Formel 1
25.05.2011
Renault vor dem Formel-1-Rennen in Monaco
Renault Sport F1 sieht den Großen Preis von Monaco als Heimrennen und ist entsprechend stolz auf die vielen großen Erfolge, die die Marke dort feiern konnte. Das Ergebnis von 2010 fiel dabei besonders spektakulär aus: Auf allen drei Stufen des Siegerpodests standen Piloten, die auf den Renault RS27-V8 vertrauten. Mark Webber gewann das Rennen im Red Bull-Renault RB6 von der Pole Position aus, sein Teamkollege Sebastian Vettel wurde Zweiter und Robert Kubica fuhr im Renault R30 auf Rang drei. Zuvor gab es für Renault bereits Monaco-Siege durch Michael Schumacher (Benetton-Renault, 1995), Jarno Trulli (Renault F1 Team, 2004) und Fernando Alonso (Renault F1 Team, 2006). Insgesamt zehnmal standen im Fürstentum Fahrer mit Renault-Motoren auf der Pole Position.
Der Circuit de Monaco aus Motorensicht
Der Stadtkurs durch Monte Carlo und den Stadtteil La Condamine stellt Fahrer, Teams und Ingenieure vor große und vor allem ungewöhnliche Herausforderungen. Die gewundenen, welligen Straßen verlangen nach einem einzigartigen Set-up-Kompromiss. Angesichts des niedrigen Durchschnittstempos von nur 160 km/h und einer Spitzengeschwindigkeit von nur 290 km/h spielt die Aerodynamik eine untergeordnete, die Mechanik dafür eine zentrale Rolle.
1. Sektor
Die Anfahrt vom Start auf die erste Kurve ist die kürzeste der Saison: Nur rund 140 Meter liegen zwischen dem besten Startplatz und der Sainte Dévote. Der Trainingsschnellste wird diese Rechtskurve nach nur vier Sekunden erreichen – zu wenig, um die Vorteile des Energie-Rückgewinnungssystems KERS voll auszuspielen. Vor der Sainte Dévote bremsen die Piloten auf 105 km/h herunter und beschleunigen dann voll für das Bergaufstück durch Beau Rivage bis zum Casino-Platz. Die Motoren-Mappings werden so auf die kürzeren Getriebeübersetzungen abgestimmt, dass die Boliden genau am Ende des Bergaufstücks ihr Drehzahllimit erreichen. Theoretisch könnte das KERS auf dieser „Gerade“ aktiviert werden, doch der Effekt würde wegen der starken Steigung verpuffen: Von Sainte Dévote bis zum Casino-Platz nehmen die Fahrzeuge 30 Höhenmeter in nur zehn Sekunden. Der schnelle Linksknick vor dem Casino verlangt nach einem sehr fein ansprechenden Motor, der die Balance des Autos nicht beeinträchtigt.
2. Sektor
Der folgende Streckenabschnitt ist extrem wellig. Deutlich sichtbares Zeichen dafür ist die Linienwahl der Piloten, die bei der Fahrt vom Casino hinunter zum Rechtsknick Mirabeau traditionell einen Schlenker machen, um einen notorisch großen Buckel in der Fahrbahn auszuweichen. Dabei geht es nicht ihnen nicht nur darum, die Fahrzeugbalance nicht zustören – der Asphalthügel ist dermaßen hoch, dass die Autos beim Überfahren kurz abheben würden. Selbst wenn die Antriebsräder nur wenige Sekundebruchteile den Bodenkontakt verlieren würden, würde der Motor dadurch sofort bis zum Drehzahlbegrenzer hochdrehen, was die Antriebskomponenten erheblich belasten würde.
