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Formel 1
23.11.2012

Renault Sport F1 Vorschau auf den Brasilien GP

Beim Großen Preis von Brasilien, dem 20. und letzten Lauf zur Formel 1-Weltmeisterschaft 2012, kommt es zum Showdown um den Fahrertitel zwischen Red Bull Racing-Pilot Sebastian Vettel und Ferrari-Fahrer Fernando Alonso. Als Sieger der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft steht Red Bull Racing-Renault bereits seit dem USA-Grand Prix am vorigen Wochenende fest.

Das Saisonfinale steigt wie im Vorjahr auf dem 4,309 Kilometer langen Autodromo Jose Carlos Pace vor den Toren von Brasiliens größter Stadt Sao Paulo. Der Kurs von Interlagos schmiegt sich in einen Talkessel, der Blick von einigen Tribünen wirkt wie der in ein natürliches Amphitheater. Die Strecke windet sich in dem hügeligen Gelände auf und ab, viele Kurven hängen nach außen, einige verengen sich zum Kurvenausgang.

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Das Autodromo Jose Carlos Pace im Überblick

Interlagos ist mit rund 800 Metern über Null der höchstgelegene Grand Prix-Kurs des Jahres. Aufgrund der Höhenlage liegt der absolute Sauerstoffgehalt der Luft niedriger als bei anderen Rennen. Wenn weniger Sauerstoff für den Verbrennungsvorgang zur Verfügung steht, sinkt die Motorleistung. Ingenieure kalkulieren mit 1 Prozent Leistungsverlust je 100 Meter Höhe. Das heißt: In Brasilien produziert der Renault RS27-V8 etwa 8 Prozent weniger Leistung als bei einem Rennen wie etwa Südkorea, das auf Meeresniveau stattfindet.

Hinzu kommt ein Höhenunterschied von fast 50 Metern vom tiefsten zum höchsten Punkt der Strecke. Der lokale Luftdruck schwankt damit um rund 5 mbar im Laufe einer Runde – entsprechend benötigen die Motoren am höchsten Punkt der Strecke etwa 0,5 Prozent weniger Kraftstoff als an der tiefsten Stelle.

Ohnehin weist Interlagos wegen der Höhenlage und der geringen Luftdichte mit den niedrigsten Spritverbrauch pro Kilometer auf. Das optimale Benzin-Luft-Gemisch lässt sich also über die Renndistanz mit einer geringeren Benzinmenge erzielen.

Die Wettervorhersagen gehen für das Rennwochenende von Regen aus. Weil in feuchter Luft nochmals weniger Sauerstoff enthalten ist, passen die Ingenieure die Motorsteuerung entsprechend an und stellen den Fahrern andere Leistungseinstellungen zur Verfügung. Um den Leistungsverlust in Grenzen zu halten, reichern die Motoreningenieure das Gemisch an. Es wird also mit einem fetteren Kraftstoff-Luft-Mix gefahren. Auf anderen Strecken würde eine solche Einstellung die beweglichen Teile des Motors unter großen Stress setzen, weil mit einem fetteren Gemisch der Explosionsdruck im Zylinder steigt. In Interlagos halten sich die Risiken dieser Strategie wegen des allgemein niedrigen Luftdrucks in Grenzen.

In dieser Saison gab es schon mehrere Kurse, auf denen die Schmierstoffe wegen hoher Fliehkräfte und „hängender“ Kurven von den Ölpumpen weggedrückt wurden. In der ersten Kurve von Interlagos, dem Senna-S, wird dieses Phänomen für dieses Jahr zum letzten Mal auftreten. Die Fahrbahn kippt in dieser Linkskurve gleichzeitig nach außen und nach unten, die Autos erreichen einen Neigungswinkel von fast 30°. Folglich wird der Benzin- und Ölvorrat in die rechten vorderen Ecken der jeweiligen Tanks gedrückt. Viele Teams konstruieren sogar die Saugrüssel ihrer Öl- und Kraftstofftanks mit exakt dieser Passage vor Augen. Damit die Versorgung des Motors mit diesen „lebenswichtigen“ Flüssigkeiten nicht unterbrochen wird, könnten die Tanks etwas höher befüllt werden als sonst nötig.

