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Le Mans Series
27.10.2016

Andreas Wirth wieder auf dem Podium

Langweilig war irgendwo anders: Beim Saisonabschluss der European Le Mans Series in Estoril (PT) fuhr Andreas Wirth zusammen mit seinen Teamkollegen Vitaly Petrov und Stefano Coletti erneut auf einen Podestplatz. Die SMP-Mannschaft mit dem LMP2 BR-Nissan-Protoypen belegte nach einem spannenden und teilweise sehr dramatischen Vierstundenrennen Rang drei. Die gleiche Position nimmt der im badischen Wagäusel wohnende Wirth in seiner ersten und sehr erfolgreichen Protoypensaison jetzt auch im ELMS-Endklassement ein.

Mit minimalen rechnerischen Hoffnungen auf die Meisterschaft war Andreas Wirth mit seinem SMP-Team zum ELMS-Finale ins Autodromo do Estoril gereist. Vor den Toren der portugiesischen Hauptstadt Lissabon agierte die Truppe auf der ehemaligen Grand Prix-Strecke nach der Maxime alles in eigener Macht stehende zu tun, um bei Straucheln der Konkurrenz vielleicht doch noch den Titel einfahren zu können.

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Da die Meisterschaftsentscheidung erst jetzt beim Finale fallen würde, erwartete die Endurance-Szene ein richtig aufregendes Rennen. Indes, dass sich das Renngeschehen über die gesamte Vier-Stunden-Renndistanz sich zu einem richtigen Thriller entwickeln würde hatte im Vorfeld des Rennens niemand erwartet.

Entschlossen die kleinen Meisterschaftschancen beim Saisonfinale zu wahren, hatte die SMP-Mannschaft im Vorfeld des Rennens in Estoril Testfahrten absolviert. Mit dem von einem Nissan-Motor angetriebenen LMP2 BR-Prototypen kam die Fahrercrew mit Vitaly Petrov (RU), Stefano Coletti (MC) und dem Nordbadener Andreas Wirth nicht wirklich auf Tempo. Im offiziellen Freien Training am Freitag schien man endlich mit der Abstimmung mit dem LMP2-Coupè auf dem Weg zu ganz schnellen Zeiten zu sein, als die immer wieder durch Zwischenfälle unterbrochene Session schließlich mit der roten Flagge abgebrochen wurde. Wirth, der am Freitag wenig zum Fahren gekommen war, fuhr im nebligen und unter unerwartet kalten Temperaturen abgehaltenen Freien Samstagtraining einen Haupteil des Abstimmungsprogramms. Der Ex-Champcarfahrer konnte ob der Kälte mit den Dunlopreifen nicht genügend Grip aufbauen und rutschte deshalb auch einmal von der Strecke. Im weiteren Verlauf des Trainings bereitete die Lichtmaschine einige Probleme, was wertvolle Zeit in der Boxengarge kostete. Trotz der Widrigkeiten gelang es dem ehemaligen F1-Piloten Petrov den SMP-Rennwagen mit der Startnummer 32 für den fünften Startplatz im Rennen zu qualifizieren.

Als sich die Anspannung vor dem Start aufbaute, wurde diese noch erhöht, als dunkle Wolken und plötzlich einsetzender leichter Nieselregen die Rennleitung bewog das Rennen zu einem „Wet-Race“ zu erklären. So war die Möglichkeit gegeben zu Rennbeginn noch auf Regenreifen zu wechseln, als die Rennstrecke allerdings schon wieder vollständig abzutrocknen begann.

Als Startfahrer war Petrov bestimmt worden, der das Rennen zunächst konservativ anging um potentiellen Gefahren aus dem Weg zu gehen. Das hielt den Russen aber nicht ab schließlich sich auf einige Gefechte mit den in der Meisterschaft führenden Autos zu liefern um auf der mit einem engen Layout versehen 4,1 Kilometer langen Strecke in Spitzenpositionen hineinzufahren. Beim vorgesehenen Boxenstopp lag der blau-weiß-rote Rennwagen an fünfter Stelle, als Wirth das Steuer übernahm.

Wirth sollte gleich zwei Stints fahren. Unverzüglich fand der 31-Jährige einen schnellen Rhythmus und fuhr Rundzeiten auf Augenhöhe der Rennführenden. Schon einen riesigen Vorsprung hatte der G-Drive-Spyder zu diesem Zeitpunkt herausgefahren. Damit war die Meisterschaft quasi für G-Drive entschieden, da das Thiriet By Tds-Team lange an der Box verbrachte und nur ein Ausfall des führenden Autos noch das SMP-Team noch Chancen auf die Meisterschaft ermöglicht hätte.

