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Rallye WM
06.10.2019

Armin Schwarz: „Rallye in Deutschland braucht wieder einen großen Namen”

Armin Schwarz gehört zu den erfolgreichsten deutschen Rallye-Piloten. 1987 und 1988 wurde er Deutscher Rallye-Meister. Danach fuhr er in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), u.a. für Toyota Team Europe. Bis 2005 bestritt er insgesamt 121 Rallyes in der Königsklasse des Rallyesports. Seinen größten Erfolg feierte er 1991 als Sieger der Rallye Spanien. Damit ist Schwarz der einzige Deutsche, dem nach Walter Röhrl ein Sieg bei einem Rallye-Weltmeisterschaftslauf gelang. Schwarz ist seit 1988 DSK-Mitglied und wurde bei der Mitgliederversammlung 2014 als Präsidiumsmitglied z.b.V. in das Entscheidungsgremium des DSK gewählt. 
Armin, deine WRC Profi-Karriere hast du ja eigentlich 2005 an den Nagel gehängt. Dennoch bist du immer noch sehr aktiv hinter dem Steuer. Was machst du genau?
„Für mich war es immer wichtig, auch nach meiner Profi-Karriere aktiv in der Rallye involviert zu sein. Die Autos ändern sich, die Schüler und die Herangehensweise ändern sich... Wenn du da nicht selbst regelmäßig im Auto sitzt, verlierst du den Praxisbezug. Da ich viele Coachings und Rallye-Trainings gebe, muss ich einfach wissen, was der letzte Stand der Dinge ist. Zudem mag ich den Wettbewerb, auch wenn es nur eine kleine Competition bei meinem Winter-Training in Lappland ist. Seit 2006 fahre ich in den USA Off-Road Rennen. Das hat nur bedingt mit Rallye zu tun, aber sehr wohl etwas mit Auto-Einstellung, Vorbereitung, Fahrzeugkontrolle. Und wenn es die Zeit zulässt, fahre ich VLN. Es ist mir einfach wichtig, im Thema zu bleiben.”
Was fasziniert dich an den Off-Road Rennen in den USA? 
„Die Baja Off-Road fahre ich seit 2006. Ich habe nach der WRC-Zeit etwas gesucht, wo ich ohne große Zwänge fahren konnte. Und gleich beim ersten Event hat mir die Atmosphäre sehr gut gefallen. So war es im europäischen Motorsportsport vor 20 Jahren. Der Fahrer macht dort noch vieles selbst. In Europa, gerade bei der Rundstrecke, hat der Fahrer für alles Unterstützung. Vom Material, über die PR bis hin zur Terminkoordinierung. Das ist für mich nur bedingt gut, denn dadurch weiß ein junger Fahrer gar nicht, was alles nötig ist, damit er im Auto sitzen kann. Selber einen Überblick zu haben, ist wichtig.”
Du bist auch hinter den Kulissen des Rallye-Geschehens in Deutschland sehr aktiv, zum Beispiel in der Nachwuchsförderung des DSK. Was machst du hier genau?
„Mir fiel auf, dass den deutschen Rallye-Fahrern sehr die Übung und Erfahrung fehlt, wenn es um das Fahren auf losem Untergrund ging. Deshalb habe ich zusammen mit dem DSK passende Terrains gesucht und ein erstes Programm für Schotter zusammengestellt. Das war 2013. Kurz darauf wollten einige Teilnehmer des Schotter-Trainings weitere Fahrkenntnisse erwerben oder bestimmte Fahrfehler beheben.  So entstand sozusagen als Weiterbildung das Performance-Training. Wir haben mittlerweile mehrere Terrains in ganz Deutschland, damit niemand eine zu lange Anreise hat. Das Interesse ist hoch für die drei bis vier Termine, die wir im Jahr anbieten.”
Welche Erfolge konnten mit dem DSK-Rallye-Programm bereits erzielt werden? 
