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DTM
24.08.2022

René Rast: „Team ABT arbeitet sehr professionell und analytisch“

Nach einer ungewöhnlich langen Sommerpause beginnt am kommenden Wochenende die zweite Saisonhälfte der DTM. Im 14-Tage-Rhythmus wird auf dem Nürburgring, in Spa, auf dem Red Bull Ring und in Hockenheim gefahren, ehe der neue DTM-Champion gekrönt wird. René Rast liegt mit seinem ABT Audi R8 LMS GT3 evo II nur zehn Punkte hinter Tabellenführer Mirko Bortolotti im Lamborghini und hat von den drei ABT Piloten die besten Titelchancen. Der dreimalige DTM-Champion im Interview vor den beiden DTM-Rennen auf dem Nürburgring ...  
Die DTM hatte eine ungewöhnlich lange Sommerpause – wie hast du sie genutzt? Wo und wie hat Familie Rast Urlaub gemacht?
„Zu Hause, in Bregenz in Österreich. Wir hatten einen gigantischen Sommer. Für mich ist Urlaub, wenn ich zu Hause bin. Deshalb war es eine tolle Zeit. Ich habe viel Sport gemacht, war jeden Tag Wandern oder Fahrradfahren. Ich habe die Tage genossen und einfach etwas Zeit mit der Familie verbracht. Das war ein sehr schöner Urlaub. Ein bisschen trainiert habe ich natürlich auch.”
Gleich nach dem Norisring hatte dein Management alle Fahrer zu einer gemeinsamen Fitnesswoche nach Kitzbühel geladen – inklusive Sheldon van der Linde, einem deiner größten Rivalen im Titelkampf …
„Kelvin und Sheldon kenne ich schon lange. Natürlich ist Sheldon ein Konkurrent, aber nur auf der Strecke, wenn wir den Helm aufhaben. Wenn wir privat unterwegs sind, sind wir gute Freunde. Da ist gar kein Konkurrenzdenken mehr da. Von daher war es in Kitzbühel sehr entspannt. Wir haben einfach ein gutes Verhältnis.”
Du liegst vor der zweiten Saisonhälfte nur zehn Punkte hinter Tabellenführer Mirko Bortolotti. Wie bewertest du deine Titelchancen?
„Schwer zu beurteilen. Natürlich sieht es jetzt gar nicht so schlecht aus. Aber es sind noch vier Wochenenden. Es kommt noch die eine oder andere Strecke, die uns vielleicht nicht so gut liegt – zum Beispiel der Red Bull Ring. Man muss abwarten, wie sich die Saison weiterentwickelt. Wir müssen immer vorn dabei sein, keine Fehler machen, dann haben wir eine Chance. Ich glaube aber, es wird sehr schwer. Vor allem der Lamborghini ist in diesem Jahr sehr stark.”
Du hast in der Sommerpause in Spa getestet. Welche Erkenntnisse hat der Test gebracht?
„Der Spa-Test war für uns da, um Setup-Daten zu sammeln. Wir haben die wichtigsten Themen abgehakt, obwohl es kein einfacher Test war, weil es viele rote Flaggen gab. Wir mussten aufgrund der reduzierten Zeit Kompromisse eingehen, was wir testen. Hoffentlich haben wir das Richtige herausgefunden und die richtigen Schlüsse gezogen.”
Im Endspurt werden nun alle 14 Tage Rennen gefahren. Worauf wird es da ankommen?
„Vorbereitung ist nicht so entscheidend wie früher in der Class 1 oder in der Formel E. Es geht hauptsächlich darum, die Wochenenden zu maximieren. Keine blöden Fehler. Alles auf den Punkt bringen, speziell im Qualifying. In den Rennen punkten ist das A und O. Auch dort keine Fehler machen, keine Strafen riskieren. Gute Stopps, gute Strategie. Das sind die Schlüsselfaktoren. Wir haben gerade einmal Saisonhalbzeit, da kann noch viel passieren.”
Es stehen vier sehr unterschiedliche Strecken auf dem Kalender. Welche liegen dir und dem Audi R8 LMS, welche weniger?