Die so nun entstandene Situation hielt Wirth indes nicht davon ab mit konstanten eigenen Bestzeiten weiter eine Topplatzierung anzuvisieren. Immer wieder galt es für ihn im engen Überrundungsverkehr mit den LMP3-Protoypen und GT3-Sportwagen einen kühlen Kopf zu bewahren und keine Kollisionen zu riskieren. Das war manchmal ziemlich frustrierend, aber er durfte sich im Renngetümmel eben keine Fehler leisten, um womöglich alles zu verlieren. Wirth gelang es sich aus größerem Tohuwabohu herauszuhalten, die auch zu einer längeren Safteycar-Phase geführt hatten. Nach prächtigen Auseinandersetzungen mit dem Krohn-Protoypen und weiteren schönen Überholmanövern war er schließlich auf die zweite Position vorgestoßen, aus welcher er das Auto an Stefan Coletti übergab. Zum vor ihm liegenden G-Drive war der Abstand für den ehemaligen GP2-Frontrunner zu groß, indes hinter ihm hatten sich nach dem Stopp weitere Autos schon knapp herangefahren. Die Krohn Racing-Mannschaft befand sich in einem richtig gehenden Lauf und wollte partout sich nicht mit Rang drei begnügen. In einem packenden Duell kam es in den engen Biegungen zwischen den beiden Autos zu leichten Berührungen, worauf Coletti kurzfristig den zweiten Platz verlor. Nach dem Boxenstop lag Coletti wieder vor dem hartnäckigen Verfolger, der schließlich nach leichtem Kontakt in das Heck des BR und einem anschließenden Dreher sich selbst aus dem brisanten Duell verabschiedete. In der haarsträubenden Situation konnte Coletti gerade noch einen Abflug vermeiden, derweil schon der Dragon-Speed-Prototyp an die zweite Stelle vorgefahren war. Coletti durfte in den letzten Rennminuten dann durchatmen, der in den packenden Szenen erreichte dritte Platz war dann gefühlt so wertvoll wie ein Sieg.

Bei den sechs Rennen in einer ersten European Le Mans Series-Saison konnte Andreas Wirth zusammen mit Stefano Coletti gleich drei Mal aufs Podest fahren. Mit den Stammfahrern war zwei Mal Julian Leal (Kolumbien) und beim letzten Rennen Vitaly Petrov aufs Podest geklettert. Gegen viele Widrigkeiten waren die Neueinsteiger in der hochkarätigen Sportwagenmeisterschaft im Feld von etablierten Enduranceroutiniers und Werksfahrern eine tolle Saison gefahren.

Für das Abschlussrennen und die Debutsaison zog Andreas Wirth folgendes Fazit: „Es ist einfach großartig die Saison mit einem weiteren Podium zu beenden – was für ein tolles Jahr. Natürlich hätte es uns gefallen hier in Estoril zum Abschluss zu gewinnen. Auch wenn es nicht für die Meisterschaft gereicht hat können wir mit dem dritten Platz wirklich mehr als zufrieden sein. Das war wirklich nicht einfach. Auf den Punkt gebracht: Das ganze Jahr über haben wir uns gegen starke Konkurrenz prächtige Auseinandersetzungen in der hochkarätigen Rennserie geliefert. Ich denke wir können ziemlich stolz darauf sein, was wir in der ELMS erreicht haben. Ein dritter Platz im ersten Meisterschaftsjahr ist wirklich gut. Ich selbst habe viel gelernt. Mit Stefano (Coletti), Julian (Leal) und Vitaly (Petrov) zusammen Rennsport zu betreiben hat einfach viel Spaß gemacht. Wir haben alle verschiedende Karrierewege bestritten und es gab immer wieder Gelegenheiten von einander zu lernen. Auch ein Dankeschön an jeden von ihnen die geholfen haben ein so geniales Jahr zu ermöglichen. SMP-Racing war für mich eine tolle Möglichkeit für ein wirklich gutes Team an den Start zu gehen. Eine großartige und sehr professionelle Mannschaft, für das es eine große Ehre war die Rennen bestreiten zu können. Ich kann Ihnen nicht genug danken, was mir da für eine große Chance gegeben wurde. Ich muss jedem in unserem Team große Anerkennung zollen. Alle zusammen haben diese tolle Rennwochenenden ermöglicht und dafür war viele harte Arbeit notwendig gewesen. Im speziellen wertschätze ich die Arbeit und Entschlossenheit der Mechaniker und Ingenieure, die alle einen außergewöhnlichen Job über das Jahr hinweg gemacht haben. Die ganze Saison haben sie uns ein sehr gutes Auto vorbereitet und die richtigen Strategien erarbeitet, damit wir um Podiumsplätze fahren konnten. Ein großes Danke schön gilt auch meinen Sponsoren, deren Unterstützung und Enthusiasmus wirklich sehr wertvoll und bewundernswert sind. Auch meiner Familie, meinen Freunden und natürlich meiner Frau kann ich für ihre Unterstützung nicht genügend danken, welches sie über Jahre hinweg mir gegenüber durch alle Höhen und Tiefen hinweg aufzeigten. Nicht zuletzt auch ein Dankeschön an die Fans. Deren Unterstützung sind für uns Rennfahrer sehr wichtig und kann nicht hoch genug gewürdigt werden. Ich hoffe sie haben eine genauso aufregende Saison wie ich gehabt und drücken mir auch in der kommenden Saison wieder die Daumen.“