Mit dem vierten Saisonlauf unterstreicht die Rallye-Weltmeisterschaft WRC (World Rally Championship) in diesem Jahr ihre Vielseitigkeit: Nach den zum Teil vereisten Wertungsprüfungen der Rallye Monte Carlo in den französischen Seealpen, den Schneepisten Schwedens und dem harten Schotter in den Höhenlagen Mexikos warten nun die schier endlos gewundenen Asphaltbänder Korsikas auf die Drifter-Weltelite. Dem Auftaktsieg des Ford Fiesta WRC bei der "Monte" folgten weitere Podiumsplatzierungen in Skandinavien und Mittelamerika. Bislang konnten drei der vier in der WRC eingeschriebenen Hersteller einen WM-Lauf gewinnen - auch dies ein Zeichen für die hohe Konkurrenzdichte und Spannung, die dieses Championat in diesem Jahr auszeichnet.
"Wir blicken der neuen Aufgabe optimistisch entgegen", betont Teamchef und M-Sport-Besitzer Malcolm Wilson. "Bereits bei der Rallye Monte Carlo haben wir unsere Fiesta WRC im Asphalt-Trimm ins Rennen geschickt, und alle drei Autos konnten Wertungsprüfungs-Bestzeiten setzen. Seither haben wir unsere Ford und die Abstimmungen weiter verfeinert. Unser Ziel ist es, erneut ein Topresultat abzuliefern - auch wenn wir wissen, wie schwierig dies auf Korsika sein kann."
Die "Tour de Corse" gehört zu den Klassikern im WM-Kalender und gilt als Fall für Spezialisten. Die scheinbar unendliche Abfolge von schnellen Kurven und Spitzkehren stellt in Verbindung mit zumeist engen Bergstraßen, die einerseits von massiven Felswänden und andererseits von der steil abfallenden Küste begrenzt werden, speziell die Rallye-Beifahrer vor eine massive Herausforderung. Nirgendwo sonst fertigen sie so ausführliche Aufschriebe an wie auf Korsika, nirgendwo sonst führt selbst ein kleiner Fehler so schnell zum Ausfall.
"Eine Seite pro Kurve...", witzelt Ogier-Beifahrer Julien Ingrassia über den Umfang, den sein Aufschrieb für den vierten Saisonlauf erreicht. "Ohne Spaß: Ganz so viel ist es nicht, aber immer noch eine ganze Menge. Sicher hängt es mit der Detailverliebtheit zusammen, mit der die einzelnen Crews ihr ,Gebetbuch' erstellen. Für die 53,78 Kilometer lange Wertungsprüfung 9 kommen bei uns immerhin 94 Seiten zusammen. Damit all diese Informationen beim Fahrer auch ankommen, spielt der Rhythmus eine große Rolle, mit der ich ihm die Angaben im Wettbewerb vorlese. Am einfachsten lässt sich dies wie ein Musikstück erklären. Es darf keine Note fehlen und die Melodie muss stimmen, auch wenn es klingt, als würde es zu schnell abgespielt..."
Sébastien Ogier / Julien Ingrassia (Ford Fiesta WRC, Startnummer 1); WM-Rang: 1
Rallye-Korsika-Starts: 3. Bestes Ergebnis: Platz 1 (2016) Sébastien Ogier und Julien Ingrassia haben ihr Korsika-Debüt bereits 2007 gegeben: als Besatzung des Vorauswagens. In diesem Jahr kehren sie zum vierten Mal als Teilnehmer zu diesem Asphaltklassiker zurück, den sie 2016 gewinnen konnten. Ein Ergebnis, dass die vierfachen Weltmeister gerne wiederholen würden."Nach der Rallye Mexiko konnten wir etwas durchatmen und das Berufliche mit dem Privaten vereinen. Es war schön, wieder etwas mehr Zeit mit der Familie und beim Skifahren zu verbringen", erklärt Ogier. "Jetzt sind wir bereit für die ,Tour de Corse'. Die Testfahrten liefen gut. Ich glaube, wir haben mit dem Fiesta WRC eine gute Abstimmung für diese doch sehr speziellen Asphaltprüfungen gefunden. Ich habe mich schon bei der ,Monte' in dem Ford sehr wohl gefühlt, doch die korsischen Straßen verlangen nochmal eine andere Herangehensweise. Wir haben viele verschiedene Abstimmungen für die Stoßdämpfer und das Mitteldifferenzial ausprobiert. Jetzt fühlen wir uns gut gerüstet. Die hohe Konkurrenzdichte wird sich meines Erachtens weiter fortsetzen, und auf Korsika war Gewinnen ohnehin noch nie einfach - auch wenn die Prüfungen zum großen Teil identisch sind mit jenen des Vorjahres."
