VLN
18.08.2018
Marvin Dienst und Carrie Schreiner im Doppelinterview
Im Doppelinterview mit VLN.de sprachen der 21-jährige Dienst und die 19-jährige Schreiner über ihre bisherige Motorsport-Laufbahn und die Erlebnisse auf der legendären Nordschleife und bei der VLN.
Marvin, du warst 2015 Meister in der deutschen Formel 4. Du hattest im selben Jahr drei Gaststarts in Hockenheim in der europäischen Formel-3-Meisterschaft. Warum bist du 2016 in den GT-Sport gewechselt?
Finanziell war es mir nicht möglich, die Formel-Schiene weiter zu verfolgen. Ich hatte vorher aber auch schon GT-Fahrzeuge getestet und habe sehr schnell Spaß daran gefunden. Dann habe ich diesen Weg eingeschlagen.
Carrie, du bist 2017 vom Formel-Sport in den GT-Sport gewechselt. Du startest mit einem Lamborghini Huracán in der asiatischen Lamborghini Super Trofeo. Das klingt spannend…
Ich bekam ein gutes Angebot von Lamborghini und dann habe ich den Schritt gewagt. Ich hatte mich darauf gefreut in anderen Ländern und Kulturen Rennen zu fahren. Und ich war froh, dass ich ein bisschen weg vom Schuss war und mich still und heimlich entwickeln konnte. Ich habe dort viel gelernt. Der größte Unterschied war das Wetter. Die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch und es ist immer sehr heiß. Das war hart am Anfang. In Japan gab es viele ältere Werksfahrer, die man hier gar nicht kennt, aber die sind da zu Hause und die verblasen dich dann ordentlich. Da guckt man erstmal und stellt fest, wie viele gute Rennfahrer es eigentlich auf der ganzen Welt gibt.
Wenn ihr die Formel-Fahrzeuge mit den GT-Boliden vergleicht. Was ist anders? Was gefällt Euch besonders?
Marvin: Die Formel-Fahrzeuge sind extrem leicht und können extrem schnell auf der Bremse verzögert werden. Der Kurvenspeed ist sehr hoch durch die Aerodynamik. Die GT-Boliden sind deutlich straßennäher. Im Verhältnis zur Formel 4 hast du doppelt so viel Leistung. Durch das höhere Gewicht kannst du enger fighten. Du hast die Reifen nicht offen stehen, da kannst du dich auch mal berühren. Es kann zwar auch zu Schäden führen, aber es ist nicht ganz so krass wie im Formel-Bereich.
Carrie: Ein GT-Auto hat viel mehr Leistung und man trägt viel mehr Gewicht mit sich rum. Das kommt auch meinem sehr ruhigen Fahrstil mehr entgegen. Ich bin vielleicht nicht immer so extrem am Limit wie andere, aber dafür mache ich in der Regel keine Fehler. Es war immer schon mein Ziel ein Auto mit Dach zu fahren. Es ist einfach unrealistisch von der Formel 1 zu träumen, wenn man nicht ein unendliches Budget hat. Deswegen habe ich mich dafür entschieden. Das ganze Umfeld gefällt mir auch besser, die vielen verschiedenen Marken und die professionellen Fahrer, die dabei sind.
Marvin, deine Vorbilder sind Alex Zanardi und Sebastian Vettel. Warum?
Sebastian kommt aus meinem Nachbarort. Er aus Heppenheim, ich aus Lampertheim. Wir sind nur 15 Minuten voneinander entfernt aufgewachsen. An Alex bewundere ich seinen Willen. Er hat beide Beine verloren und trotzdem nie den Glauben an sich selbst. Er hat weiter gemacht in dem Sport, den er liebt. Das finde ich unfassbar. Und dass er auch noch in anderen Sportarten erfolgreich ist, das ist heldenhaft.
Wie sieht es bei dir aus Carrie?
Ich muss ehrlich sagen, ich habe kein besonderes Vorbild, das war früher mal so. Ich will mein eigenes Ding schaffen. Mein Traum ist es Werksfahrer zu werden, ohne jemandem nachzueifern. Persönlich ist mein Vater mein Vorbild.
Marvin, du hast dich beim Gewinn des Formel-4-Titels 2015 unter anderem gegen Joel Eriksson durchgesetzt. Der Schwede ist nun als Rookie in der DTM. Ist das auch für dich ein Ziel?
