Mittwoch, 2. Oktober 2024
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Automobilsport
02.10.2024

6:29.090 min: Mercedes-AMG ONE bricht Rundenrekord auf Nürburgring-Nordschleife

Der Mercedes‑AMG ONE ist seit Oktober 2022 das schnellste Serienfahrzeug auf der Nürburgring-Nordschleife und seitdem konkurrenzlos. Der einzige Gegner ist der ONE selbst. Jetzt hat Mercedes‑AMG Markenbotschafter und DTM-Pilot Maro Engel die von ihm gesetzte Rundenzeit nochmals deutlich verbessert: Mit einer offiziell gemessenen und notariell beglaubigten Zeit von 6:29.090 Minuten für die 20,832 Kilometer lange Strecke übertrifft das Hypercar mit Formel 1 Technologie den eigenen Rekord für Serienfahrzeuge um über fünf Sekunden. Damit ist der Mercedes‑AMG ONE das erste Straßenfahrzeug, dass die magische Marke von 6:30 Minuten unterbieten konnte. Zudem ist er das einzige serienmäßige Hybrid-Hypercar, das sich bislang der anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt gestellt hat und führt die Klasse der Supersportwagen unangefochten an.
 
Michael Schiebe, Vorsitzender der Geschäftsführung der Mercedes‑AMG GmbH und Leiter Geschäftsbereiche Mercedes‑Benz G‑Klasse & Mercedes‑Maybach: „Wir haben den Rekord für Straßenfahrzeuge schon seit knapp zwei Jahren inne. Aber wir wollen bei AMG die Grenzen des Machbaren stets maximal ausloten oder gar noch etwas verschieben. Deswegen haben wir ein weiteres Mal den Beweis angetreten, was mit dem einzigartigen AMG ONE möglich ist. Das ganze Team wurde für seine Mühen und seinen Einsatz belohnt. Ich bin stolz auf diese entschlossene Teamleistung und auf diese fantastische Rekordzeit. Einmal mehr haben wir den Geist und das Können von AMG eindrucksvoll unter Beweis gestellt.“
 
Maro Engel, Mercedes‑AMG Markenbotschafter: „Vor zwei Jahren waren die Bedingungen nicht optimal, einige Streckenabschnitte noch etwas feucht. Wir wussten, da geht noch mehr, und das wollten wir zeigen. Heute war es so weit, dass wir das maximale Potenzial des AMG ONE demonstrieren konnten. Vielen Dank an die ganze Mannschaft aus Affalterbach für das in mich gesetzte Vertrauen. Es war mir eine große Freude und Ehre, diese Rekordrunde mit diesem einzigartigen Auto fahren zu dürfen.“
 
Um die hohen, selbst gesteckten Ziele zu erreichen, war einerseits eine akribische Vorbereitung notwendig. Zudem mussten die Streckenbedingungen optimal sein, um die anvisierten 6:30 Minuten zu unterbieten. Am 23. September 2024 um 18:56 Uhr, in seiner dritten gezeiteten Runde, gelang Maro Engel dann die Bestzeit. Bei Temperaturen von 15 Grad Celsius (Luft) und 20 Grad Celsius (Asphalt) war die legendäre Nordschleife durchweg trocken und bot perfekten Grip.
 
Wie Lewis Hamilton und George Russell an ihren Formel 1 Rennwochenenden, so musste auch Maro Engel die elektrische Energie des Hybridantriebs bestmöglich einteilen. Das ist vor allem bei der Streckenlänge von mehr als 20 Kilometern eine besondere Herausforderung. Denn es ist immens wichtig, die richtigen Streckenpassagen zu nutzen, um in Bremsphasen zu rekuperieren und somit wieder Energie in den Batterien zu speichern.
 
Hierzu nutzte Maro Engel einerseits die vierstufige sogenannte Energy Flow Control (EFC) des AMG ONE und ging teils gezielt etwas früher vom Gas. Dies wird im Fachjargon als „Lift and Coast“ betitelt. Vortests im Fahrsimulator in Affalterbach und auf der Nordschleife selbst brachten die dafür nötigen Erkenntnisse, die Team und Fahrer für die Rekordrunde optimal umsetzen konnten. Das Fahrzeug wurde laut den Vorgaben der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG vom TÜV Rheinland auf seinen serienmäßigen Zustand geprüft und dokumentiert. Ein Notar bestätigte die korrekte Durchführung der Rekordfahrt.

