Škoda Favorit: Eine Modellbezeichnung wird zum Synonym für Erfolg im Motorsport
Ende der 1980er-Jahre stand Škoda Auto vor einem tiefgreifenden Wandel. Das Modell, das die politische und wirtschaftliche Transformation sichtbar verkörperte, war der Škoda Favorit. Mit ihm vollzog der Hersteller einen Paradigmenwechsel, verabschiedete sich von der langen Ära der Modelle mit Heckmotor und Heckantrieb und stellte ein modernes Fahrzeug mit Frontmotor und Vorderradantrieb, viel Platz, praktischer Schrägheckkarosserie und zeitgemäßem Design vor. Zeitgleich mit dem Beginn der Serienfertigung startete 1988 die Entwicklung einer Motorsportversion, die am 1. Januar 1989 die offizielle Homologation des Automobil-Weltverbands FIA erhielt. Noch im selben Monat gab der Škoda Favorit 136 L bei der Walachei Winter-Rallye in Rumänien sein Wettbewerbsdebüt, pilotiert von den Duos Ladislav Křeček/Bořivoj Motl und Pavel Sibera/Petr Gross.Dann betrat der flinke Fronttriebler die internationale Bühne: Bei der ‚Hankiralli' in Finnland, einem Lauf zur umkämpften Landesmeisterschaft, eroberte die einheimische Crew Kalevi Aho/Timo Hakala mit dem Škoda Favorit den Klassensieg. Doch welche große Bedeutung der Favorit sowohl für die Motorsportabteilung in Mladá Boleslav als auch für den weltweiten Rallye-Sport erlangen würde, ahnten damals wohl die Wenigsten.
Rallye Monte Carlo 1994: Zum vierten Mal in Folge gewinnt der Favorit die Klasse bis 1.300 ccm
Ab 1990 startete der Favorit bei ausgewählten Rallyes in der Weltmeisterschaft, der Europameisterschaft und der tschechoslowakischen Rallye-Meisterschaft. 1994 absolvierte das Werksteam erstmals sämtliche WM-Läufe. Stetige technische Weiterentwicklung und die Einsatzfreude der erfahrenden Piloten mündeten 1994 im bis dahin größten Erfolg: Bei der 62. Ausgabe der traditionell als Saisonauftakt im Januar ausgetragenen 62. Rallye Monte Carlo gewannen Pavel Sibera/Petr Gross die Klasse bis 1.300 ccm – und das bereits zum vierten Mal in Folge! Auf Rang zwei folgte mit Vladimír Berger/Pavel Štanec eine weitere Favorit-Besatzung, während die Drittplatzierten mehr als eine halbe Stunde auf den siegreichen Škoda einbüßten. Trotz der im Vergleich zur Konkurrenz bescheidenen Motorleistung kam Pavel Sibera im Gesamtklassement sogar auf Rang 20. Einer der Gründe: Laut den Fahrern reagierte der Favorit so agil wie ein Gokart – und wie diese wies er die Tendenz auf, in Kehren mit den kurveninneren Rädern abzuheben, statt zeitraubend über alle Viere zu driften.
Sieg im FIA F2-Weltcup krönt die herausragende Saison 1994
Dem Sieg beim Saisonauftakt ließ Škoda Motorsport bei der anspruchsvollen Rallye Portugal Anfang März direkt einen weiteren folgen. Erneut dominierten die tschechischen Crews mit dem Favorit das Geschehen in ihrer Klasse. Sibera/Gross siegten vor den Teamkollegen Emil Triner/Jiří Klíma. Weil Pavel Sibera dabei sensationell auf den zehnten Gesamtrang fuhr, eroberte Škoda erstmals WM-Punkte in der Herstellerwertung.Bei der Akropolis-Rallye Griechenland im Mai schafften es gar beide Werkswagen in die Top Ten des Gesamtklassements – ein historisches Ereignis für die Marke Škoda in der Rallye-WM. Zumal es sich bei den acht Fahrzeugen auf den Plätzen davor um reinrassige Rallye-Versionen der führenden Werksteams mit Turbomotoren und Allradantrieb handelte.
Auch bei der 1000-Seen-Rallye Finnland gewann der Škoda Favorit seine Klasse. Da Škoda Motorsport nun die Möglichkeit witterte, den FIA Formel 2-Weltcup zu gewinnen, startete das Werksteam erstmal auch in Australien – in jenem Jahr kein Teil der Rallye-Weltmeisterschaft, wohl aber ein Wertungslauf des F2-Weltcups. Pavel Sibera gewann in ‚Down Under' für das tschechische Werksteam sowohl die Klasse bis 1.300 ccm als auch die F2-Kategorie. Bei der WM-Rallye Sanremo und dem F2-Weltcup-Lauf in Spanien steuerte Emil Triner weitere Punkte bei. Zum Saisonfinale 1994 bei der 50. Auflage der berühmten RAC Rally in Großbritannien trat Škoda Motorsport mit einem klaren Ziel an: die Tabellenführung in der FIA-Kategorie F2 verteidigen. Das Team gewann nicht nur einmal mehr die Klasse A5 für Fahrzeuge mit Frontantrieb und Saugmotoren bis 1.300 ccm, sondern belegte in der Zweiliterklasse die Endpositionen sechs und sieben. Durch diese bemerkenswerten Erfolge sicherte sich Škoda den Herstellertitel im FIA 2-Liter-Weltcup. Es war der erste globale Titel für den tschechischen Hersteller und der zweite Gewinn einer FIA-Meisterschaft nach dem Erfolg in der Markenwertung der Tourenwagen-Europameisterschaft 1981 mit den damals noch aktuellen Hecktrieblern Škoda 130 RS.