„Im vergangenen Jahr haben wir in Zandvoort gute Ergebnisse eingefahren, aber 2019 sind die Karten neu gemischt“, sagt Volkswagen Motorsport-Direktor Sven Smeets. „Die Wettbewerbsdichte ist im Vergleich zu 2018 noch einmal enorm gestiegen. Der fünfte Platz von Rob Huff in der Slowakei war ein Achtungserfolg, und nun möchten wir den nächsten Schritt in die richtige Richtung machen. Das niedrigere Gewicht unserer Autos kommt uns dabei hoffentlich entgegen.“ Im Vergleich zum vergangenen Lauf auf dem Slovakiaring wird das Kompensationsgewicht für den Golf GTI TCR am Rennwochenende in den Niederlanden von 60 auf 30 kg reduziert. Damit hat der 250 kW (340 PS) starke Rennwagen gemäß der Einstufung („Balance of Performance“) in Zandvoort ein Gewicht von 1.265 kg.
Der Circuit Zandvoort gehört zu den anspruchsvollsten Rennstrecken im WTCR-Kalender. In den Dünen an der niederländischen Nordseeküste haben die Fahrer mit einer Herausforderung zu kämpfen, die keine andere Strecke in der weltweit ausgetragenen Rennserie bietet: Sand auf der Piste. „Je nachdem wie der Wind weht, können sich dadurch die Grip-Verhältnisse von Runde zu Runde ändern“, sagt Volkswagen Fahrer Benjamin Leuchter. „Die Strecke ist abwechslungsreich, mit sehr schnellen und langsamen Kurven. An einigen Stellen ist eine saubere Linie wichtig, an anderen fahren wir weit über die Randsteine. Man muss daher bei der Abstimmung einen guten Kompromiss finden.“
Daten und Simulator: die Vorbereitung auf das nächste Rennen
Ein WTCR-Wochenende wie in Zandvoort beginnt für Fahrer und Ingenieure daher schon lange vor der Anreise. „Als erstes schaue ich mir Onboard-Videos aus den vergangenen Jahren an. Anschließend geht es für einige Stunden in den Simulator von Volkswagen Motorsport in Hannover“, erklärt Leuchter. Auf diese Weise prägt sich der WTCR-Neuling nicht nur die für ihn bisher unbekannten Rennstrecken ein. Bei den virtuellen Runden arbeitet er gemeinsam mit den Ingenieuren von Volkswagen Motorsport an Fahrwerksabstimmung und Aerodynamik-Konfiguration des Golf GTI TCR.Basis sind dabei die in den Vorjahren gesammelten Daten. „Die passen in der Saison 2019 allerdings nur noch bedingt, weil jetzt ein anderer Einheitsreifen vorgeschrieben ist“, erklärt Fabrice van Ertvelde, Projektleiter WTCR bei Volkswagen Motorsport. „Speziell für die Abstimmung des Fahrwerks gibt es daher nur wenige Erfahrungswerte, sowohl auf der Rennstrecke als auch im Simulator.“
Die Einheitsreifen sind nicht die einzige Maßnahme in der WTCR, welche die Kosten senkt, aber gleichzeitig auch die Möglichkeiten beschränkt, die Tourenwagen auf die Besonderheiten jeder einzelnen Rennstrecke abzustimmen. Auch bei der Aerodynamik setzt das Reglement enge Grenzen. „Anders als beispielsweise in der Formel 1 verwenden wir während der gesamten Saison dieselben Versionen von Heckflügel, Diffusor und Frontsplitter“, erläutert van Ertvelde. Ein Verstellen ist nur in engem Rahmen erlaubt. „Der Faktor Aerodynamik lässt sich im Simulator nur begrenzt darstellen“, nimmt Leuchter den Faden auf. „Ein wichtiger Punkt dabei ist nämlich der Wind. Vor allem in schnellen Kurven ist es ein deutlicher Unterschied, ob durch Rückenwind der Abtrieb weniger wird oder eine steife Brise direkt von vorne bläst und den Golf GTI TCR regelrecht auf die Piste drückt.“
Die optimale Aerodynamik-Konfiguration steht deshalb weit oben im Aufgabenheft für die Trainingssitzungen auf der Rennstrecke. Der Heckflügel des Golf GTI TCR lässt sich innerhalb von weniger als zwei Minuten verstellen. „Das ist perfekt“, sagt Benjamin Leuchter. „So können wir sogar noch kurz vor dem Start reagieren, sollte der Wind plötzlich auffrischen oder die Richtung ändern.“