Schnellstes Serienfahrzeug mit Straßenzulassung

Das Mercedes‑AMG Hypercar bringt weltweit erstmals Formel 1 Hybrid-Antriebstechnologie von der Rennstrecke auf die Straße. Der E PERFORMANCE Hybrid leistet mit einem Verbrennungs- und vier Elektromotoren insgesamt 782 kW (1.063 PS) Die weitere Motorsport-Technologie reicht vom Carbon-Monocoque und der Carbon-Karosserie über die mittragende Motor-Getriebe-Einheit und der aktiven Aerodynamik bis hin zum Push-Rod-Fahrwerk.
 
Mit seiner komplexen Technologie bietet der zweisitzige Mercedes‑AMG ONE teilweise sogar noch mehr als ein Formel 1 Rennwagen. Er verfügt über den vollvariablen Allradantrieb AMG Performance 4MATIC+ mit hybrid-angetriebener Hinterachse und elektrisch angetriebener Vorderachse mit Torque Vectoring.
 
Für die Rekordfahrt wurden die maximalen Sturzwerte innerhalb der Auslieferungstoleranz gewählt. Maro Engel wählte das Fahrprogramm „Race Plus“. Das bedeutet: Aktive, maximal mögliche Aerodynamik, straffe Fahrwerksabstimmung, Fahrzeugabsenkung um 37 mm an der Vorderachse und 30 mm an der Hinterachse sowie volle Leistung von allen Motoren.
 
Das Drag Reduction System (DRS) wird vom Fahrer per Knopfdruck am Lenkrad aktiviert. Hierbei fahren die vorderen Louvres an den Kotflügel ebenso ein wie das obere Aeroelement des zweistufigen Heckflügels. Der Luftwiderstand wird dadurch reduziert, was auf den schnellen Streckenstücken für höhere Geschwindigkeiten sorgt. In kurvigen Passagen fahren die Aeroelemente blitzschnell wieder aus, was für nochmals deutlich höheren Abtrieb sorgt. Auch bei der Betätigung des DRS-Systems fand Maro Engel im Vergleich zu seiner ersten Rekordfahrt weiteres Potenzial, um die Fähigkeiten des AMG Hypercars noch perfekter umzusetzen.
 
All diese Variationsmöglichkeiten kann der AMG ONE-Kunde ebenso nutzen. Das gilt auch für die serienmäßige Bereifung MICHELIN Pilot Sport Cup 2 R MO, die zusammen mit Entwicklungspartner Michelin speziell für den ONE entwickelt wurde. Für höchstmögliche Verzögerung und Standfestigkeit sorgte die serienmäßige AMG Keramik-Hochleistungs-Verbundbremsanlage.

E PERFORMANCE Hybridantrieb aus der Formel 1

Der E PERFORMANCE Hybridantrieb des Mercedes‑AMG ONE stammt direkt aus der Formel 1 und wurde in enger Zusammenarbeit mit den Experten von Mercedes‑AMG High Performance Powertrains in Brixworth realisiert. Er besteht aus einer hochintegrierten und intelligent miteinander vernetzten Einheit aus Hybrid‑Turbo-Verbrennungsmotor mit insgesamt vier Elektromaschinen: Eine ist im Turbolader integriert, eine andere befindet sich direkt am Verbrennungsmotor und ist mit der Kurbelwelle verbunden. Zwei weitere treiben die Vorderräder an.
 
Der 1,6‑Liter-V6‑Hybrid‑Benzinmotor mit elektrisch unterstützter Single-Turboaufladung entspricht in seiner Technologie dem Formel 1 Triebwerk. Die vier obenliegenden Nockenwellen werden über Stirnräder angetrieben. Um ein hohes Drehzahlniveau zu erreichen, sind die mechanischen Ventilfedern durch pneumatische Ventilfedern ersetzt. Das in Mittelmotorposition vor der Hinterachse eingebaute Triebwerk dreht bis zu 11.000/min. Für längere Haltbarkeit und die Verwendung von handelsüblichem Super plus Benzin bleibt es jedoch bewusst unter dem F1-Drehzahllimit. 

