Beim Setup geht es im Motorsport darum, das Bestmögliche aus dem Fahrzeug herauszuholen. Das Auto wird an die jeweilige Umgebung, die Strecke und den Fahrer angepasst. Im Langstreckensport oder GT-Sport, wo sich die Fahrer das Cockpit teilen, wird dies besonders schwierig, da das Setup für beide Fahrer passen muss. Die Lösung ist meist ein Kompromiss für alle Beteiligten.
Sturz- und Spurwerte sind beides Einstellungen, die bereits vor dem Rennwochenende vorgenommen werden und nur im seltensten Fall während eines Wochenendes verändert werden. Manche Rennteams gehen sogar so weit, dass sie vorab Simulationen durchführen, um die idealen Werte herauszuarbeiten. Dabei werden Fahrzeugdaten gesammelt in ein Simulationsprogramm eingegeben, welches dann rund 5.000 Rennrunden abspult und die Durchschnittswerte ermittelt. Diese dienen als erste Referenz und Anhaltspunkte für die Ingenieure, jedoch nicht als absolut richtiges Ergebnis. Denn kleine Feinheiten wie Wetteränderungen oder Asphalt sowie der eigene Fahrstil des Fahrers kann das Simulationsprogramm nicht berücksichtigen.
Im Motorsport zeigen die Räder zueinander
Spricht der Fachmann von „Spur“ meint er damit, wie die Räder zueinander in Fahrtrichtung stehen. Wenn man die Räder der Vorderachse von oben herab betrachten würde, geht es genauer darum: Zeigen die Räder zueinander oder voneinander weg? Im Normalfall stehen die Räder gerade und rollen einfach vorwärts. Also „Spur Null“ – die Räder stehen exakt parallel zueinander in Fahrtrichtung. Durch das Verstellen der Spur wird auch das Verhalten der Räder verändert. Stehen die Reifen zueinander, spricht man von „Vorspur“. Im umgedrehten Fall, wenn die Reifen voneinander wegzeigen, nennt man dies „Nachspur“.Die englischen Fachbegriffe machen das Ganze anschaulicher: Stellt man sich gerade hin und betrachtet seine eigenen Füße, zeigen die Zehen nach vorne. Dreht man die Füße jetzt vorne zueinander, zeigen die Zehen nach innen, also „Toe in“ – vorne zusammen, Vorspur. Zeigen die Zehen voneinander weg, also „Toe out“, spricht man von Nachspur. Vorspur heißt, dass die Räder beim Vorwärtsfahren versuchen, aufeinander zuzufahren. Während das linke Rad nach rechts will, steuert das rechte Rad die linke Seite an. Da aber beide Reifen im selben Verhältnis stehen, heben sich die Kräfte wiederum auf und das Fahrzeug rollt geradeaus.
Grundsätzlich wird im Motorsport mit einer leichten Vorspur gefahren. Das heißt die Räder zeigen zueinander. Das passiert allerdings nur im Millimeter-Bereich und ist mit dem bloßen Auge nur schwer erkennbar. Stehen die Räder gerade, rollen sie einfach. Stehen sie leicht zueinander, schiebt der Reifen. Er schleift also leicht über den Asphalt. Würden die Reifen in einer relativen hohen Vorspur stehen, also sehr weit auseinander, wäre das, als wenn man einen Reifen direkt über den Asphalt schleifen würde: Außer quietschen und blockieren wäre nicht viel zu sehen. Die Vorspur stabilisiert den Geradeauslauf durch eine Verspannung der Reifenaufstandsflächen, was bedeutet, dass das Einlenken in den Kurven leichter wird und das Heck weniger stark ausbricht. Je größer die Vorspur, desto mehr Reibung herrscht zwischen Reifen und Asphalt. Reibung verursacht wiederum Wärme: Die Reifen heizen sich also auf.
