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Rallye WM
15.08.2015

ADAC Rallye Deutschland: höchste Sicherheitsstandards

Die ADAC Rallye Deutschland bietet jedes Jahr spektakulären Motorsport. Die Weltelite des Rallye-Sports befindet sich dabei im Grenzbereich der Fahrphysik. Damit Weltmeister Sébastien Ogier, 2014-Sieger Thierry Neuville, Jari-Matti Latvala und die anderen WRC-Piloten kontrolliert ans Limit gehen können, ist eines unerlässlich: ein effektives Sicherheitskonzept.

Der umfassende Schutz von Teilnehmern, Helfern und Zuschauern genießt beim deutschen Lauf zur FIA Rallye-Weltmeisterschaft seit jeher oberste Priorität. Jedes Jahr werden die dafür notwendigen Maßnahmen in enger Abstimmung mit den Behörden ausgebaut und weiterentwickelt, wie Kai Hantel betont. Der Leiter der Streckensicherung bei der ADAC Rallye Deutschland spricht im Interview über das Sicherheitskonzept der ADAC Rallye Deutschland und erläutert, was damit verbunden ist.

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Herr Hantel, wie sieht das Sicherheitskonzept der ADAC Rallye Deutschland aus?

Kai Hantel: „Grundsätzlich ist es unser Anliegen, Besuchern und Rallye-Teilnehmern die größtmögliche Sicherheit zu bieten. Unsere Strategien sind dabei sehr vielschichtig. Bei den Zuschauern setzen wir zum Beispiel stark auf Aufklärung: Die Menschen sollen sich im Idealfall, schon bevor sie zu einer Wertungsprüfung (WP) kommen, über unsere Sicherheitssysteme informieren. Hierfür haben wir 2014 neue Kommunikationsmittel geschaffen, die wir für 2015 weiterentwickelt und ergänzt haben - etwa die mehrsprachige Zuschauerkarte mit Sicherheitshinweisen, die jeder Besucher mit seinem Rallye-Ticket erhält. Auch ein einheitlicher und leicht wiedererkennbarer Aufbau vor Ort mit einer eindeutigen Ausschilderung spielt dabei eine wichtige Rolle. Sprich: Sobald der Besucher an einer Wertungsprüfung (WP) ist, weiß er sofort, was erlaubt ist und was nicht, wo er stehen darf und wo sogenannte ‚No-Go-Areas‘ sind.“

Gibt es bei der ADAC Rallye Deutschland besondere Herausforderungen in Sachen Sicherheit?

Kai Hantel: „Ich denke da vor allem an die Prüfungen in den Weinbergen, die den einmaligen Charakter der ADAC Rallye Deutschland ausmachen. Um die Sicherheit in diesen sensiblen Bereichen zu erhöhen, setzen wir - neben temporären baulichen Maßnahmen - vor allem auf Information und Aufklärung. Wir wollen das Bewusstsein der Fans schärfen und appellieren an ihre Eigenverantwortung. Das Safety-Video mit Thierry Neuville aus dem vergangenen Jahr ist hierfür ein gutes Beispiel: Der WRC-Star erklärt darin unter anderem, was ein Fan in den Weinbergen zu beachten hat. Für 2015 setzten wir das aktualisierte Video wieder ein.“

Was sind Ihre Hauptaufgaben als Leiter der Streckensicherung?

Kai Hantel: „Im Vorfeld geht es in erster Linie um die Streckenauswahl und die Bewertung der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen. Mit den WP-Leitern werden dann die Sicherungsmaßnahmen besprochen, festgelegt und bis zum Rallye-Beginn immer wieder neu geprüft. Oft müssen wir dabei auch an die Sicherheit von Personen denken, die nicht unmittelbar mit der Rallye zu tun haben: Zum Beispiel wenn ein Streckenabschnitt direkt an einer nicht gesperrten Straße entlangführt, bauen wir einen Sichtschutz auf, um in erster Linie den rollenden Verkehr auf der Straße zu schützen. Die Autofahrer sollen nicht erschrecken, wenn plötzlich ein WRC-Bolide auf dem Feldweg rechts an ihnen vorbeijagt. Während der Rallye geht es für mich als Leiter der Streckensicherung vor allem um schnelle Entscheidungen und die Koordination von sicherheitsrelevanten Maßnahmen. Was ist zu tun, wenn ein Fahrzeug auf der Strecke liegen bleibt und eine Gefahr für nachfolgende Fahrzeuge darstellen könnte? Bei solchen Fragen ist schnelle und gute Kommunikation gefragt. In der Leitstelle laufen alle Meldungen zusammen – von den WP-Leitern, von den Trackingsystemen der Rallye-Fahrzeuge, von den Organisationsfahrzeugen und auch von der Polizei. Nach der Rallye gehen wir im Team noch einmal alle Sicherheitsthemen durch: Wir werten die Erfahrungsberichte aus, sichten die Videoaufnahmen der Vorwagen und schauen, wo wir für das nächste Jahr noch etwas optimieren können.“

Werden die Wertungsprüfungen vor der Veranstaltung von einem Rallye-Piloten hinsichtlich ihrer Sicherheit „getestet“?