Blitzschnelles Ansprechen mit dem elektrischen Abgasturbolader

Das Hochdrehzahltriebwerk wird durch einen Hightech-Turbolader beflügelt. Abgas- und Verdichterturbine sind voneinander entfernt positioniert und durch eine Welle miteinander verbunden. Damit ist eine tiefere Einbaulage des Turboladers möglich. Auf der Welle befindet sich ein ca. 90 kW starker Elektromotor. Dieser treibt elektronisch gesteuert die Welle des Turboladers direkt an und beschleunigt damit das Verdichterrad auf bis zu 100.000/min, bevor der Abgasstrom übernimmt. Die Formel 1 typische Bezeichnung dieser Einheit lautet MGU‑H (Motor Generator Unit Heat).
 
Größter Vorteil: Das Ansprechverhalten verbessert sich direkt ab Leerlaufdrehzahl (wenn der Abgasstrom noch schwach ist) über den gesamten Drehzahlbereich hinweg deutlich. Der 1,6‑Liter-V6‑Motor reagiert noch spontaner auf Fahrpedalbefehle, das gesamte Fahrgefühl ist hochdynamisch. Außerdem ermöglicht die Elektrifizierung des Abgasturboladers ein höheres Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen. Dies steigert die Agilität ebenfalls und optimiert das Beschleunigungsvermögen. Auch wenn der Fahrer vom Gas geht oder bremst, ist die Technologie in der Lage, den Ladedruck stets aufrecht zu erhalten. Damit ist ein kontinuierlich direktes Ansprechverhalten gewährleistet.

Turbolader als Generator

Der elektrische Abgasturbolader im Mercedes‑AMG ONE hat noch einen weiteren Vorzug: Er nutzt einen Teil der überschüssigen Energie aus dem Abgasstrom, um als Generator elektrische Energie zu erzeugen. Diese wird entweder in der Hochvolt-Lithium-Ionen-Batterie gespeichert oder der elektrischen Vorderachse beziehungsweise der Elektromaschine (MGU‑K = Motor Generator Unit Kinetic) am Verbrennungsmotor zugeführt. Die MGU‑K leistet 120 kW, ist direkt am Verbrennungsmotor positioniert und über einen Stirnradantrieb mit der Kurbelwelle verbunden. Dies ist ebenfalls eine Technologie, die in der Formel 1 für höchste Effizienz und Performance sorgt.
 
Turboaufladung und Direkteinspritzung mit strahlgeführtem Brennverfahren ermöglichen nicht nur eine hohe Leistungsausbeute, sondern erhöhen auch den thermodynamischen Wirkungsgrad und senken somit den Kraftstoffverbrauch und die Abgasemissionen. Der Hochleistungs-Sechszylinder verfügt über zwei Einspritzsysteme. Die Direkteinspritzung befördert den Kraftstoff mit bis zu 270 bar Druck in die Brennräume. Dies geschieht zum Teil mehrfach und wird nach Bedarf durch die Motorsteuerung geregelt. Die zusätzliche Kanaleinspritzung wird benötigt, um die hohe spezifische Leistung des Motors zu erreichen und gleichzeitig die Abgasgrenzwerte einzuhalten.

Vollvariabler Allradantrieb mit rein elektrisch angetriebener Vorderachse

Die beiden, je 120 kW starken Elektromotoren an der Vorderachse erreichen bis zu 50.000/min Rotorumdrehungen. Sie sind über je ein Untersetzungsgetriebe mit den Vorderrädern verbunden. Die somit rein elektrisch angetriebene Vorderachse arbeitet jeweils radselektiv und ermöglicht damit eine individuelle Drehmomentverteilung für besonders hohe Fahrdynamik („Torque Vectoring“). Außerdem lässt sich mit den beiden E-Motoren auch die Bremsenergie optimal zur Rekuperation nutzen - unter Alltagsfahrbedingungen bis zu 80 Prozent. Diese Energie wird in der Batterie gespeichert und steht für eine längere elektrische Reichweite oder für mehr Antriebsperformance zur Verfügung. Jeder Elektromotor wird von einer eigenen Leistungselektronik gesteuert, die in räumlicher Nähe zu den E-Maschinen im Wagenboden platziert ist.

High Performance Batterie mit Formel 1 Technologie

Auch der Lithium-Ionen-Energiespeicher ist eine spezielle Entwicklung von Mercedes‑AMG. Seine Technologie hat sich in den Formel 1 Hybrid-Rennwagen des Mercedes‑AMG Petronas F1 Teams unter härtesten Bedingungen bereits bewährt und findet sich auch in der Batterie der Mercedes‑AMG E PERFORMANCE Hybridmodelle wieder. Die AMG High Performance Batterie verbindet hohe, häufig hintereinander abrufbare Leistung mit geringem Gewicht, um die Gesamtperformance zu erhöhen. Hinzu kommen die schnelle Energieaufnahme und die hohe Leistungsdichte. Das bedeutet: Bei einer zügigen Fahrt beispielsweise in hügeligem Gelände können Fahrer bergauf spontan das volle Leistungspotenzial abrufen, während bei Talfahrten stark rekuperiert wird.
 