Ja, auf jeden Fall. Als ich 2016 im GT Masters gefahren bin, war es mein Ziel in Le Mans zu fahren. 2017 war ich dann in Le Mans. Das war ein großes Highlight. Das steht sicher bei vielen Fahrern auf der Bucket-List. Es war gleichzeitig mein erstes 24-Stunden-Rennen. Aber über meinen Werdegang mit WEC, ELMS und so weiter kann ich mich auch nicht beklagen. Es gibt viele tolle Serien, wenn du ihn fragst, was er gerne mal machen würde, dann steht bei ihm bestimmt auch Le Mans auf der Liste. Genauso wie bei mir die DTM auf der Liste steht. Aber, das ist schwierig, man kann das nicht vorhersehen oder planen.
Marvin, du hast jetzt bei VLN3 und VLN4 deine DMSB Permit Nordschleife gemacht. Was fasziniert dich an dem legendären Eifelkurs?
Die B-Permit Nordschleife habe ich schon vor ein paar Jahren bei der Deutsche Post Speed Academy gemacht. Da sind wir während eines Workshops mit einem BMW zwei Tage lang auf die Nordschleife gegangen. Wir sind auch 24-Stunden-Fahrradrennen dort gefahren, das war sehr anstrengend. Auf jeden Fall anstrengender als im Auto. Ich wollte das die ganze Zeit schon machen. Mir fehlte aber immer die Zeit. An der Nordschleife führt kein Weg vorbei. Sie hat mich definitiv gepackt. Das macht einfach unheimlich viel Spaß auf dieser Rennstrecke. Mega, was da abgeht. Du kannst die Nordschleife mit keiner anderen Strecke der Welt vergleichen. Das ist unumstritten. Ich freue mich darauf, sie mit schnelleren Fahrzeugen in Angriff nehmen zu können.
Carrie: Die Nordschleife ist einfach cool, die unglaubliche Atmosphäre, die lange Geschichte des Kurses. Du kannst sie mit keiner anderen Strecke der Welt vergleichen. Ich habe letztes Jahr dort ein paar Track-Days gemacht. Du kommst dorthin und siehst so viele begeisterte Leute, egal mit welchem Auto sie in der grünen Hölle unterwegs sind.
Du bist einmal bei der VLN mit einem BMW M235i in der Cup5 und einmal zusammen mit Carrie im Porsche Cayman GT4 in der V5 gestartet. Warum?
Ich wollte verschiedene Fahrzeug-Konzepte haben, um aus diesen beiden Rennen möglichst viel mitnehmen zu können und viel zu lernen in kurzer Zeit. Das war dabei der Hintergedanke.
Wie kam euer gemeinsamer Start bei VLN4 für GetSpeed zustande?
Carrie und ich kennen uns ja schon ein paar Tage. Wir waren Teamkollegen in der Formel 4. Letztes Jahr habe ich sie zufällig in Shanghai bei der Blancpain Serie getroffen. Carrie fährt dieses Jahr mit einem Audi R8 LMS GT3 im DMV GTC und DUNLOP 60 (beim Team HCB-Rutronik Racing, Anm.d.Red.) und ich mit Mercedes ebenso. Nachdem ich VLN3 gefahren war, haben wir uns kurz unterhalten. Sie sagte, dass sie auch die Permit machen will, und sie war mit GetSpeed schon im Gespräch. Und dann haben wir uns verständigt, dass wir bei VLN4 gemeinsame Sache machen.
Marvin, wie würdest du Carrie als Fahrerin einschätzen?
Als Frau ist es generell schwierig im Motorsport zu bestehen. Es ist einfach ein sehr hartes Umfeld. Sie macht sich ganz gut, glaube ich. Sie hat viel gelernt in Asien. Ich bin überrascht, sie kommt extrem gut mit den GT-Fahrzeugen klar. In der DMV ist sie mittlerweile echt schnell. Jetzt muss sie dranbleiben. Was ihr anscheinend noch ein bisschen fehlt, ist die Erfahrung auf den Strecken in Europa. Mal schauen, wo die Reise hingeht.
Wie ist euer Eindruck von der VLN?
Marvin: Ich fand es cool. Wenn du aus der WEC kommst, wo alles durchgeplant ist, bist du im ersten Moment überrascht. Am Freitag zwischen den Tests rannten gefühlt 15.000 Menschen in der Boxengasse beim Freien Training rum. Aber, es funktioniert. Für die Fans ist es toll, der Motorsport ist greifbar. Du sitzt nicht irgendwo auf der Tribüne und beobachtest alles aus der Ferne. Du bist hautnah an den Fahrern und den Autos dran. Das habe ich in der Form bisher nur in Le Mans bei der Drivers Parade erlebt.
Carrie: Das ist eine sehr interessante Serie. Die zahlreichen verschiedenen Autos und Marken. Du hast immer viel Verkehr auf der Strecke. Das war für mich eine neue, andere Herausforderung mit den großen und kleinen Fahrzeugen. Da muss man seine Augen überall haben, sonst kann es schnell mal knallen. (Quelle: VLN)