiumsresultaten, darunter zweite Plätze auf Eis und Schnee (Schweden), Schotter (Polen) und Asphalt (Frankreich) die an ihn geknüpften Hoffnungen bei weitem übertroffen. Für die verbleibenden beiden Rallyes in Spanien und Großbritannien hat er nun die Chance, unter dem Motto „Ich gebe alles“ nach dem ersten Sieg bei einer WM-Rallye zu greifen. In der Gesamtwertung liegt das norwegische Duo ohnehin auf dem hervorragenden dritten Rang hinter ihren Teamkollegen im Polo R WRC.

Feines Popo-Meter, gute Linienwahl – was bei der Rallye Spanien gebraucht wird

Das Beste des Rallye-Sports an drei Tagen: Die Rallye Spanien bietet eine große Bandbreite an Herausforderungen für Fahrer und Beifahrer. Nachdem am Donnerstagabend auf der nur 3,2 Kilometer langen Wertungsprüfung „Barcelona“ auf dem Montjuïc in der katalanischen Metropole dank des Olympia-Geländes von 1992 die Kulisse der Star ist, zeigt der zwölfte WM-Lauf am Freitag Charakter. An diesem Tag stehen die Prüfungen auf Schotter auf dem Programm – allesamt mit einer feinen Schotterschicht überzogen, die mit jedem World Rally Car mehr und mehr davongefegt wird. Typisch: die WP „Terra Alta“ mit ihren fünf Oberflächen-Wechseln und dem zentralen Asphalt-Abschnitt.

Nach dem kompletten Umbau der World Rally Cars auf Asphalt-Spezifikation, bildet am Samstag die exakt 50 Kilometer lange „Escaladei“ die längste WP der Rallye. Jeder Kilometer steht hier für eine Ausgabe in der Geschichte der spanischen WM-Rallye. Am Sonntag steht die WP „Riudecanyes“, die bei ihrem zweiten Durchgang die Powerstage bildet, im Interesse der zahlreichen Fans. Dank der Rallye sind die beiden Kreisverkehre, die hier zu absolvieren sind, in Spanien berühmt geworden. Selbstredend, dass einer davon mit einem kompletten Pflicht-„Donut“ zu bewältigen ist. Schmale, verwundene Bergab-Passagen sind ebenfalls ein prägender Teil dieser bekannten WP. Gefragt sind bei der Rallye Spanien ein feines „Popo-Meter“ auf den Schotter-Abschnitten und ein gutes Gespür für die perfekte Linienwahl auf den engen, verwundenen Asphalt-Strecken.

Erstes Jubiläum: Rallye Nummer 25 für den Polo R WRC

Für den Polo R WRC bildet die Rallye Spanien das erste Jubiläum: Für das 315 PS starke World Rally Car aus Wolfsburg ist es der 25. Auftritt in der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC). Die Erfolgsbilanz liest sich wie ein Märchen: 20 Siege und insgesamt 38 Podiumsplätze gingen bisher auf das Konto des Allradlers. Genau 70 Prozent der Wertungsprüfungen absolvierte der Polo R WRC mit Bestzeit – bei 313 von 446 möglichen. 717 Mal war einer der Polo R WRC dabei unter den Top Drei der Bestzeitenliste zu finden. Auch die Powerstage, bei der für die drei besten Crews Extra-Punkte für die Fahrer- und Beifahrer-WM vergeben werden, ist eine Domäne des Polo R WRC. Bei 23 Powerstages erzielte er 17 Mal die Bestzeit. Insgesamt gingen 41 Mal Extra-Zähler an ein Werksduo aus Wolfsburg.

Stimmen vor der Rallye Frankreich

Sébastien Ogier: „Unsere Heimrallye in Frankreich verlief sehr unglücklich für uns. Wir haben eine Menge wiedergutzumachen und für die Rallye Spanien bin ich umso motivierter. Julien und ich hatten in Frankreich die Gelegenheit den Titel zu verteidigen, das ist uns leider noch nicht gelungen. Ich bin jedoch voll und ganz davon überzeugt, dass wir in Spanien unseren Titel verteidigen werden. Vergangenes Jahr haben wir auch in Spanien gewonnen und ich fühle mich fantastisch. Ich mache viel Sport und bin topfit. Außerdem testen wir in Spanien unsere neuen Reifen. Mit denen waren wir zwar schon in Frankreich unterwegs und sie haben uns auch auf einigen Wertungsprüfungen schneller gemacht, doch die Bedingungen in Spanien sind komplett anders. Der Test in Spanien wird uns zusätzlich Selbstvertrauen geben.“