Die Anordnung der Batteriezellen und die Zellkühlung entsprechen dem Mercedes‑AMG Formel 1 Rennwagen. Für den Alltagsbetrieb ist deren Anzahl im Mercedes-AMG ONE allerdings um ein Vielfaches größer. Die Kapazität von 8,4 kWh reicht aus für eine rein elektrische Reichweite von 18,1 Kilometern. Geladen wird per Wechselstrom und dem integrierten 3,7‑kW-On-Board-Lader. Zusätzlich lässt sich die Batterie per Rekuperation oder vom Verbrennungsmotor mit frischer Energie versorgen. Die Lithium-Ionen-Hochvolt-Batterie und der DC/DC-Wandler zur Unterstützung und Ladung des 12‑V-Bordnetzes sind platzsparend hinter der Vorderachse im Wagenboden untergebracht.

Innovative Direktkühlung der Hochvolt-Batterie

Grundlage für die hohe Performance der Batterie ist die innovative Direktkühlung: Ein Hightech-Kühlmittel umströmt alle Zellen und kühlt sie einzeln. Hintergrund: Jede Batterie braucht für die optimale Leistungsabgabe eine definierte Temperatur. Wird der Energiespeicher zu kalt oder zu heiß, verliert er zeitweise spürbar an Kraft oder muss heruntergeregelt werden, um bei zu hohen Wärmegraden nicht Schaden zu nehmen. Eine gleichmäßige Temperierung der Batterie hat daher entscheidenden Einfluss auf ihre Performance, Lebensdauer und Sicherheit.
 
Das Kühlmittel zirkuliert mit Hilfe einer elektrischen Hochleistungspumpe von oben nach unten durch die gesamte Batterie an jeder Zelle vorbei und durchfließt dabei auch einen Wärmetauscher, der direkt an der Batterie angebracht ist. Das System ist so ausgelegt, dass eine gleichmäßige Wärmeverteilung in der Batterie sichergestellt ist. Die Folge: Die Batterie befindet sich immer in einem gleichmäßigen, optimalen Arbeitstemperaturfenster von durchschnittlich 45 Grad Celsius – egal, wie oft sie geladen oder entladen wird. Bei forcierter Fahrt ist ein Überschreiten der Durchschnittstemperatur durchaus möglich. Die Schutzmechanismen sind daher so eingestellt, dass die maximale Performance aus der Batterie entnommen werden kann, um im Anschluss wieder durch die Direktkühlung das Temperaturniveau zu senken.
 
Erst die Direktkühlung ermöglicht es, Zellen mit sehr hoher Leistungsdichte einzusetzen. Dank dieser individuellen Lösung ist das Batteriesystem besonders leicht und kompakt. Zum geringen Gewicht trägt auch das materialsparende Stromschienenkonzept bei und die leichte, gleichzeitig aber stabile Crashstruktur des Gehäuses aus Aluminium. Sie garantiert höchste Sicherheit. Ein weiteres Merkmal ist die Hochspannung des Antriebssystems, die mit 800 Volt statt der üblichen 400 Volt arbeitet. Durch die höhere Spannungslage lassen sich beispielsweise die Leitungsquerschnitte deutlich reduzieren und entsprechend Bauraum und Gewicht einsparen.

Intelligente Betriebsstrategien für optimale Leistung und Effizienz

Insgesamt bietet das High Performance Plug-in-Hybrid-Antriebssystem zahlreiche intelligente Betriebsstrategien, die optimal auf unterschiedliche Einsatzszenarien abgestimmt sind. Die Fahrprogramme reichen dabei vom rein elektrischen Betrieb bis hin zu einem hochdynamischen Modus (Strat 2), der einer Einstellung entspricht, die in der Formel 1 im Qualifying für bestmögliche Rundenzeiten benutzt wird. Trotz der hohen Systemkomplexität wird der Fahrer – abhängig von seiner aktuellen Anforderung – stets die optimale Kombination aus Performance und Effizienz erhalten.
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