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Formel 1
22.06.2011

3 Teams, 19 Rennen, 48 Motoren, 1.000 Flüge

Große Zahlen für ein großes Ziel: Jean-Pierre Raymond – der Logistik-Chef von Renault Sport F1 – erklärt, welcher Aufwand nötig ist, um die drei Partnerteams bei 19 Grands Prix auf fünf Kontinenten pünktlich und zuverlässig mit den RS27-V8-Triebwerken zu versorgen.

In der Saison 2011 vertraut ein Viertel des Formel 1-Feldes auf Motoren aus Viry-Châtillon. Die große Nachfrage nach dem aktuellen Weltmeister-Motor freut die Spezialisten bei Renault Sport F1, stellt aber zugleich eine immense logistische Herausforderung dar. Denn neben den jeweiligen Triebwerken müssen auch rund 30 Mitarbeiter und ihr technisches Equipment monatelang zwischen der französischen Basis und den Grand Prix-Schauplätzen rund um die Welt befördert werden. Verantwortlich dafür ist Logistik- und Security-Manager Jean-Pierre Raymond.
„Das sportliche Reglement der FIA erlaubt derzeit ein Kontingent von acht Motoren pro Fahrzeug und Saison. Das sind bei drei Partnerteams mit je zwei Autos insgesamt 48 Triebwerke“, rechnet Raymond vor. „Alle diese Motoren werden im RSF1-Hauptquartier in Viry-Châtillon entwickelt, aufgebaut und getestet. Vor jedem Grand Prix senden wir je zwei Exemplare an unsere Partnerteams. Die bauen sie in ihre Chassis ein, damit die Autos praktisch komplett an der Rennstrecke ankommen und sich die Techniker dort nur noch mit der Feinabstimmung befassen müssen.“

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Natürlich ist Renault Sport F1 auch für eventuelle Wünsche der Partner nach einem Wechsel des Aggregats vor Ort gerüstet. „Wir schicken zusätzlich fünf bis sechs Motoren von Viry zur jeweiligen Rennstrecke“, berichtet Jean-Pierre Raymond. „Zum Saisonauftakt haben wir über die schon installierten Motoren hinaus sogar neun Stück nach Australien verfrachtet – drei für jedes Partnerteam. Denn von Melbourne aus ging es geradewegs nach Malaysia und dann weiter nach China – alles natürlich ohne Zwischenstopp in Viry. Bei 130 Kilogramm Gewicht pro Triebwerk bedeutete das mehr als eine Tonne Fracht allein für die Motoren.“

Alles eine Frage der Organisation
Für die Welttournee der Achtzylinder hat Jean-Pierre Raymond ein ausgefeiltes System entwickelt, das eine sichere – und hundertprozentig pünktliche – Anlieferung des gesamten Materials sicherstellt. „Unsere Ingenieure in Viry möchten die Motoren natürlich so spät wie möglich auf die Reise schicken – denn je länger sie in der Werkstatt bleiben, umso mehr Zeit steht für die Verfeinerung der Motorenmappings zur Verfügung. Deshalb senden wir die Extra-Triebwerke mit Kurieren in Frachtmaschinen zu den Grand Prix-Strecken. Normalerweise brauchst du für jeden Motor eine spezielle Genehmigung, weil sie in der Luftfracht als Gefahrgut gelten. Wir haben mit dem Luftfracht-Spediteur jedoch ein spezielles Datenblatt entwickelt, nach dem die Triebwerke als technische Produkte eingestuft werden. Dafür garantieren wir z.B., dass kein Kraftstoff oder sonstige brennbare Flüssigkeiten in den Motoren sind. Trotzdem waren für dieses Abkommen intensive Verhandlungen nötig. Wir mussten den Luftfracht-Carriern ausführlich erklären, was wir genau transportieren und warum diese Sendungen ungefährlich sind.“

Vom übrigen Material wird ein Teil in München auf jene Frachtmaschinen verladen, die von Bernie Ecclestones Firma Formula One Management (FOM) für die in Mitteleuropa ansässigen Teams Ferrari, Sauber und Toro Rosso bereitgestellt werden. „Diese Chartermaschinen fliegen direkt zu den Grands Prix. Wir verladen darin überwiegend Ausrüstung wie Büromaterial, Werkzeuge oder Reinigungsmittel. Etwa ein Drittel unseres gesamten Equipments nimmt diesen Weg, den anderen Teil versenden wir mit planmäßigen Frachtmaschinen. Insgesamt kommen wir pro Grand Prix auf 3,6 Tonnen an Ausrüstung“, erklärt Raymond. Bei 19 Saisonläufen addiert sich dieses „Gepäck“ auf stattliche 70 Tonnen – ungefähr die Nutzlast eines kompletten Airbus A330-Frachters!

Menschen und Maschinen
Natürlich nützen auch die besten Formel 1-Motoren kaum etwas ohne die Spezialisten, die das Maximum aus ihnen herauskitzeln. Renault Sport F1 entsendet in dieser Saison etwa 30 Mitarbeiter zu jedem Grand Prix. Jedes Partnerteam erhält von RSF1 sechs Leute an die Seite gestellt: zwei Ingenieure, zwei Techniker, einen unterstützenden Motoreningenieur und einen Elektrik-/Elektronik-Fachmann. Dazu kommen Security-Mitarbeiter sowie die Profis für Marketing, Logistik und Management. Mit Hin- und Rückflügen bucht das „Reisebüro“ bei RSF1 locker weit über 1.000 individuelle Tickets pro Saison – das Testen nicht einmal mitgezählt.
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