24h Le Mans
19.05.2011
Klima-Windkanal hilft Audi in Le Mans
Der Klima-Windkanal komplettiert seit Anfang 2008 das Audi-Windkanalzentrum in Ingolstadt. Er erzeugt Temperaturen von minus 25 bis plus 55 Grad Celsius und erlaubt es den Ingenieuren, bei klirrender Kälte und glühender Hitze Windgeschwindigkeiten bis zu 300 Kilometer pro Stunde zu erzeugen. Auch Simulationen von Sonnenlicht und Regen sind möglich.
Speziell beim Audi R18 TDI war die Möglichkeit, den Klima-Windkanal der Serienkollegen zu nutzen, für die Techniker von Audi Sport besonders wertvoll. Der neue LMP1 ist der erste geschlossene Le-Mans-Sportwagen von Audi seit dem R8C im Jahr 1999. "Der Klima-Windkanal ist ein gutes Beispiel für die intensive Zusammenarbeit mit der Technischen Entwicklung (TE)", erklärt Dr. Martin Mühlmeier, Leiter Technik bei Audi Sport. "Die TE entwickelt sich immer weiter und wir bei Audi Sport als Teil der TE dürfen auf diese Ressourcen zurückgreifen. Umgekehrt profitieren die Kollegen aus der Serien-Entwicklung von unseren Erkenntnissen aus dem Motorsport."
Beim R18 TDI standen bei der Arbeit im Klima-Windkanal drei Bereiche im Mittelpunkt: eine optimale Innenraum-Durchlüftung, die Windschutzscheibe und die Erprobung des Scheibenwischers. "Wir können uns dabei auf die Erkenntnisse aus dem Klima-Windkanal verlassen, mit dem wir ein qualitativ sehr hochwertiges Werkzeug zur Verfügung haben", sagt Christopher Reinke, Technischer Projektleiter für den R18 TDI. "Alles, was wir bisher im Klima-Windkanal erprobt haben, hat sich bisher beim Testbetrieb auf der Rennstrecke bestätigt."
Im Klima-Windkanal wurde die Belüftung des geschlossenen Cockpits so weit optimiert, dass der R18 TDI in Le Mans ohne Klimaanlage auskommen wird. Da sie Gewicht und auch Leistung kostet, verzichtet man gerne auf ihren Einsatz. Auch das Abscheiden von Regenwasser oder festen Stoffen wie Sand, Gummiabtrieb und Steinen wurden simuliert. "Wir haben in diesem Bereich im Klima-Windkanal am 1:1-Auto viele wertvolle Erkenntnisse gewonnen und einige Dinge geändert, speziell im Bereich der Luftführung", sagt Dr. Martin Mühlmeier. "Auch die reflektierende Folie auf dem Dach wurde mit Erkenntnissen aus dem Klima-Windkanal validiert. Das alles sind wichtige Details, um dem Fahrer im Cockpit ein gutes Klima zu garantieren."
Die silberne Folie unterstützt, dass sich das Cockpit durch die Sonneneinstrahlung nicht zu stark aufheizt. Das Reglement des Automobile Club de l’Ouest (ACO) schreibt vor, dass die Innenraumtemperatur während der Fahrt nicht über 32 Grad steigen darf, wenn die Außentemperatur maximal 25 Grad beträgt. Ist es wärmer, darf sich der Innenraum um maximal sieben Grad aufheizen. Diese strengen Vorgaben hält der R18 TDI dank der intensiven Arbeit im Klima-Windkanal ein.
Auch der Einarm-Scheibenwischer des neuen Le-Mans-Sportwagens wurde im Audi-Windkanalzentrum entwickelt. "Das Thema ist nicht ganz trivial", sagt Dr. Martin Mühlmeier. "Wir haben zwar Erfahrungen aus der DTM. Aber dort ist der Scheibenwischer fast nie im Einsatz. Außerdem fährt ein DTM-Auto 250 km/h und nicht 330. In Le Mans sind die Anforderungen an den Scheibenwischer wesentlich höher."
Das Beschlagen und Verschmutzen der komplex geformten Windschutzscheibe, die anders als bei einem Serienauto nicht nur in eine Richtung, sondern in zwei Richtungen gewölbt ist und aus Kunststoff gefertigt wird, wurde ebenfalls im Klima-Windkanal erprobt. Um das Beschlagen zu verhindern, ist die Scheibe beheizbar. Und für mögliche Verschmutzungen wurde ein Drei-Stufen-Plan entwickelt, der je nach Verschmutzungsgrad loses Wischen, Wischen mit Reinigungsmittel und mehrere Schichten von Abreißfolien vorsieht.
Das Verschmutzen der Scheiben ist einer der konzeptbedingten Nachteile, die ein geschlossener Le-Mans-Sportwagen mit sich bringt. Doch durch die Arbeit im Audi-Klima-Windkanal konnten die Nachteile so weit wie möglich minimiert werden.