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Formel 1
04.04.2011

Caubet: „Gross genug, um die Technologie zu beherrschen“

2011 schärft Renault das sportliche Profil der Marke als Motorenpartner von gleich drei Formel 1-Teams. Der erfolgreiche Auftakt in Melbourne – Sieg für Red Bull-Renault, Rang drei für Lotus Renault GP – bestätigt diese Strategie. Jean-François Caubet, Geschäftsführer von Renault Sport F1 am traditionsreichen Standort Viry-Châtillon, erklärt die Vorteile dieser Konstruktion – auch im Hinblick auf die neue Motorengeneration 2013.

Ende 2010 wurde Renault Sport F1 als neue Technologie-Division gegründet. Wie bewerten Sie dieses neue Kapitel in der langen Formel 1-Historie von Renault?
Ich halte das für den richtigen Weg. Es ist immer aufregend, an einem ehrgeizigen und zugleich soliden Projekt teilzunehmen. Ehrgeizig, weil es eine außergewöhnliche Herausforderung bedeutet, einen großen Automobilhersteller zu vertreten, der Siege erwartet. Solide, weil wir einen klaren Plan haben und die Formel 1 Bestandteil einer umfassenden Strategie ist – das halte ich für außergewöhnlich. Wir gehen in enger Abstimmung mit unserem Mutterkonzern vor. Was wir schon immer gesagt haben, gilt seit der Gründung von Renault Sport F1 umso mehr: Die Formel 1 ist sowohl in puncto Return on Investment als auch durch ihre Öffentlichkeitswirkung eine exzellente Plattform. Allerdings ist die Wirkung des Engagements stets an die sportlichen Höhen und Tiefen gekoppelt, während die Kosten immer etwa gleich hoch bleiben. Das hielten wir für keine ideale Situation. Wir haben deshalb unsere Strategie gründlich überprüft. Unsere jetzige Aufstellung steht komplett im Einklang mit unserer Muttergesellschaft Renault – sowohl kurzfristig für 2011 und 2012, aber auch mittelfristig ab 2013. Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Tatsache, dass wir eine ziemlich exklusive Position in der Formel 1 einnehmen. Renault Sport F1 ist der einzige unabhängige Motorenpartner, d.h. wir beliefern nicht gleichzeitig ein Werksteam und Kundenteams. Dadurch können wir eine noch engere Beziehung zu allen unseren Partnerteams pflegen.

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In dieser Saison fahren gleich drei Teams mit Motoren von RSF1. Wie wichtig ist diese breite Basis für Sie?
Der Wettbewerb zwischen unseren Partnerteams kann uns nur weiterbringen. Unsere Motorenwerkstatt in Viry wusste oft nicht exakt, wo wir mit unserem Triebwerk standen. Mit drei Teams lässt sich der Einfluss der Motoren viel besser einschätzen – und wir erhalten mehr Input. Während der Wintertests haben wir permanent Feedback bekommen von unseren drei in die Teams eingebetteten Ingenieuren und von Rémi Taffin, der das Programm koordiniert. Ich habe gesehen, wie neugierig sie die Rundenzeiten verglichen haben und konnte erkennen: Wir haben zu unserem Kampfgeist zurückgefunden und sind wieder stolz auf unsere Ergebnisse. Wir sind stolz auf Red Bull, weil sie die amtierenden Champions sind. Wir sind stolz auf Team Lotus, weil sie sich in der Königsklasse etabliert haben. Und natürlich sind wir sehr stolz auf unser früheres Werksteam Lotus Renault GP, mit dem wir immer noch eng verbunden sind. Wir haben vor der Gründung von Renault Sport F1 intern viel darüber gesprochen, dass es in der Formel 1 nun mal Höhen und Tiefen gibt. Bei diesen Gesprächen stellte sich wieder einmal heraus, dass die Renault Gruppe sich nach wie vor sehr mit der Formel 1 identifiziert.

Sprechen wir über die Zukunft: Ab 2013 soll mit kleinvolumigen Vierzylinder-Turbos gefahren werden. Welche Rolle spielte RSF1 bei dieser Entscheidung?
Wir haben intensiv mit den Ingenieurs-Teams gesprochen, die FIA-Präsident Jean Todt zusammengestellt hatte – eine außergewöhnliche technische Herausforderung. Außerdem arbeiten wir natürlich eng mit den Entwicklungsabteilungen bei Renault, denn Downsizing, Turboaufladung und Elektromotoren gehören zur Philosophie und auch zur Zukunftsstrategie von Renault. Überdies ist unser Allianz-Partner Nissan neben Toyota einer der Hybrid-Pioniere. Ich glaube, die aktuellen Motorenhersteller, für die umweltfreundliche Antriebe in ihren Serienautos eine große Rolle spielen, lagen recht schnell auf einer Linie. Die Grand Prix-Teams dagegen hatten kein großes Interesse an der Thematik – sie waren anscheinend überrascht davon, wie schnell sich die Hersteller einigten.

Für die Motorenhersteller geht es auch darum, wie sie ihre Kapazitäten für 2011 bis 2013 und danach aufteilen …
Da sehe ich Vorteile für Viry-Châtillon: Wir führen schnelle, ergebnisorientierte Diskussionen und entscheiden zügig. Genau wie die Motorenabteilungen in der Vergangenheit wird RSF1 seine Stärken ausspielen, wenn es größere technische Änderungen gibt – das galt für den Umstieg von V10- auf V8-Triebwerke und zuvor schon in der Turbo-Ära. Ich glaube, auch für den Wechsel auf die kleinen Motoren ab 2013 sind wir gut vorbereitet. Wir sind groß genug, um die Technologie zu beherrschen, und zugleich klein und eigenständig genug, um schnell zu reagieren. Ich bin immer wieder überrascht, wenn ich uns mit Ferrari oder Mercedes vergleiche. Auf Motorenseite arbeiten wir mit einer etwa gleich großen Mannschaft und einem vergleichbaren Budget wie Ferrari. Aber Ferrari muss sich parallel auch um die Entwicklung des Chassis kümmern, und deshalb haben sie schon mehrfach einen Großteil ihrer Ressourcen in die Aerodynamik-Abteilung umgeleitet. Mercedes steht vor demselben Dilemma. Auf operativer Seite beschäftigt Mercedes rund 380 Leute, wir etwa 250 – eine schlankere Struktur erlaubt dir, schneller zu reagieren.