Der Kampf um die Startreihenfolge für das 6-Stunden-Rennen der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft fand in Imola bei sonnigen Bedingungen und Temperaturen von knapp über 20 Grad Celsius statt. Weltmeister Estre im Porsche 963 mit der Startnummer 6 schaffte im ersten Abschnitt der zweigeteilten Zeitenjagd die achtschnellste Zeit. Damit gelang ihm der Sprung in die abschließende Hyperpole der besten Zehn. Die zehnminütige Session beendete der Franzose auf Rang zehn. Im Rennen teilt sich Estre den 503 kW (684 PS) starken Hybridprototypen mit dem Belgier Laurens Vanthoor und Matt Campbell aus Australien.
Teamkollege Andlauer hatte mit dem Nummer-5-Schwesterauto im hart umkämpften Qualifying Pech: Der Franzose verpasste den Einzug in die Hyperpole um 0,068 Sekunden. Gemeinsam mit seinem Landsmann Mathieu Jaminet und Michael Christensen aus Dänemark startet der 25-Jährige von Rang zwölf in das zweite Saisonrennen der FIA WEC.
„Mit nur einem Rennwagen die Top 10 erreicht zu haben, ist für uns nicht gerade ein Wunschresultat“, fasst Urs Kuratle zusammen. Der Leiter Werksmotorsport LMDh fügt hinzu: „In der Hyperpole hatte Kévin Estre auf seiner schnellsten Runde dann einen kleinen Rutscher in der ersten Kurve. So etwas kann passieren. Wir starten somit von den Positionen zehn und zwölf. In einem Rennen über sechs Stunden ist noch vieles möglich. Unser Team funktioniert hervorragend. Wir wollen am Sonntag nach vorn kommen.“
„Kévin Estre und Julien Andlauer haben einen guten Job gemacht und jeweils das Maximum aus unseren derzeitigen Möglichkeiten herausgeholt“, bilanziert Jonathan Diuguid, Leitender Direktor Porsche Penske Motorsport. „Wir sind im Moment im Vergleich zur Konkurrenz etwas zu langsam. Da liegen einige Hausaufgaben auf unserem Tisch. Wir müssen nun am Renntag eine blitzsaubere Leistung abliefern, um nach vorn zu kommen – wir möchten hier maximal viele WM-Punkte mitnehmen.“
Das Kundenteam Proton Competition nimmt den sechsstündigen Wettbewerb am Ostersonntag von Platz 14 in Angriff. Im Qualifying steuerte Nico Varrone den Porsche 963 mit der Startnummer 99. Im Rennen teilt sich der Argentinier die Arbeit mit dem Schweizer Neel Jani und Nico Pino aus Chile.
LMGT3-Klasse: Bester Porsche 911 GT3 R auf Startplatz sieben
In der LMGT3-Klasse hat das Team Manthey 1st Phorm eine solide Vorstellung abgeliefert. Der Amerikaner Ryan Hardwick erreichte in der Qualifikation den achten Platz und brachte die Startnummer 92 somit in die Hyperpole-Session. Für das abschließende Shootout übernahm Lokalmatador Riccardo Pera den bis zu 416 kW (565 PS) starken Porsche 911 GT3 R. Der Italiener fuhr in der Hyperpole die siebtschnellste Rundenzeit. Der baugleiche Neunelfer von Iron Dames startet von Rang 14. Die Französin Célia Martin verpasste am Steuer der Startnummer 85 den Sprung in die Top 10 lediglich um 0,137 Sekunden.
Der zweite Saisonlauf der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC beginnt am Sonntag, 20. April um 13:00 Uhr Ortszeit (MESZ) und führt über eine Dauer von sechs Stunden.
Der 1952 eröffnete Grand-Prix-Kurs in Imola gilt als Rennstrecke alter Schule: Geringe Auslaufzonen, tiefe Kiesbetten und hohe Randsteine verzeihen kaum Fehler. Vor allem die sogenannten „Kerbs“ stellen Fahrer wie Ingenieure vor große Herausforderungen. Die bewährte Motorsport-Herangehensweise „der kürzeste Weg ist der schnellste“ gilt hier nur bedingt: Neben den Belastungen auf Reifen und Aufhängungskomponenten dient das vom Reglement vorgegebene Leistungsmaximum als limitierender Faktor.