Von der engen Mirabeau folgt ein kurzer Gasstoß und schon tauchen die Boliden in die noch engere Grand Hotel-Haarnadelkurve ein – besser bekannt unter ihrem früheren Namen Loews-Haarnadel. Dort laufen die Triebwerke mit den niedrigsten Drehzahlen des gesamten Jahres. Bei nur 44 km/h im Scheitelpunkt liegen dort nur rund 4000 Touren an. Entsprechend wichtig sind Ansprechverhalten und Drehmoment, denn in dieser Passage lässt sich beim Einlenken und Herausbeschleunigen viel Zeit gewinnen oder verlieren. Die Piloten müssen genau wissen, was sie erwartet, wenn sie ihren rechten Fuß durchtreten.
Die Rechtskurve Poitiers mündet in den schnellsten Streckenteil, den Tunnel. Dort laufen die Boliden acht bis neun Sekunden auf Höchstgeschwindigkeit und am Drehzahllimit. Hier kommt es auf ein Mapping an, das schnell die maximale Leistung zur Verfügung stellt – immerhin sind es von Poitiers bis zur Schikane am Tunnelausgang bloß 670 Meter. Die Autos erreichen auf diesem Stück etwa 290 km/h Spitze. Auch hier würde ein KERS-Einsatz in Frage kommen. Dies allerdings eher, um einen Angriff abzuwehren – ein eigenes Überholmanöver ist angesichts der abseits der Ideallinie sehr schmutzigen Strecke kaum denkbar.
Theoretisch verschafft die Tunnel-Durchfahrt mit Topspeed den Motoren eine willkommene Portion Frischluft. Nur ist diese Luft erfahrungsgemäß alles andere als frisch. Denn was in dem fast komplett geschlossenen Tunnel durch die Airbox strömt, ist fast so heiß wie die Luft bei den Hitzerennen in Malaysia oder Abu Dhabi.
3. Sektor
Der Schluss-Sektor von Tabac bis zur Ziellinie weist die meisten Kurven auf und verlangt deshalb nach sehr fein dosierbarer Motorleistung. Die Piloten müssen sich darauf verlassen können, dass ihr Triebwerk die Power exakt dann liefert, wenn sie sie benötigen, um sich millimetergenau durch schnelle Schwimmbad-Passage oder die enge Rascasse zu zirkeln, die auf die Zielgerade mündet.
Monte Carlo aus Sicht von Rémi Taffin, Einsatzleiter Renault Sport F1
In puncto Arbeitsstunden verlangt der Grand Prix von Monaco von den RSF1-Ingenieuren die intensivste Vorbereitung. Zwischen zwei und vier Tagen arbeiten die Experten an den Motorenprüfständen und in der Konstruktionsabteilung gezielt auf das Rennen im Fürstentum hin. Bei anderen Rennen wie zum Beispiel dem Großen Preis von China ist es gewöhnlich nur ein Tag.
Der Kurs von Monte Carlo ist der kürzeste der gesamten Saison. Nur etwas mehr als 50 Prozent einer Runde arbeiten die Motoren unter Volllast. In China liegt dieser Wert bei rund 70 Prozent. Die Herausforderung in Monaco besteht darin, über einen Motor zu verfügen, der ein gutes Ansprechverhalten zeigt und bei Ein- und Ausfahrt in den langsamen Kurven mit einer guten Fahrbarkeit glänzt. Die Ingenieure programmieren daher ein Motor-Mapping, das maximales Drehmoment in einem niedrigeren Drehzahlbereich (zwischen 15.000 und 17.000 Touren) bereitstellt als normalerweise (16.000 bis 18.000).
Das verwinkelte Streckenlayout gönnt dem Motor zudem keine Pause. Somit spielt auch das Thema Kühlung eine zentrale Rolle. Wir können es uns nicht erlauben, einfach zusätzliche Kühlöffnungen in die Karosserie zu scheiden, denn in den zahlreichen Kurven ist maximaler Abtrieb gefragt, zu dem jede aerodynamische Komponente beiträgt.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, dem Fahrer Vertrauen in seinen Motor zu geben. Er darf sich praktisch überhaupt keine Gedanken um das Triebwerk machen müssen. Wenn dir das gelingt, hast du deinen Job gut gemacht.