Interlagos gilt außerdem als die welligste Strecke im Grand Prix-Kalender, was an dem heißen und feuchten Klima liegt und an den wenigen Rennen, die hier gefahren werden. Auf den größten Bodenwellen heben die Autos jeweils kurz ab. Wenn die Antriebsräder auch nur für einen Sekundenbruchteil den Bodenkontakt verlieren, läuft der Motor ohne Last und die Drehzahl schnellt umgehend hoch. Dabei gerät das Triebwerk an den Drehzahlbegrenzer, was jedes Mal eine gewisse Belastung darstellt.

Bruno Senna, Williams F1 Team: „Interlagos ist für mich ein ganz besonderer Ort. Sao Paulo ist meine Heimatstadt und die Fans unterstützen mich fantastisch. Der Kurs besitzt eine große Geschichte, ganz besonders für meine Familie. Es ist ein großartiger Schauplatz für das Saisonfinale und ein guter Ort, um das Jahr mit einem Höhepunkt abzuschließen. Die Strecke selbst gefällt mir ebenfalls gut. Die Höhenunterschiede und die nach außen hängenden Kurven – besonders Turn eins, wo die Autos in extreme Schräglage geraten – stellen immer eine Herausforderung dar. Wir Fahrer benötigen in Interlagos einen sehr gut fahrbaren Motor, vor allem im Nassen. Wegen der Höhenlage bieten die Triebwerke nicht ganz so viel Leistung wie üblich. Trotzdem brauchst du dasselbe Ansprechverhalten und denselben Schub – ganz besonders, wenn es auf die lange Bergaufgerade geht. In Interlagos verwenden wir immer eine Menge Zeit, um die optimalen Einstellungen auszutüfteln.“

Rémi Taffin, Leiter des Renault Sport F1 Einsatzteams: „In Interlagos benötigen die Piloten einen perfekt abgestimmten Motor, der sich insbesondere im kurvigen hinteren Streckenabschnitt durch eine gute Fahrbarkeit auszeichnet. Im zweiten Sektor kommt es darauf an, dass wir durchdrehende Räder am Kurvenausgang vermeiden. Das gilt insbesondere für die Kurven acht, neun und zehn. Da die Meteorologen für dieses Wochenende Regen prognostizieren, kommt der perfekten Abstimmung des RS27-Achtzylinders natürlich eine noch größere Bedeutung zu.

Die langgezogene Linkskurve nach Turn zwölf ist im Grunde eine sehr lange Gerade. Sie führt an den Boxen vorbei über Start und Ziel. Hier kommt es auf eine gute Beschleunigung an. Denn in diesem Abschnitt führt die Strecke stark bergauf. Die TV-Bilder können diesen großen Höhenunterschied von rund 40 Metern nicht wirklich abbilden. Aber wenn du zu Fuß über die Strecke läufst, dann spürst du, wie steil es tatsächlich bergauf geht. Hier müssen die Motoren wirklich die volle Leistung liefern.

Die größte Herausforderung des Autodromo Jose Carlos Pace ist jedoch die Höhenlage dieses Grand Prix-Kurses. Aufgrund des geringeren Sauerstoffgehaltes in der Luft büßt der RS27 hier im Vergleich zu Rennen auf Meeresniveau rund acht Prozent seiner Maximalleistung ein. Daher nutzen wir beim Grand Prix von Brasilien stets jene Motoren, die zuvor bereits bei zwei Rennen zum Einsatz kamen und schon einige Rennkilometer absolviert haben. Denn hier steht nicht die absolute Höchstleistung im Vordergrund.

Die Höhenlage des Autodromo Jose Carlos Pace bringt aber auch Vorteile mit sich: Der Benzinverbrauch ist deutlich geringer als bei Rennen, die auf Meeresniveau stattfinden. Außerdem ist der Luftwiderstand niedriger, denn die Luft ist schlichtweg dünner. Daher schicken die Teams ihre Fahrzeuge hier mit vergleichsweise steilen Flügeln ins Rennen. Tatsächlich entspricht der dadurch generierte Abtrieb jedoch lediglich einem Aerodynamik-Setup mit mittlerem Abtriebsniveau.

Der Grand Prix von Brasilien stellt zum Abschluss der Saison noch einmal eine große Herausforderung dar. Denn wir müssen zahlreiche Faktoren in die Abstimmung unserer Triebwerke einbeziehen. Aber wir sind bereit und freuen uns auf ein hoffentlich erfolgreiches Saisonfinale.“