„Ich glaube, der Red Bull Ring liegt dem Audi nicht so gut. Nürburgring, Spa und Hockenheim sollten Strecken sein, auf denen der Audi nicht so verkehrt ist, auf denen aber auch die anderen gut sind – speziell BMW, Lamborghini und Ferrari. Ich glaube auch, dass Felipe Fraga mit dem Ferrari noch ein Titelkandidat wird. Er hatte viel Pech und ist nicht weit weg.”
Die zweite Saisonhälfte beginnt auf dem Sprintkurs des Nürburgrings. Du bist schon viele Rennen auf dem Nürburgring gefahren. An welche erinnerst du dich besonders gerne?
„Zum einen an das 24-Stunden-Rennen Nürburgring, das ich einmal gewonnen habe. Aber auch an das DTM-Wochenende 2018: zwei Siege, zwei Poles, zweimal schnellste Rennrunde, zweimal maximale Punkte mitgenommen – das sind die beiden Wochenenden, an die ich mich besonders gerne erinnere.”
Warum würdest du als Motorsport-Fan am kommenden Wochenende zum Nürburgring kommen?
„Weil es eine der schönsten Strecken in Deutschland ist. Spannender Titelkampf. Viele Autos. Fannähe. Und häufig spannendes Wetter: In der Eifel kann es schnell umschwingen.”
Du warst vor Saisonbeginn nicht sicher, wie dir die GT3-DTM gefallen wird. Wie ist dein Eindruck nach vier Rennwochenenden?
„Ich war mir vor allem nicht sicher, ob sie mir liegen wird. Dem Fan gefällt sie aufgrund der Markenvielfalt. Es gibt viele unterschiedliche Autos, die unterschiedliche Sounds haben. Für den Fan ist das cool. Für mich als Fahrer ist es aber schon ein Unterschied (zur Class 1). Die Autos sind etwas langsamer, das Niveau insgesamt nicht mehr ganz so hoch. Aber Spaß macht die GT3-DTM trotzdem.”
Du hast bei ABT Sportsline zwei sehr starke Teamkollegen. Wie kommt ihr klar, wie würdest du Kelvin und Ricardo charakterisieren?
„Mit meinen beiden Teamkollegen komme ich gut klar. Speziell mit Kelvin, den ich schon sehr lange kenne. Kelvin ist ein Vollblut-Racer, der schon immer sehr emotional war. Natürlich ist er ein sehr schneller Zeitgenosse. Er weiß, wie man am R8-Lenkrad dreht. Das gilt auch für Ricardo. Der weiß auch, wie es geht. Ricardo ist komplett anders als Kelvin. Ein sehr ruhiger Typ. Ein typischer Schweizer. Relaxed, entspannt. Aber wenn es darauf ankommt auch sehr aggressiv im Auto und sehr schnell unterwegs.”
Ende des Jahres wirst du Audi verlassen. Wie schwer ist dir diese Entscheidung gefallen?
„Es war keine einfache Entscheidung, nach so einer langen Zeit bei Audi zu sagen, wir gehen einen neuen Weg und suchen Alternativen. Audi war ja schon lange Zeit mein Zuhause und meine Familie. Leider ist es so, dass es für mich dort wenig motorsportliche Perspektiven und Weiterentwicklungsmöglichkeiten gab. Deshalb mussten wir uns leider dazu entscheiden, Audi zu verlassen. Aber es war ganz sicher keine leichte Entscheidung.”
Du bist in der Formel E und in der DTM nun etwas mehr als zwei Jahre für ABT Sportsline gefahren. Dein Eindruck?
„Das Team ABT arbeitet sehr professionell und analytisch – und das auf einem sehr hohen Level. Es macht viel Spaß, mit den Jungs und Mädels zusammen zu arbeiten. Alle sind immer top motiviert und geben nie auf. Das ist eine tolle Truppe. Auch die Mechaniker sind klasse Jungs, die immer Gewehr bei Fuß stehen, wenn es irgendwo brennt. Es macht wirklich viel Spaß mit ihnen.”
Wenn du dir von Thomas Biermaier und Hans-Jürgen Abt etwas wünschen darfst, wenn du den DTM-Titel holst – was wäre das?
„Ein Wochenende auf der Sonnenalp zusammen mit allen aus dem Team.  Schneeschuhwandern, abends auf eine Hütte gehen, ein bisschen Party machen, das Jahr so ausklingen lassen – das wäre wirklich etwas Cooles.”