Ott Tänak / Martin Järveoja (Ford Fiesta WRC, Startnummer 2); WM-Rang: 3
Rallye-Korsika-Starts: 2. Bestes Ergebnis: Platz 10 (2015 und 2016) Für die beiden Esten im Fiesta WRC stellt die Rallye Korsika die vermutlich schwierigste Aufgabe im gesamten Rallye-Kalender dar. Beifahrer Järveoja gibt sein Debüt bei diesem Asphaltklassiker, Ott Tänak wurde auf der Mittelmeerinsel bislang nicht vom Glück verfolgt. Trotzdem wollen sie ihren bärenstarken Start in die neue Saison mit einem Topergebnis bei der ,Tour de Corse' fortsetzen."Wir haben hart daran gearbeitet, uns zu verbessern, und fühlen uns jetzt bereit für unsere größte Herausforderung des Jahres", gibt sich Tänak zuversichtlich. "Bis dato hat es für mich auf Korsika noch nicht so richtig ,Klick' gemacht, aber dies galt zuvor auch für die Rallye Monte Carlo. Dort aber lief es für uns richtig gut. Wenn wir ruhig und konzentriert bleiben, ist alles möglich. Dann kann für uns ein positives Resultat in Reichweite liegen. Der Fiesta WRC fühlte sich bei der ,Monte' sehr gut an, seither haben wir viel auf Asphalt getestet - fast 500 Prüfungskilometer. Das zahlt sich hoffentlich aus, auch wenn die engen Strecken auf Korsika keinen Fehler verzeihen."
Auf Korsika gehen 29 Rallye-Fahrzeuge auf Ford Fiesta-Basis an den Start
Die Rallye Korsika erlebt einmal mehr eine wahre Flut von Rallye-Fahrzeugen, die auf dem in Köln produzierten Ford Fiesta basieren. Neben den beiden Michelin-bereiften World Rallye Cars von Sébastien Ogier und Ott Tänak schickt M-Sport einen weiteren WRC für Elfyn Evans an den Start, der jedoch auf Pneus von DMack rollt. Hinzu kommen zwei Fiesta World Rally Cars erster Generation für die Franzosen Armando Pereira/Remi Tutelaire und Alain Vauthier/Stevie Nollet.In der hart umkämpften WRC 2-Weltmeisterschaft treten gleich acht Fiesta R5 an, darunter die beiden Turbo-Allradler der M-Sport-Besatzungen Eric Camilli/Benjamin Veillas (F/F) und Teemu Sunninen/Mikko Markkula (SF/SF). Dem schließt sich eine kleine Heerschar von insgesamt 14 (!) Fiesta R2T-Modellen an, die zumeist in der Junior-Weltmeisterschaft um Ruhm und Ehre kämpfen und von einem 1,0 Liter großen EcoBoost-Dreizylinder angetrieben werden.
Dort ist auch der Deutsche Julius Tannert (26) mit seinem österreichischen Beifahrer Jürgen Heigl vertreten. Der Förderpilot der ADAC Stiftung Sport hat sich am vergangenen Wochenende bei der Rallye Erzgebirge auf sein WM-Debüt vorbereitet - mit Erfolg: Der Zwickauer pilotierte seinen gut 180 PS starken Fronttriebler sogleich als Zweiter über die Zielrampe. "Ein wirklich perfekter Test. Es war das erste Mal im neuen Fahrzeug und mit Jürgen an meiner Seite. Wir konnten einiges ausprobieren und den Ford Fiesta richtig kennenlernen. Wir fühlen uns jetzt gut vorbereitet für die Junior-WRC. Dass wir die Rallye auf dem zweiten Gesamtplatz beendet haben, freut mich natürlich besonders. So weit vorn war ich noch nie bei einer Rallye", zeigte sich Tannert zufrieden.