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Rallye WM
27.07.2016

VW-Piloten wollen bei Rallye Finnland siegen

Die tausend Sprünge im Land der tausend Seen – Volkswagen möchte mit seinen drei Sieger-Duos bei der Rallye Finnland erneut durchstarten. Vom 28. bis 31. Juli steht in der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) die schnellste Rallye der Saison auf dem Programm und damit nach dem Lauf in Polen die zweite ausgesprochene Tempo-Rallye in Folge.

Und jedes der drei Wolfsburger Werksduos – Sébastien Ogier/Julien Ingrassia (FR/FR), Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FI/FI) und Andreas Mikkelsen/Anders Jæger (NO/NO) – hat wenigstens eine dieser Hochgeschwindigkeits-Rallyes in den vergangenen drei Jahren für sich entschieden.

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Der Polo R WRC ist hier sogar ungeschlagen. Zuletzt trugen Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila zweimal einen Sieg bei ihrem Heimspiel in Finnland zu dieser eindrucksvollen Bilanz bei, 2016 soll der dritte Triumph folgen. Dazu sind 24 Wertungsprüfungen auf festem, beinahe Asphalt-artigem Schotter und 333,60 Kilometer gegen die Uhr im Vollgas-Stil zu bewältigen.

„Über 70 Sprünge, mehr als 30 Sekunden in der Luft – das sind Werte von nur einer einzigen Prüfung bei der Rallye Finnland, der berühmt-berüchtigten ‚Ouninpohja‘“, so Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito. „Entsprechend präzise und klug müssen die Fahrer und Beifahrer bei dieser einzigartigen Herausforderung agieren. Bei kaum einer anderen Rallye spielt der Fahrer eine so große Rolle wie in Finnland. Wir gehen in die zweite Saisonhälfte mit der Zuversicht, dass alle unsere drei Volkswagen Duos in diesem Jahr schon mindestens eine Rallye gewonnen haben – und damit in Top-Form sind. Aber wir ziehen nicht nur daraus einen Extraschuss Motivation, sondern auch aus der Tatsache, dass der Polo R WRC bei den Tempo-Rallyes wie zuletzt in Polen und jetzt in Finnland noch ungeschlagen ist.“

Drift, Sprung, Vollgas … immer wieder – das Besondere der Rallye Finnland

2015 ging die Rallye Finnland als die temporeichste WM-Rallye aller Zeiten in die Geschichtsbücher des Sports ein. 125,44 km/h im Durchschnitt – so schnell wie seinerzeit Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila war zuvor kein Fahrer/Beifahrer-Gespann. Auch nicht auf der abschließenden Powerstage, die mit 135,25 km/h im Durchschnitt ebenfalls als Rekord in die Geschichte einging – die Bestzeit ging damals an Sébastien Ogier und Julien Ingrassia. Das hohe Tempo, das der Rallye Finnland die Bezeichnung „Formel 1 im Wald“ einbrachte, erfordert einen maximal-präzisen Fahrstil. Doch in einer Sache ist die Bezeichnung irreführend: Werden im Formel-Sport normalerweise Driftwinkel oberhalb von vier Grad nie erreicht, sind im Rallye-Sport zwischen zehn und 15 Grad fahrerischer Alltag. Vor jeder Sprungkuppe sollte also ein World Rally Car tunlichst präzise ausgerichtet werden. Sind alle vier Räder in der Luft, sind Fahrer und Beifahrer für Sekundenbruchteile nur Passagiere. Zur Anschauung: 2013 hoben die World Rally Cars auf der berühmt-berüchtigten ‚Ouninpohja'-Prüfung über 70 Mal ab, die „air time“ summierte sich seinerzeit auf über eine halbe Minute. Gefragt ist also Millimeterarbeit bei rund 200 km/h.

Der Latvala-Effekt – zwei Siege in Folge beim Heimspiel, ein weiterer im Sinn

Auf einer Stufe mit Juha Kankkunen könnte Jari-Matti Latvala im Falle eines Sieges beim Heimspiel mit zwei weiteren finnischen Rallye-Helden gleichziehen. Wenn aus drei Finnland-Triumphen vier werden, stünde Latvala mit Hannu Mikkola und Tommi Mäkinen gleichauf in der ewigen Bestenliste der Rallye Finnland. Markku Alén hat sechs, Volkswagen Test- und Entwicklungsfahrer Marcus Grönholm sieben Erfolge auf dem Konto. Seit 2014 ist die Kombination Latvala – Anttila – Volkswagen jene, die es zu schlagen gilt: In den vergangenen beiden Jahren siegte das finnische Duo mit dem Polo R WRC.

Mr. Momentum – Mikkelsen nimmt Schwung des Erfolgs nach Finnland mit

Andreas Mikkelsen und Anders Jæger haben zuletzt bei der Rallye Polen etwas Einzigartiges geleistet – sie sind das einzige Duo, dass es anno 2016 bei einer Schotter-Rallye geschafft hat, von einer der ersten drei Startpositionen zu siegen. Seinen zweiten Rallye-WM-Sieg hatte sich Andreas Mikkelsen gemeinsam mit seinem Beifahrer Anders Jæger mit dem Glück der Tüchtigen redlich erarbeitet. Die Jugendfreunde nehmen daraus einen Schuss Selbstvertrauen und zusätzliche Motivation mit nach Finnland mit. Ziel: hier erstmals in ihrer Karriere auf das Podium zu fahren. Bislang markiert der vierte Platz von 2014 das beste Resultat von Mikkelsen in Finnland.

Tabellenführer, zum 30. Mal in Folge: Ogier startet mit sicherem Vorsprung in zweite Saisonhälfte

Seit März 2014 ununterbrochen vorn und zum 30. Mal in Folge als Tabellenführer zu einer WM-Rallye – Sébastien Ogier und Julien Ingrassia starten als WM-Erste in die zweite Saisonhälfte, mit Andreas Mikkelsen/Anders Jæger folgt das zweitbeste Duo der bisherigen Saison mit 51 Zählern Rückstand. Für einen Sieg werden 25 Punkte vergeben, drei weitere Zähler gibt es für die Schnellsten auf der sogenannten Powerstage. Mit der WM-Führung gehen Privileg und Bürde einher, die Route zu eröffnen. 2016 gilt es angesichts verschärfter Regeln als praktisch unmöglich, eine Schotter-Rallye als Erster auf der Strecke zu gewinnen. Im Fall eines Erfolges wäre es für das Weltmeister-Duo der zweite Sieg nach 2013.

Vollgas nach gewissen Regeln – bei Drehzahl 8.500 ist Schluss

Das Reglement der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) schreibt vor, dass die 1,6-Liter-Turbomotoren in den World Rally Cars die Drehzahl von 8.500 U min–1 nicht überschreiten. Und das wird bei der Rallye Finnland zum mitentscheidenden Faktor. Nur wer diesem Maximalwert bei den langen Vollgasabschnitten möglichst nahekommt, ohne ihn zu überschreiten, holt das Optimum heraus – denn jenseits der Grenze muss die Einspritzung des Motors elektronisch abgeschaltet werden. Knackpunkt: Haben die World Rally Cars bei den zahllosen Sprüngen die Räder in der Luft, steigt die Drehzahl angesichts des fehlenden Widerstands über den magischen Wert und die Einspritzung wird abgeschaltet. Doch vor dem Landen sollte die Wunschdrehzahl wieder anliegen, um keinen Vortrieb und damit Zeit zu verlieren.