Kai Hantel: „Das ist ein sehr wichtiger Punkt im Vorfeld der ADAC Rallye Deutschland. Gerade bei der Planung einer neuen Wertungsprüfung hat es sich als sehr hilfreich erwiesen, die Strecke noch einmal durch einen erfahrenen Rallye-Piloten bewerten zu lassen. Dies ist gar nicht so einfach, denn dieser Pilot darf natürlich kein aktiver Teilnehmer der ADAC Rallye Deutschland sein. Wir arbeiten hier schon länger sehr gut mit dem mehrfachen deutschen Rallyemeister Matthias Kahle zusammen, der uns aus Fahrersicht schon viele gute Hinweise geben konnte, die dann in unser Sicherheitskonzept eingeflossen sind.“

Wer unterstützt Sie noch bei Ihren Aufgaben?

Kai Hantel: „Natürlich bin ich in der Streckensicherung kein Einzelkämpfer, das wäre schon bei einer kleineren Rallye nicht zu stemmen und erst recht nicht bei einer Großveranstaltung wie der ADAC Rallye Deutschland. Ich kann mich jederzeit auf meine drei Stellvertreter verlassen, die schwerpunktmäßig jeweils ihre Aufgabenfelder bearbeiten – zum Beispiel die Koordination der gut 2.000 ehrenamtlichen Sportwarte im Bereich der Streckensicherung oder das Anfertigen aller Streckenskizzen und -karten, was eine sehr auslastende Tätigkeit ist.“

Sie haben die Streckenposten erwähnt: Welchen Beitrag leisten sie für eine erfolgreiche Rallye?

Kai Hantel: „Ohne Streckenposten wäre eine Rallye – und das betrifft ebenfalls jede Rallye - unmöglich. Man kann noch so gut planen: Die Sportwarte an der Strecke sind schlussendlich die, auf die es ankommt, um die Sicherheitsvorschriften vor Ort bestmöglich umzusetzen. Das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, für die nur gut ausgebildete Personen in Frage kommen. Der ADAC führt hier spezielle Schulungen durch, in denen man den Sportwart-Ausweis erwerben kann, der benötigt wird, um als Marshal bei dem Weltmeisterschaftslauf eingesetzt zu werden.“

Nach welchen Sicherheitskriterien werden die Zuschauerplätze bei der ADAC Rallye Deutschland ausgesucht?

Kai Hantel: „Im Grunde muss jeder Zuschauerbereich unter anderem folgende Kriterien erfüllen: Er darf nicht unterhalb des Streckenniveaus liegen, sondern sollte leicht erhöht sein. Der Abstand zur Strecke muss der Geschwindigkeit der Teilnehmer angemessen sein. Und die Fans sollten zum Erreichen der Zuschauerzone nach Möglichkeit nicht die Strecke kreuzen müssen, ansonsten ist eine Zuschauerschleuse einzurichten, die von erfahrenem Personal überwacht wird. Die Auswahl von Zuschauerbereichen ist oft sehr schwer, da hier verschiedene Interessen aufeinandertreffen: Wir wollen natürlich, dass die Fans nah am Geschehen sind und einen möglichst spektakulären Blick haben. Andererseits geht die Sicherheit immer vor. Bei der ADAC Rallye Deutschland gelingt es uns sehr gut, diese Ansprüche ohne Kompromisse bei der Sicherheit unter einen Hut zu bekommen.“

2014 wurde die „AG Zuschauersicherheit“ gegründet. Was sind die Erfahrungen?

Kai Hantel: „Dieses Gremium dient vor allem dem Erfahrungsaustausch. Hier treffen sich regelmäßig die Verantwortlichen aus allen Bereichen: Organisation, Planung, Zuschauerlenkung und WP-Leitung. Gemeinsam geht es darum, Maßnahmen zu finden, um die Sicherheit der Zuschauer immer weiter zu optimieren. Der Blick über den Tellerrand des eigenen Bereichs hilft da sehr. Wir haben zahlreiche Anregungen aus diesem Kreis aufgegriffen und umgesetzt – zum Beispiel die neuen Piktogramme auf den Infomaterialien, die auf einen Blick verdeutlichen: „erlaubt“ oder „nicht erlaubt“. Die Erfahrungen aus dem Vorjahr sind durch die Bank sehr positiv, so dass wir die AG Zuschauersicherheit auch 2015 fortführen.“

Gibt es neue, konkrete Sicherheitsmaßnahmen für 2015?

Kai Hantel: „In erster Linie haben wir die Konzepte, die wir für 2014 neu erarbeitet haben, noch einmal verfeinert. Darüber hinaus greifen wir neue Ideen auf. Hier ist beispielsweise das Konzept für die Teamleiter erwähnenswert, das wir für 2015 ausgebaut haben. Dabei geht es darum, dass es auf bestimmten Wertungsprüfungen jeweils einen Teamleiter für circa zehn Streckenposten geben wird. Dieser Teamleiter bildet eine wichtige Schnittstelle zum jeweiligen WP-Leiter. Gerade bei langen Wertungsprüfungen sehen wir darin eine gute Möglichkeit, die Kommunikationswege zu verbessern.“