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02.05.2020

Interview mit Armin Link, Leiter Nürburgring Medical-Center

Das Rennstrecken-eigene Krankenhaus des Nürburgrings, das Medical-Center, ist nahezu das ganze Jahr über besetzt und sichert die medizinische Versorgung bei allen großen und kleinen Veranstaltungen an einer der bekanntesten Rennstrecken der Welt. Das Deutsche Rote Kreuz / Kreisverband Ahrweiler e.V. ist für den fachgerechten Betrieb sowie den Rettungsdienst verantwortlich. Oberste Priorität hierbei hat die bestmögliche und adäquate Versorgung aller Beteiligten – vom Besucher bis zum Teilnehmer. Leiter des Medical-Centers ist Armin Link der seit 30 Jahren am Nürburgring jede Veranstaltung bereits etliche Male selbst betreut hat. Seit knapp 25 Jahren ist er zudem innerhalb des Katastrophenschutzes des Landkreises Ahrweiler Organisatorischer Leiter.

In Zeiten von Corona, in denen sich am Nürburgring täglich neue medizinische und gesundheitliche Fragen stellen, ist seine Einschätzung und Beratung besonders gefragt. Im Interview gibt Armin Link einen Einblick in seine Arbeit am Nürburgring, die Rolle der „Alltagshelden“ und die Durchführung der „kontaktlosen Touristenfahrten“ in Zeiten, in denen einem Virus alles untergeordnet wird.

Armin, Du bist seit 30 Jahren am Nürburgring. Das ist selbst an einer Rennstrecke mit über 90-jähriger Geschichte eine lange Zeit. Was ist mittlerweile Routine und was ist immer wieder neu?
Link: „Eine echte Routine gibt es nicht wirklich. Zwar sind verschiedene Veranstaltungsabläufe und die damit verbundene medizinische Vorhaltung über die Jahre im wahrsten Sinne des Wortes „Nürburgring-erprobt“, dennoch muss man sich immer neu auf aktuelle Ereignisse und Anforderungen einstellen. Dies kann organisatorische Gründe haben, einzelne Teilnehmer oder neue gesetzliche Richtlinien betreffen – Beispiele gibt es hier viele. Besonders spannend ist es für mich, wenn es darum geht, für neue Veranstaltungsformate am Nürburgring ein medizinisches Versorgungskonzept, in Zusammenarbeit mit dem Nürburgring und den Behörden, zu erstellen. Wir tragen für jeden Beteiligten eine enorme Verantwortung. Wichtig finde ich, dass man nie den Respekt vor der Sache und der Verantwortung verliert und Eventualitäten entsprechend berücksichtigt.“

Wie groß ist die Verantwortung, die das Nürburgring Medical-Center und das Personal trägt?
„Wir sind uns alle bewusst, unseren Dienst an einem der schönsten, geschichtsträchtigsten und interessantesten Orte der Sportwelt zu absolvieren. Dennoch tragen wir nicht nur wegen des Namens Nürburgring eine große Verantwortung – diese leitet sich generell aus unserer Aufgabe ab, bei der es darum geht, die Gesundheit der Menschen und deren medizinische Versorgung in den Mittelpunkt zu stellen.“

Dennoch haben eure vielseitigen Aufgaben am Nürburgring dazu geführt, dass ihr weltweit – insbesondere im Motorsport – einen guten Ruf habt. 
„Dies ist ein Erfolg unserer jahrelangen Praxis und vieler Trainingseinheiten, die wir absolvieren. Dieses Wissen dürfen wir auch weitergeben: Der Deutsche Motorsport Bund und die FIA haben uns am Nürburgring die Möglichkeit gegeben, die Teilnehmer in unterschiedlichen medizinischen Versorgungsmodulen, wie z. B. Medical Car Crews oder Extrication-Teams zu zertifizieren. Im Rahmen der sogenannten „Medical Training Days“, die wir ein Mal im Jahr am Nürburgring durchführen, kommen Teilnehmer aus der ganzen Welt.“

Die „Medical Training Days“ mussten dieses Jahr aufgrund von Corona leider ausfallen – wie vieles andere auch am Nürburgring. So eine Situation hast du in den ganzen Jahren auch noch nicht erlebt, oder?
„Nein. Wenn man von „Neuem“ für mich ausgeht, gehört diese Situation absolut dazu. Ich wohne in unmittelbarer Nähe des Nürburgrings, innerhalb der Nordschleife und habe in den letzten Wochen oft das „heimische“ Geräusch von Motoren vermisst.“

