Romain Dumas: „Vor diesem Berg habe ich größten Respekt“
Romain Dumas hat den Pikes Peak International Hill Climb bereits dreimal gewonnen. Am 24. Juni geht der Franzose beim berühmtesten Bergrennen der Welt zum ersten Mal für Volkswagen an den Start. Am Steuer des 500 kW (680 PS) starken I.D. R Pikes Peak hat er ein Ziel: Der 40-Jährige peilt einen neuen Rekord für Elektrofahrzeuge an. Dieser steht seit 2016 bei 8:57,118 Minuten, aufgestellt vom Neuseeländer Rhys Millen.
Herr Dumas, Ihr insgesamt fünfter Start beim Pikes Peak International Hill Climb ist nur noch wenige Tage entfernt. Wie sehen die Vorbereitungen in der Rennwoche aus?
Romain Dumas: „Gemeinsam mit dem Team arbeite ich an den letzten kleinen Details, um die Abstimmung zu optimieren, damit wir am Ende ganz vorne sind. Nach dem Trainingsstart am Dienstag steht am Mittwoch das Qualifying an, bei dem die Startreihenfolge für das Rennen am Sonntag bestimmt wird. Dazu kommen dann noch Interviews mit Journalisten und eine Autogrammstunde beim Fanfest am Freitag. Ansonsten freue ich mich aber auch, wenn ich mal eine ruhige Minute habe.“
Sie haben den Pikes Peak International Hill Climb bereits dreimal gewonnen. Warum klappt es in diesem Jahr zum vierten Mal?
„Der I.D. R Pikes Peak und das Team hier bei Volkswagen sind fantastisch. Es ist kein einfaches Projekt, alles ist neu und noch sehr frisch, aber wir haben in den vergangenen Monaten viele Erfahrungen gesammelt und gemeinsam mit den Ingenieuren und Mechanikern sehr gute Vorarbeit geleistet. Ich bin mir sicher, dass sich das am 24. Juni auszahlt.“
Am Pikes Peak fahren Sie einen Supersprint über 19,99 Kilometer, eine Distanz, die nicht einmal anderthalb Runden in Le Mans entspricht. Wie schwer fällt der Umstieg?
„Überhaupt nicht schwer. Die Unterschiede sind sehr groß – ein komplett anderes Auto, eine komplett andere Strecke, komplett andere Herausforderungen. Das alles erfordert eine grundsätzlich andere Denkweise. Le Mans ist wie ein Marathonlauf, Pikes Peak dagegen das 100-Meter-Finale.“
Sie haben gesagt, dass der Pikes Peak International Hill Climb härter ist, als jedes andere Rennen. Können Sie das erläutern?
„Aus Fahrersicht ist es hart, weil man sich nicht den kleinsten Fehler erlauben darf. Und es gibt nur einen einzigen Versuch. Wenn irgendetwas schief geht, ist es vorbei. Bei einem Reifenschaden kann ich nicht an die Box fahren, den Reifen wechseln und dann wieder raus auf die Strecke. Am Pikes Peak können sich monatelange Arbeit und die damit verbundenen Hoffnungen auf den Sieg innerhalb von Sekunden in Luft auflösen.“
Erinnern Sie sich noch an ihre erste Fahrt auf den Gipfel?
„Das war 2012 vor meinem ersten Start. Mein Team und ich kamen relativ unbedarft am Berg an. Mit jedem zurückgelegten Meter haben wir eine Menge gelernt. Das war eine einmalige Erfahrung. Einige Passagen am Pikes Peak erinnern an die Nordschleife, aber das Rennen ist eine viel größere Herausforderung. Bis heute habe ich größten Respekt vor diesem Berg.“
Wie fühlen Sie sich körperlich, wenn Sie im Renntempo auf dem Gipfel ankommen?
„Schlecht, sehr schlecht. In rund neun Minuten bewältigt man 1.440 Höhenmeter. Das spürt man, und es fühlt sich nicht gut an. Es ist wichtig, seinen Körper gut zu kennen und im Bedarfsfall mit zusätzlichem Sauerstoff zu versorgen. Im Ziel auf 4.302 Metern ist die Luft so dünn, dass das Atmen schwerfällt, vor allem nach so einer Belastung.“
In diesem Jahr gehen Sie mit dem I.D. R Pikes Peak an den Start, dem ersten voll elektrisch angetriebenen Rennwagen von Volkswagen. Was ist der Unterschied zu einem Verbrenner?
„Das Feedback von einem Elektrorennwagen ist sehr eingeschränkt. Es gibt kaum Geräusche vom Motor oder vom Getriebe. Normalerweise sind das wichtige Indikatoren, um seine Geschwindigkeit zu kontrollieren. Im I.D. R Pikes Peak habe ich nur den Blick nach draußen und meine Anzeige auf dem Lenkrad. Das fehlende Feedback macht es sehr schwierig, aber ich stelle mich gerne Herausforderungen.“
Glauben Sie, dass elektrische Antriebe die Zukunft im Motorsport sind?
„Am Pikes Peak ist der Elektroantrieb im Hinblick auf die Performance in der Höhe definitiv die beste Wahl. Auch bei sehr kurzen Rennen, wie im Rallycross, macht es Sinn. Aber auf der Langstrecke kann ich mir das im Moment nicht vorstellen.“
Ab dem Jahr 2020 bringt Volkswagen mit der I.D. Familie seine erste Baureihe mit rein elektrischem Antrieb auf den Markt. Glauben Sie an die Elektromobilität auf der Straße?
„Ja, davon bin ich überzeugt. Insbesondere in Städten wird das ein großer Vorteil für die Menschen sein, und wenn die Entwicklung der Batterien weiter voranschreitet, könnte das sogar ein Thema für die Mittel- und Langstrecke sein. Der Motorsport kann hier eine wichtige Rolle spielen, da die Erfahrungen aus der Entwicklungsarbeit in der Serie helfen.“
Sie sind 40 Jahre alt, haben unter anderem zahlreiche Erfolge auf der Langstrecke gefeiert, und dreimal am Pikes Peak triumphiert. Was für Ziele haben Sie noch?
„Gute Frage. Eine wirkliche Antwort habe ich nicht. Natürlich habe ich noch Ziele. Ich bin dreimal bei der Rallye Dakar gestartet. Dort möchte ich noch einmal um den Sieg kämpfen. Und dann würde ich gerne auch einmal Rallycross ausprobieren.“