Wie verstellt der Mechaniker die Spur? Über die Spurstangen wird die Spur verändert. Die Lenkstange ist an der Vorderachse mit der Spurstange verbunden. An den sogenannten Kohlköpfen, die links und rechts der Spurstange sind, ermöglichen Gewinde es, die Räder zueinander oder voneinander wegzuziehen.
Negativer Sturz: bedeutet mehr Grip aber auch höheren Reifenverschleiß
Die Räder können aber nicht nur im Verhältnis zueinander, sondern auch im Verhältnis zur Strecke verändert werden. Der Radsturz beschreibt die Neigung des Reifens im Vergleich zur Senkrechten auf den Asphalt und wird in Winkeln angegeben. Wenn der Reifen nach innen geneigt ist, wird das als „negativer Sturz“ bezeichnet und ist im Motorsport häufiger im Gebrauch. Dabei hebt sich der äußere Rand des Reifens leicht ab und die Hauptbelastung liegt auf der Innenseite. Negativer Sturz bedeutet, dass mehr Grip in den Kurven herrscht und im Idealfall kann der Fahrer damit sicherer und schneller durch die Kurven fahren. Je negativer der Sturz jedoch eingestellt ist, desto weniger Kontakt hat der Reifen mit der Strecke und wird deutlich schneller abgenutzt.Redet der Fachmann von „mehr Sturz“ meint er damit negativen Sturz. Auch hier sind es nur wenige Grad, die verstellt werden und nur durch das Vermessen ersichtlich sind. Wenn es um das Straßenfahrzeug geht, besagt eine Faustregel, dass man nicht mehr als vier Grad fahren sollte. Der Verschleiß der Reifen wäre zu enorm und nach wenigen hundert Kilometern müsste man bereits Reifen wechseln. Im Rennsport hingegen ist es gar nicht mal so unüblich, mit doppelt so hohem Sturz zu fahren. Es wird auch beim Sturz wieder deutlich, dass zwar auf der einen Seite eine Verbesserung erlangt werden kann, auf der anderen Seite jedoch wieder mit anderen Folgen zu rechnen ist, die es durch andere Setupeinstellungen zu kompensieren gilt.
Der Radsturz wird im GT3-Sport durch „Sturzplättchen“ verstellt. Die Hersteller im Kundensport bieten dabei meist ein kleines Sortiment an verschiedenen Plättchen an, die sich durch verschiedene Dicken unterscheiden und miteinander kombiniert werden. Je mehr Plättchen oder je höher die Gesamt-Dicke ist, desto negativer ist der Sturz.
Das optimale Setup gibt es nicht
Mit Sturz und Spur können bereits kleine Setupveränderungen durchgeführt werden. Diese stehen aber immer im Verhältnis zu den anderen Fahrzeugkomponenten. Nur alleine die Spur zu verändern, bewirkt meist noch keine große Veränderung. Denn es gibt andere Parameter, die das Verstellen beeinflussen: Die Reifenmischung, der Asphalt, der Fahrer, die Temperaturen und viele weitere. Ein Setup besteht aus vielen einzelnen Puzzle-Teilen, die möglichst vollständig und in richtiger Reihenfolge zusammengesetzt werden wollen. Jede Verstellung einer Fahrzeugkomponente kann aber auch wieder negative Folgen für ein anderes Teil haben. Im Grunde geht es darum, den Kompromiss zu finden. Abgesehen davon liegt es auch am Fahrer, wie er mit dem Rennfahrzeug zurechtkommt und wie das Fahrzeug auf sein Fahrverhalten abgestimmt werden muss. Der Motorsport ist ein Zusammenspiel aus Mensch und Maschine. Der Fahrzeugingenieur vermittelt zwischen beiden Parteien und versucht, den bestmöglichen Kompromiss dabei herauszuarbeiten und über das Setup einzustellen – angefangen bei Sturz und Spur bis hin zu vielen weiteren Veränderungen wie Reifendruck oder Heckflügel.