FIA WEC
16.11.2017
Finaler Renneinsatz des Porsche 919 Hybrid in Bahrain
Das Antriebskonzept aus dem effizientesten Verbrennungsmotor, den Porsche bislang gebaut hat, und zwei verschiedenen Energierückgewinnungssystemen war ebenso eigenständig wie mutig. Trotz einer schwierigen Testphase folgten bereits 2014 die ersten Erfolge: vier Pole-Positions und der erste Rennsieg. Von 2015 bis einschließlich 2017 gewann das Porsche LMP Team dann alles, was es zu gewinnen gab: drei Le-Mans-Gesamtsiege in Folge, drei Weltmeistertitel in der Herstellerwertung und drei WM-Titel für die Fahrer des Porsche 919 Hybrid.
Der Einstieg von Porsche in die LMP1-Kategorie zur Saison 2014 fußt auf der von Ferry Porsche proklamierten Philosophie: Er etablierte den Motorsport als Härtetest und Entwicklungsbeschleuniger für zukünftige Straßensportwagen. Das ab 2014 geltende LMP1-Reglement war eine ungeheure Herausforderung. Es verpflichtete Hersteller zur Hybridisierung, bestrafte gleichzeitig eine hohe Energierückgewinnung mit limitiertem Kraftstoffverbrauch und ließ parallel große Freiheiten bei der Umsetzung. Die Porsche-Ingenieure orientierten sich nicht an Bestehendem, sondern nutzen ihre Chance, von null auf einen revolutionären Rennwagen zu kreieren.
Der Porsche 919 Hybrid entwickelt rund 900 PS (662 kW) Systemleistung aus einem kompakten Zweiliter-V4-Turbobenziner (knapp 500 PS/368 kW) in Kombination mit zwei verschiedenen Rückgewinnungssystemen – Bremsenergie von der Vorderachse und Abgasenergie. Während der Verbrenner die Hinterachse antreibt, wirkt beim Boosten ein E-Motor mit über 400 PS (294 kW) an der Vorderachse und sorgt für Allradantrieb beim Beschleunigen. Gleichzeitig sammelt der 919 unter Last wieder Energie aus dem Abgastrakt ein, die sonst ungenutzt entweichen würde. Als Zwischenspeicher für den aus Brems- und Abgasenergie gewonnenen elektrischen Strom dient eine flüssigkeitsgekühlte Lithium-Ionen-Batterie. Die Know-how-Ausbeute der 919-Entwicklung für die Hybrid- und E-Mobilität von zukünftigen Serienfahrzeugen ist unbezahlbar. Bei der Verbrennungseffizienz, Batterietechnologie, Hochvolttechnik und Energierückgewinnung stieß Porsche in bis dahin ungekannte Dimensionen vor.
Fritz Enzinger, Leiter LMP1, erinnert sich: „Wir haben damals quasi aus dem Stand einen hochkomplexen Hybrid-Rennwagen auf Formel-1-Niveau entwickelt. Die Anfangsphase war extrem fordernd, zumal wir parallel die Infrastruktur inklusive neuer Gebäude schaffen und ein Team mit letztlich 260 exzellenten Leuten zusammenstellen mussten. Die Zeit war knapp, und Le Mans 2014 kam viel zu früh für uns. Aber danach konnten wir maximale Erfolge einfahren. Ich bin unglaublich stolz auf dieses Team und wünsche uns allen, dass wir die Ära des Porsche 919 Hybrid in Bahrain mit einem guten Rennen abschließen können.“
Teamchef Andreas Seidl: „Ich bin sehr erleichtert, dass der Druck der erneuten Titelverteidigung von Hersteller- und Fahrer-WM vor dem letzten Renneinsatz gewichen ist. Die Emotionalität des Abschieds unter der Belastung des Titelkampfs auszuhalten, wäre für die Mannschaft besonders hart geworden. In der Saison 2017 hatten wir in Toyota einen Konkurrenten, der 2016 noch einmal ein komplett neues Fahrzeug aufgelegt hat. Bei uns ging es hingegen um Weiterentwicklungen auf bestehender Basis. Dass wir dennoch sowohl Le Mans als auch beide WM-Titel geholt haben, ist überragenden fahrerischen Leistungen zu verdanken, vielen Detailentwicklungen und der operativen Stärke des Teams. Jetzt heißt es in Bahrain noch einmal volle Konzentration! Denn wir wollen die Bühne nicht nur als Weltmeister, sondern auch mit einer für uns alle befriedigenden Leistung verlassen. Auch beim letzten Rennen gilt: Sechs Stunden Standfestigkeit und fehlerfreie Arbeit sind eine große Herausforderung für Mensch und Material. Sicherheit bleibt oberstes Gebot. Erst beim Fallen der Zielflagge dürfen wir uns auch wehmütigen Gedanken hingeben.“
Bei seinem letzten Sechsstundenrennen wird der Porsche 919 Hybrid in Bahrain am Samstag, den 18. November 2017, noch einmal in die Nacht eintauchen. Start ist um 16:00 Uhr Ortszeit (14:00 Uhr MEZ). Bereits um 16:46 Uhr geht die Sonne über der Wüste dann schon wieder unter. Anders als in Le Mans fahren die Piloten in Bahrain allerdings nicht nur im Tunnel des Scheinwerferlichts. 5000 Flutlicht-Scheinwerfer erhellen den Formel-1-Kurs und ermöglichen damit auch eine weltweite Online- und TV-Übertragung bis zur letzten Runde.