Jari-Matti Latvala: „Ich freue mich auf die Rallye Spanien, denn die mag ich sehr. Wir haben immer noch eine Chance, um die Weltmeisterschaft zu fahren. Zwei Rallyes vor Saisonende war ich noch nie in dieser Situation. Der erste Tag wird auf Schotter, die weiteren auf Asphalt ausgetragen. Ich denke, es könnte ein spannender Zweikampf zwischen Sébastien Ogier und mir werden. Und solange ich noch eine Chance habe, werde ich kämpfen. Die Oberfläche der Schotterprüfungen ist relativ hart, allerdings liegt eine feine, lose Schicht darüber. Der Straßenfeger-Effekt ist hier besonders hoch. Und ich könnte einen kleinen Vorteil dadurch haben. Auf der anderen Seite könnte aber auch in der Luft stehender Staub die Sicht behindern. Wie auch immer – die Streckencharakteristik liegt mir, ich mag die Rallye und wir haben ein gutes Set-up sowohl auf Schotter als auch auf Asphalt, mit dem ich mich sehr wohl fühle.“

Andreas Mikkelsen: „Ich reise relativ entspannt nach Spanien, denn mein zweiter Platz in Frankreich hat meinen dritten Platz in der Gesamtwertung gefestigt. Das Resultat aus Frankreich war für mich wichtig, weil ich dadurch ein wenig Druck von meinen Schultern genommen habe. Das wird mir sicher dabei helfen, endlich meinen ersten Sieg in der Rallye-Weltmeisterschaft zu feiern. Bei der Rallye Spanien werde ich vermutlich ein etwas höheres Risiko gehen, um mein nächstes Ziel zu erreichen. Ich habe in dieser Saison drei zweite Plätze gefeiert und ich komme meinem ersten Sieg nun immer näher. Wenn es in Spanien noch nicht klappt, dann hoffentlich spätestens in Wales.“

Neues aus dem Volkswagen Team

220 Meter in die Tiefe gestürzt: Julien Ingrassia hat vor der Rallye Spanien eine echte Herausforderung gemeistert. Die Kollegen der Website rallytheworld.com stellten allen drei Volkswagen Beifahrern extreme Aufgaben. Miikka Anttila musste den Aufschrieb in der Achterbahn verlesen, Ola Fløene beim Kunstflug mit Red-Bull-Air-Race-Pilot Matthias Dolderer. Julien Ingrassia knackte eine ganz besonders harte Nuss: Er trug beim Bungee-Sprung in 220 Meter Tiefe aus dem Gebetbuch von Sébastien Ogier vor. Stilecht im Rennoverall. Und selbstredend mit Helm.

Großer Auftritt für den Polo R WRC und Jari-Matti Latvala: Das World Rally Car, mit dem Volkswagen 2013 und 2014 den Hersteller-Titel in der Rallye-WM gewann, präsentierte sich bei der „Rallylegend“ als Eröffnungsfahrzeug. Bei der historischen Rallye in San Marino saßen Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila am Steuer des Allradlers aus Wolfsburg – die Fahrer / Beifahrer-Paarung, die zuletzt nach ihrem Premierensieg auf Asphalt in den exklusiven Club jener Rallye-Fahrer aufgenommen wurden, die auf allen Untergründen bereits gewonnen haben. Ebenfalls am Start der „Rallylegend“: Luis Moya, der als Beifahrer von auto, motor und sport-Chefredakteur Bernd Ostmann im Volkswagen Golf GTI Mk. II antrat.

Die Zahl zur Rallye Spanien: 60

Die Rallye Spanien ist die einzige Rallye im Kalender der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), die auf zwei verschiedenen Untergründen ausgetragen wird – sowohl auf Schotter als auch auf Asphalt. Damit geht ein nahezu kompletter Umbau des Polo R WRC einher. Der Zeitplan sieht für die Verwandlung des World Rally Cars von der Schotter- zur Asphalt-Spezifikation eine maximale Servicezeit von 75 Minuten vor.

Volkswagen Motorsport schafft die Transformation jedoch in rund 60 Minuten. Die verbleibenden 15 Minuten würden locker ausreichen, um noch einmal schnell ein Getriebe zu wechseln. So locker, dass im Falle eines Falles obendrein noch der Wechsel einer kompletten Dämpfer / Federeinheit drin wäre. Der Austausch eines kompletten Getriebes ist üblicherweise in zwölf, der eines Federbeins in drei Minuten erledigt.