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24h Daytona
08.01.2019

Alessandro Zanardi: „Ich kann es kaum erwarten, in das 24h-Rennen zu starten“

Die Generalprobe ist absolviert, nun dauert es nicht mehr lange, bis Alessandro Zanardis (IT) nächste große Herausforderung beginnt: das 24-Stunden-Rennen von Daytona (US) am 26. und 27. Januar. Zanardi wird sich beim Saisonauftakt der IMSA WeatherTech SportsCar Championship (IMSA-Serie) das Cockpit des #24 BMW M8 GTE mit John Edwards (US), Jesse Krohn (FI) und Chaz Mostert (AU) teilen. Das Fahrzeug ist mit einem speziellen Bremshebel ausgestattet, der es Zanardi ermöglicht, per Hand zu bremsen.

Am vergangenen Wochenende stand für Zanardi, BMW M Motorsport und das BMW Team RLL der letzte Test vor dem Rennen auf dem Programm, der offizielle Pre-Event-Test „Roar“. Dabei hatte Zanardi noch einmal die Gelegenheit, sich weiter mit dem BMW M8 GTE, dem Team und seinen Teamkollegen vertraut zu machen. Im Interview spricht der BMW Werksfahrer und BMW Markenbotschafter unter anderem über die Bedeutung des 24-Stunden-Rennens von Daytona, den Empfang durch die US-amerikanischen Fans, seine Eindrücke in der heißen Phase der Vorbereitung und die Herausforderungen im Rennen selbst.

Alessandro, Daytona ist nicht einfach nur ein Rennen, es ist eines der wichtigsten 24-Stunden-Rennen der Welt. Welche Bedeutung hat Daytona für Sie?
Alessandro Zanardi: „Als ich in den USA Rennen gefahren bin, haben viele meiner Kollegen und Rivalen am 24-Stunden-Rennen von Daytona teilgenommen. Denn weil es so früh im Jahr ist, gab es keine Überschneidungen mit dem Terminkalender der Indycar-Serie. Leider hatte ich selbst, aus welchen Gründen auch immer, nie die Gelegenheit, in Daytona zu fahren. Doch ich habe immer gehört, wie meine Kollegen von diesem Event geschwärmt haben, wie großartig es ist, wie begeistert sie sind und was sie darüber sagen. Das hat mich sehr neugierig gemacht, und schon vor langer, langer Zeit habe ich zu mir selbst gesagt: Irgendwann, früher oder später, möchte ich in Daytona sein. Nun habe ich endlich die Chance, nicht nur ein Teil davon zu sein, sondern dort mit einem sehr konkurrenzfähigen Auto anzutreten und BMW als Fahrer und als Markenbotschafter so gut es mir möglich ist zu repräsentieren. Das ist einfach fantastisch. Nun kann ich es kaum erwarten, in das 24-Stunden-Rennwochenende zu starten.“

Am Wochenende haben Sie und das BMW Team RLL die Generalprobe für das 24-Stunden-Rennen absolviert, den „Roar“. Sind Sie gut vorbereitet?
„Man hat nie das Gefühl, dass man optimal vorbereitet ist, selbst wenn das Rennen beginnt und man auf der Pole-Position steht. Der ‚Roar' war ein sehr wichtiger Test, aber man weiß nicht, wie es dann beim Rennen aussieht, wenn alle wirklich das volle Potenzial ihrer Autos zeigen. Doch das gehört dazu. Man versucht einfach sein Bestes und analysiert alle Daten, die man gesammelt hat. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir einen guten Job gemacht haben.“

Sie sind im Fahrerlager und von den US-Fans sehr herzlich empfangen worden. Steigert das Ihre Vorfreude auf das Rennwochenende noch mehr?
„Ja, und das wäre noch gelinde ausgedrückt. Ich wusste natürlich, dass es etwas Besonderes wird, aber ganz offen gesagt hatte ich nicht damit gerechnet, dass es so besonders sein würde. Wow! Beim Rennen wird es wahrscheinlich noch überwältigender. Es ist schon beeindruckend, wie die Fans die vorbeifahrenden Autos bejubeln – aber immer, wenn ich vorbeigekommen bin, hatte ich das Gefühl, dass die Begeisterung, aus welchen Gründen auch immer, noch größer wird. Die Leute haben sich aufrichtig gefreut, mich zu sehen. Und all diejenigen, die die Gelegenheit hatten, mich zu treffen und mit mir zu sprechen, haben aus ihrer Freude keinen Hehl gemacht. Sie waren sehr herzlich zu mir, und gleichzeitig waren ihre Kommentare ermutigend und respektvoll. Die Unterstützung, die ich erfahren habe, hat mich sehr berührt.“