„Sobald die angetriebene Hinterachse beim Überfahren eines Randsteins abhebt, drehen die Räder frei weiter. Das ist unkritisch. Schwierig wird es in dem Moment, wenn die Räder wieder Kontakt zur Fahrbahn bekommen“, erklärt Stefan Moser, Technischer Leiter LMDh. „Die Reifen haben plötzlich Haftung, was zu Drehmomentspitzen und Schwingungen im Antriebsstrang führt. Dies erzeugt hohe Ausschläge, gemessen am obligatorischen Drehmomentsensor an den Antriebswellen.“ Das Regelwerk limitiert die maximale Leistungsabgabe der Hypercar- und LMGT3-Fahrzeuge. Diese Werte, gemessen an der Antriebsachse, werden im Betrieb live überwacht. Beim Überschreiten des vorgeschriebenen Limits drohen Strafen.
„Wir müssen per elektronischer Steuerung dafür sorgen, dass das Drehmoment an den Antriebswellen jederzeit im legalen Rahmen bleibt“, schildert Moser. Eine knifflige Aufgabe, zumal die Regelhüter auch das Differenzial überwachen. Nur sehr selten setzen beide Hinterräder nach einem Sprung über einen Randstein zeitgleich wieder auf. Die Folge: Ein Rad bekommt früher wieder Grip als das andere. Die Leistungsspitzen treten somit einseitig auf. „Dies macht die Herausforderung aus technischer Sicht noch einmal größer. Wir lernen diesbezüglich immer weiter hinzu“, so der Ingenieur von Porsche Motorsport.
Julien Andlauer (Porsche 963 #5): „Viele Autos liegen in einem engen Zeitkorridor zusammen. Eine Zehntelsekunde kann schon fünf Positionen oder sogar mehr ausmachen. In einem so engen Kampf stellt sich immer die Frage, wie sehr du ans Limit gehst, ohne die Streckenbegrenzungen zu überfahren. Nach meinem ersten Versuch wollte ich noch einmal etwas mehr pushen. Doch zu diesem Zeitpunkt bauten die Hinterreifen bereits etwas ab, zudem bin ich auf andere Fahrzeuge aufgelaufen. Wir werden von Startplatz zwölf alles geben, um viele Positionen wettzumachen.“
Kévin Estre (Porsche 963 #6): „Wir haben es in die Hyperpole geschafft. Das war immerhin schon etwas besser als am ersten WEC-Rennwochenende in Katar. Dennoch: Im Vergleich zu anderen fehlt uns Performance. Das ist enttäuschend. Platz zehn bietet uns keine ideale Ausgangsposition. Wir müssen ein fehlerfreies Rennen abliefern, alle sich bietenden Chancen nutzen und möglichst viele WM-Punkte einfahren.“
Nico Varrone (Porsche 963 #99): „Wir haben keine Testfahrten hier in Imola absolviert. Daher mussten wir die Freien Trainings nutzen, um in Bezug auf das Setup auf den richtigen Weg zu kommen. Das haben wir trotz einiger Rückschläge geschafft. Das Qualifying lief recht gut: Wir liegen nicht weit entfernt von den Werksautos von Porsche Penske Motorsport. Wir wollen morgen Punkte holen.“
Célia Martin (Porsche 911 GT3 R #85): „Ich bin nicht ganz zufrieden, aber auch nicht total unzufrieden. Die Autos unserer Klasse lagen allesamt sehr eng beieinander. Ich hätte vielleicht etwas früher noch näher ans Limit gehen müssen. Leider ist das Überholen auf dieser engen Strecke sehr schwierig. Ich sehe es aber als positiv an, dass ich als Neuling mittendrin bin. Nun schauen wir mal auf das Rennen. Am Sonntag kann es deutlich besser laufen.“
Riccardo Pera (Porsche 911 GT3 R #92): „Das Qualifying war okay, unser Porsche 911 GT3 R fühlte sich sehr gut an. Ich habe alles gegeben. Viel mehr lag nicht in Reichweite. Platz sieben ist deutlich besser als zuletzt in Katar. Ich wünsche mir ein Rennen ohne große Dramen. Dann schauen wir mal, was nach sechs Stunden dabei herauskommt. Ich bin guter Dinge.“
Ergebnisse Qualifying
Hypercar-Klasse:1. Pier Guidi/Calado/Giovinazzi (ITA/GBR/ITA), Ferrari #51, 1:28,920 Minuten
2. Kubica/Ye/Hanson (POL/CHN/GBR), Ferrari #83, 1:29,678 Minuten
3. D. Vanthoor/Marciello/Magnussen (BEL/ITA/DNK), BMW #15, 1:29,885 Minuten
LMGT3-Klasse:
1. Al Harthy/Rossi/van der Linde (OMA/ITA/RSA), BMW #46, 1:42,355 Minuten
2. Umbrarescu/Schmid/Lopez (ROM/AUT/ARG), Lexus #87, 1:42,661 Minuten
3. James/Robichon/Drudi (USA/CDN/ITA), Aston Martin #27, 1:42,703 Minuten