Mit neun Siegen bei der Rallye Deutschland – acht davon in Folge – ist Sébastien Loeb der mit Abstand erfolgreichste Fahrer der Rallye Deutschland, die an diesem Wochenende (17. bis 20. August) als zehnter Lauf zur Weltmeisterschaft 2017 über die Bühne geht. In dem folgenden Interview mit Red Bull TV spricht der neunmalige Weltmeister über seine Erinnerungen an die Rallye Deutschland und seine Erwartungen für die diesjährige Veranstaltung. Loeb verrät außerdem ein wenig über seine eigenen Pläne für die nächsten Monate.
Wer gewinnt warum in diesem Jahr die Rallye Deutschland?
Sébastien Loeb: „Ehrlich gesagt: Ich habe keine Ahnung. Vielleicht Thierry Neuville? Er scheint im Moment am besten in Form zu sein, sieht man einmal von seinem mittelmäßigen Ergebnis bei der Rallye Finnland ab. Vielleicht Sébastien Ogier? Ihn muss man bei der Rallye Deutschland immer auf der Rechnung haben. Ich denke, einer von diesen beiden wird gewinnen. Angesichts der Tatsache, dass momentan beide punktgleich an der Tabellenspitze stehen, werden sie sicher alles geben für den Sieg.“
Was ist der Schlüssel zum Erfolg bei der Rallye Deutschland?
Sébastien Loeb: „Du musst ein Gefühl haben für den wechselnden Grip, die wechselnden Straßenbeläge und den wechselnden Charakter des Streckenverlaufs. Das alles ändert sich dauernd und ziemlich schnell. Das musst du als Fahrer vorhersehen können, das ist der Schlüssel zum Erfolg. Die größte Herausforderung ist, überhaupt auf der Straße zu bleiben. Besonders wenn es regnet, ist das alles andere als einfach.“
Du hast gerade für Citroën getestet, zweieinhalb Jahre nach deiner letzten WM-Rallye. Wie kam es dazu?
Sébastien Loeb: „Citroën hat mir die Möglichkeit gegeben. Weil ich neugierig war, wie sich die 2017er World Rally Cars fahren, konnte ich mir diese Chance nicht entgehen lassen. Natürlich ist ein 2017er Auto ein großer Unterschied zu der WRC-Generation, die ich zuletzt gefahren bin. Ich wollte wissen, wie sich ein aktuelles Auto anfühlt. Ich habe eine lange Verbindung zu Citroën und außerdem eine Menge Erfahrung. Mein Test im Citroën C3 WRC war also ein Vorteil für beide Seiten.“
Wie beurteilst du den Citroën C3 WRC? Wie wird das Auto sich bei der Rallye Deutschland schlagen?
Sébastien Loeb: „Er ist definitiv ein schnelles und konkurrenzfähiges Auto. Aber er ist nicht unter allen Bedingungen einfach zu fahren. Auf trockener Straße ist alles gut. Im Nassen wird’s kompliziert, abhängig auch vom Reifentyp. Er fährt sich ein bisschen wie ein Rennauto: Schnell, aber mit einem ganz schmalen Grenzbereich. Das Fahrverhalten ist deutlich anders als bei den Autos, die ich gewohnt war. Aber ich kann mir noch kein endgültiges Urteil erlauben, dazu muss ich noch mehr testen.“
Wie sieht dein Programm für den Rest der Saison aus?
Sébastien Loeb: „Da sind zunächst einmal die noch ausstehenden vier Rennen der Rallycross-Weltmeisterschaft in Frankreich, Litauen, Deutschland und Südafrika. Als Teil der umfangreichen Vorbereitungen auf die Rallye Dakar 2018 werde ich bei der Marokko-Rallye starten. Dazu kommen ein paar Testfahrten mit Rallyeautos. Ich bin also ziemlich beschäftigt, besonders im September und Oktober.“
Würde dich die Rückkehr in die Rallye-Weltmeisterschaft reizen?
Sébastien Loeb: „Das würde ich nicht komplett ausschließen. Aber darüber haben wir noch nicht gesprochen. Mit Sicherheit würde ich keine ganze Weltmeisterschaft mehr fahren wollen, sondern nur ein paar Läufe zum Spaß. So habe ich das ja auch schon zum Beispiel in der Französischen Meisterschaft getan.“
Was ist deine schönste Erinnerung an die Rallye Deutschland?
Sébastien Loeb: „Natürlich 2002, als ich hier meinen allerersten WM-Sieg gefeiert habe. Den ersten Sieg vergisst man nie. Aber auch aus der Zeit danach habe ich glücklicherweise eine Menge schöne Erinnerungen an die Rallye Deutschland. Die Rallye ist nicht weit von meiner Heimat im Elsass entfernt. Deswegen waren stets viele Familienmitglieder und Freunde hier. Es sind also eine Menge schöner Erinnerungen. Aber wenn ich mich für ein Jahr entscheiden muss, dann definitiv 2002.“
Verrate uns etwas über die Rallye Deutschland, was vielleicht nicht jeder weiß
Sébastien Loeb: „Wie schnell und dramatisch sich die Streckenverhältnisse ändern können, besonders wenn es regnet und ganz besonders auf dem Truppenübungsplatz Baumholder. Die Wertungsprüfungen dort finden am Samstag statt. Das sollten sich die Fans nicht entgehen lassen.“
Was war dein persönliches Erfolgsgeheimnis bei der Rallye Deutschland?
Sébastien Loeb: „Es gibt kein besonderes Geheimnis. Bei der Rallye Deutschland ist es ähnlich wie bei der Rallye Monte Carlo – man braucht ein Gefühl für die ständigen Wechsel von Grip und Rhythmus. Offensichtlich gehört es zu meinen Eigenschaften, mit diesen Verhältnissen besonders gut zurecht zu kommen. Wohl deswegen habe ich speziell bei den Rallyes Monte Carlo und Deutschland, wo die Bedingen komplett unvorhersehbar sind, immer gut abgeschnitten.
Was hat dich an der Rallye-WM 2017 bis heute am meisten überrascht?
Sébastien Loeb: „Da gibt es eine Menge Dinge. Vielleicht sind die neuen Autos dafür verantwortlich. Die Kräfteverhältnisse unter den Teams haben sich stark geändert. Es sieht so aus, als hätten einige der etablierten Teams Probleme, während die Neulinge im Aufwind sind. Ich denke, Toyota ist eine große Überraschung. Bis zu einem gewissen Grad auch Hyundai, die offenbar ein sehr gutes Auto auf die Räder gestellt haben.“
Welche Zuschauerpunkte empfiehlst du den Besuchern der Rallye Deutschland?
Sébastien Loeb: „Ich persönlich mag die Prüfungen in den Weinbergen an der Mosel, die am Freitag gefahren werden. Die sind wirklich einzigartig.“