Beim „Roar“ war das gesamte 24-Stunden-Team zusammen an der Strecke. Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihren Teamkollegen?
„Großartig. Diese Jungs sind grandios. Jesse, Chaz und John sind sehr talentierte und professionelle Fahrer. Es ist fantastisch, aber auch sehr hilfreich, in einem solchen Team zu sein. Denn es ist ein großer Vorteil, solche Teamkollegen zu haben. Auf der anderen Seite ist es unvermeidbar, dass man auch einen gewissen Druck spürt. Denn man möchte von der Performance her natürlich auf ihrem Niveau sein. Doch zusätzlich zu meinen persönlichen Problemen, meinem Alter und so weiter kommt die Tatsache, wie gut sie das Auto kennen. Ich werde mein Bestes versuchen, aber bisher läuft es ganz gut. Ich liege nicht allzu weit zurück.“

Und wie ist die Zusammenarbeit mit dem BMW Team RLL?
„Jedes einzelne Teammitglied, angefangen von den BMW M Motorsport Jungs, die zur Unterstützung aus München gekommen sind, und den Jungs, die hier leben und in Vollzeit ein Teil des BMW Team RLL sind, ist höchst professionell. Gleichzeit spürt man aber auch bei jedem eine große Begeisterung. Sie alle haben großen Spaß daran, hier zu sein, sie arbeiten mit großer Hingabe, und man sieht ihre Leidenschaft für das, was sie tun. Sie möchten alles ihnen Mögliche tun, um das Glück auf unsere Seite zu holen. Denn letzten Endes ist es immer noch ein Rennen, sogar ein 24-Stunden-Rennen. Es gibt eine Menge Dinge, die da schiefgehen könnten, und man kann sie nur bis zu einem gewissen Grad kontrollieren.“

Hat sich Ihr neues Bremssystem mit dem Hebel im BMW M8 GTE bewährt? Profitieren Sie aus körperlicher Sicht davon?
„Aus körperlicher Sicht ist das gar kein Vergleich. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht im Vergleich zu dem, wie ich zuvor gefahren bin. Also ja, es hilft mir wesentlich mehr als wir erwartet hatten, als wir begonnen haben, Lösungen zu erarbeiten und in diese Richtung zu gehen. Aus dieser Sicht ist es zu 100 Prozent ein Erfolg. Doch was das angeht, wie ich damit umgehe, wie ich agieren und was ich machen muss, bin ich noch ein Schüler. Und ich hoffe, dass ich noch mehr dazu lerne. Doch ich werde 24 Stunden Zeit haben, durch meine mentalen Daten zu gehen und zu versuchen, die richtige Technik zu entwickeln.“

Was wird während des 24-Stunden-Rennens die größte Herausforderung sein?
„Sich aus allem Ärger herauszuhalten. Denn ich habe bereits beim ‚Roar‘ gesehen: Wenn von hinten ein schneller Prototyp kommt und man ein langsames GT-Fahrzeug hat, fühlt man sich wie ein Schinken in einem Sandwich. Und man möchte nicht verschluckt werden. Es ist also nicht so einfach, sich aus allem Ärger herauszuhalten.“

Wenn am Sonntag, dem 27. Januar, die Zielflagge geschwenkt wird – wann würden Sie sagen, dass Sie zufrieden sind?
„Nun, ich werde nicht vollkommen zufrieden sein, denn wenn es vorbei ist, ist es vorbei. Selbst, falls wir das Rennen gewinnen sollten, bin ich sicher, dass ich es bedauern werde, dass dieses besondere und großartige Abenteuer zu Ende ist. Lassen Sie mich also nicht darüber nachdenken – lassen Sie es mich einfach genießen.“