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Formel 1
22.09.2011

Interview: Renault Sport F1-Ingenieur Ricardo Penteado

Ricardo Penteado – der Leiter des Renault Sport F1-Ingenieurs-Team beim Partner Lotus Renault GP – beschreibt, welche Herausforderungen der Marina Bay Circuit in Singapur aus Motorensicht bereithält.

Welche Motor-Charakteristik ist auf dem Marina Bay Circuit gefragt?

Ricardo Penteado Nach den zwei Power-Strecken Spa und Monza haben wir es in Singapur jetzt mit einem Straßenkurs und relativ niedrigen Geschwindigkeiten zu tun. Eine Runde auf dem Marina Bay Circuit weist 23 enge Kurven auf. Deshalb ist ein Set-up mit hohem Abtrieb gefragt, das Traktion und Grip unterstützt. 17 der Kurven werden im ersten, zweiten oder dritten Gang genommen. Das bedeutet: Wir brauchen ein Motor-Mapping, das beim Beschleunigen aus diesen langsamen Ecken eine optimale Fahrbarkeit ermöglicht. So können sich die Piloten voll auf die Linienwahl konzentrieren und müssen nicht mit einem rutschenden Auto oder verzögerter Beschleunigung kämpfen.

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Wenn maximale Downforce gefragt ist, spielen oft die Auspuffgase eine wesentliche Rolle. Gilt das auch für Singapur?

RP Allerdings, in Singapur ist die Nutzung des Auspuffstroms extrem wichtig, um ein stabiles Abtriebsniveau zu erzielen. Der aerodynamische Abtrieb ist hier über die gesamte Rundenlänge gefragt. Indem wir den Abgas-Luftstrom gezielt nutzen, bieten wir den Fahrern ein konstanteres Gripniveau, sodass sie beim Einlenken und Herausbeschleunigen ein paar km/h schneller sein können. Dieser Vorteil kann sich im Lauf einer Runde auf einige Zehntelsekunden addieren – wir werden uns also sehr genau mit diesem Bereich der Motorabstimmung befassen.

Wie gehen Sie beim Erstellen der Motor-Kennfelder vor?

RP Ein Motor-Mapping lässt sich mit einem geschmackvoll komponierten Menü vergleichen: Du hast einige Einstellungen zur Verfügung und stellst sie so zusammen, dass sich eine bestimmte Charakteristik ergibt. Dazu erhalten wir zunächst die Daten der Chassis-Ingenieure. Wir schauen uns an, welche Fahrwerks-Abstimmung sie im Kopf haben und welche Geschwindigkeiten sie damit an jedem Punkt der Strecke anpeilen. Dann nehmen wir die Daten vom schnellsten Streckenteil – das ist in Singapur die Zone vor Kurve 7 – und vom langsamsten Teil des Kurses. Auf Basis der höchsten und tiefsten Geschwindigkeiten berechnen wir die effektivsten Mappings und die Getriebeübersetzungen für diese beiden Extrempunkte. Anschließend simulieren wir einige Runden mit diesen Mappings auf einem Motorenprüfstand in unserer Heimatbasis Viry-Châtillon. Während des Freitagstrainings validieren wir sie oder passen die Einstellungen bei Bedarf an.

Haben die Fahrer Mitspracherecht bei diesen Einstellungen?

RP Das Feedback der Fahrer ist immer wichtig. Voriges Jahr wünschte sich Robert Kubica in Singapur ein weniger aggressives Ansprechverhalten in den Kurven 7, 8, 13 und 14. Also haben wir ein bisschen was an den Settings und Übersetzungen geändert. Er berichtete daraufhin von besserer Traktion in den besagten Streckenabschnitten. Es handelt sich immer um einen Prozess, bei dem wir uns schrittweise dem Optimum nähern. Je mehr du testest, desto ausgefeilter sind deine Mappings.