Obwohl es gerade sehr ruhig ist, kommt euch in dieser Situation eine entscheidende Rolle am Nürburgring zu.
„Es ist unsere Aufgabe, als DRK und als Partner, den Nürburgring zu unterstützen und zu beraten. Dies haben wir in unzähligen Gesprächen und Telefonaten getan. Wir konnten gemeinsam gute Konzepte für adäquate Präventivmaßnahmen auf den Weg bringen. Dies geschieht auch weiterhin und jeweils unter strenger Berücksichtigung der behördlichen Vorgaben, der Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes sowie der Empfehlungen des DRK-Landesverbandes und der Mitteilungen der „Ärztlichen Leiter Rettungsdienst“ bei der Rettungsdienst-Behörde Mayen-Koblenz. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit verschiedenen Konzepten bestens aufgestellt sind. Es gibt klare Absprachen untereinander: Sollte sich die Situation rund um COVID-19 wieder negativ verändern oder verschärfen, kann jederzeit lagebezogen gehandelt werden.“

Nun startet am Donnerstag mit den „kontaktlosen Touristenfahrten“ die erste Aktivität. Warum ist das aus deiner Sicht vertretbar?
„Zunächst einmal ist wichtig, dass die Vorgaben der Behörden hinsichtlich der Schutzmaßnahmen im Konzept für die kontaktlosen Touristenfahrten berücksichtigt sind und auch in der Praxis entsprechend umgesetzt werden. Unter den vom Nürburgring aufgestellten Regeln gibt es keinen Hinderungsgrund, der gegen das Befahren der Nordschleife sprechen würde. Der Nürburgring hat einen erstklassigen Verhaltenskatalog zur Durchführung der kontaktlosen Touristenfahrten aufgestellt. Die Einhaltung der Verhaltensregeln wird durch die eingesetzten Mitarbeiter überwacht. Die medizinische Versorgung sieht die gleiche Vorhaltung an der Nordschleife vor, wie sie auch vor COVID-19 war. Es werden ausreichend Mund-Nasen-Schutzmasken, Einmalhandschuhe und auch Desinfektionsmittel bereitstehen. Aber auch diejenigen, die zum Nürburgring anreisen, stehen in der Pflicht – sie müssen die empfohlenen Hygienemaßnahmen einhalten und generell die geltenden Regeln beachten. Das Wichtigste ist: Wenn sich jemand krank fühlt, sollte er tunlichst zu Hause bleiben. Das ist er sich und seinen Mitmenschen schuldig. Diese Verantwortung kann man niemandem abnehmen.“

Wie werden das Personal und die Teilnehmer geschützt?
„In erster Linie werden die Gäste gebeten Mund-Nasen-Schutzmasken oder einen Mund-Nasen-Schutz gemäß den allgemeinen Empfehlungen mitzuführen. Sollte dies nicht möglich sein oder hat jemand keinen Schutz dabei, sind entsprechende Masken natürlich auch erhältlich. Das Personal des Nürburgrings wird mit FFP2- oder FFP3-Masken ausgestattet. Das Rettungsfachpersonal wird im üblichen Rahmen adäquat geschützt. Hierbei ist anzumerken, dass jeder Rettungswagen und jedes Notarzteinsatzfahrzeug generell solche Masken zum Schutz der Einsatzkräfte schon immer mit sich führen. Dies nicht nur am Nürburgring, sondern auch im Regelrettungsdienst und Krankentransport. Sollte das DRK einen Einsatz am Nürburgring haben, können wir Patienten die bestmögliche Hilfe anbieten. In der Versorgung haben wir sehr erfahrenes Rettungsfachpersonal, welches ebenfalls schon zum größten Teil mehrere Jahre am Nürburgring im Rettungsdienst tätig ist. Der Nürburgring hat im Gegensatz zum alltäglichen Geschäft im Rettungsdienst seine kleinen Besonderheiten. Diese bekommen wir aber seit Jahren bestens im partnerschaftlichen Zusammenwirken mit dem Nürburgring, der Polizei und den Feuerwehren abgearbeitet. Übrigens: Für den Fall, dass etwas passiert, stehen wir selbstverständlich im ständigen Austausch mit der zuständigen Integrierten Leitstelle in Koblenz bezüglich der landesweiten Kapazitäten an Intensivbetten. Sollte es hier zu Engpässen kommen, wovon allerdings nicht auszugehen ist, werden wir jederzeit proaktiv den Nürburgring informieren und die Situation gemeinsam neu bewerten.“

Dementsprechend freust du dich, dass es – wenn auch vorerst im kleinen Rahmen ohne Events – wieder losgeht?
„Auf jeden Fall. Ich bin selbst im Dienstplan eingeteilt und werde vor Ort sein. Ich freue mich darauf, dass der Schritt mit maximaler Verantwortung auch ein bisschen Normalität in die jetzige Situation zurückbringen wird.“