„Die Trainings bauen aufeinander auf und sind auf jeden Fall ein guter Einstieg in die Rallye, egal, ob als Amateur oder für den Profibereich. Ich schaue mir die Teilnehmer genau an, fahre auf dem Beifahrersitz mit. Wenn ich dann erkenne, dass ein junger Fahrer ein besonderes Talent für den Rallye-Sport hat, nimmt der DSK ihn in seine Nachwuchsförderung auf. Diese Unterstützung ist nicht in erster Linie finanzieller Art, sondern der Fahrer profitiert hauptsächlich von meiner Rallye-Erfahrung sowie dem großen Netzwerk und Kontakten des DSK. Dies ist eine gute Grundlage, um im Motorsport Fuß zu fassen oder weiterzukommen. 
Roman Schwedt, der dieses Jahr in der Junior-Europameisterschaft fährt, ist ein gutes Beispiel, denn er war vor zwei Jahren im DSK-Fahrerkader. Dieses Jahr fördern wir Björn Sartorius in der Deutschen Rallyemeisterschaft, Jan Potthast im DMSB-Rallyecup oder Jan Eriksson im Schotter-Rallyecup. Die Rallyecups sind Breitensport-Aktivitäten, die dem DSK sehr wichtig sind. Oft sieht man in der Öffentlichkeit nur, dass der DSK junge Fahrer in der Deutschen Rallyemeisterschaft unterstützt, was allerdings nur ein Teil unserer Nachwuchs-Arbeit ist.”
Woran fehlt es dem Rallye-Sport, damit der mehr Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit erhält, auch über die DSK-Förderung hinaus? 
„Es fehlt ganz klar an einem großen Namen, mit dem die Jugend sich identifizieren kann und dem sie nacheifern möchte. Ein solcher Spitzensportler zieht fast automatisch mehr Aufmerksamkeit auf sich und somit den Rallye-Sport. Das gilt allerdings für den gesamten Motorsport. Nehmen wir zum Beispiel die Schumacher-Ära in Deutschland, wodurch die Formel 1 an riesiger Beliebtheit gewann. Heute, nur wenige Jahre später, schreibt man die Formel 1 fast schon wieder ab. Mit einem großen Namen erhöht sich das Interesse der Medien und der Öffentlichkeit, Nachwuchsfahrer haben es leichter, Sponsoren zu finden, wodurch sie den Sport finanzieren können. Ich hoffe, dass die Nachwuchsarbeit des DSK dazu beitragen kann, bald wieder ein solches Rallye-Talent hervorzubringen, der dem Sport als Ganzes wieder einen Schub gibt.”
Was könnte zusätzlich helfen, damit der Rallye-Sport wieder mehr beachtet wird? Sind die Hybrid-Programme der richtige Weg?
„Der Rallyesport war im Motorsport immer die Disziplin, mit der sich der Zuschauer am leichtesten identifizieren konnte, weil die Autos äußerlich den Straßenwagen am nächsten kommen.  Aber die Auto-Industrie hat zurzeit in Deutschland, und auch weltweit, einen schweren Stand. Das ist schade, denn es hängen nicht nur sehr viele Arbeitsplätze von ihr ab, sie verkauft sich auch ganz unter Wert. Hybrid-Programme können sicherlich helfen, sowohl die Hersteller als auch die Öffentlichkeit wieder für den Motorsport zu interessieren, sie sind aber auch nicht die endgültige Lösung. Wir leben ganz klar in einer Zeit des Umbruchs, in der die Hersteller weniger auf traditionellen Motorsport setzen und zum Teil „krampfhaft“ neue Wege suchen.”
Du betreibst seit Kurzem die Area 39 in der Nähe von Oschersleben. Was ist das genau? 
„Die Area 39 war ursprünglich ein Off-Road-Gelände, auf dem wir Rallye- und Schotterstrecken gebaut haben. Ein solches Terrain macht es einfacher, klassisches, dynamisches Rallye- und Schotterfahren in sicherem und abgesichertem Rahmen zu erlernen oder zu verbessern, denn es gibt immer weniger Test- und Übungsstrecken für die Rallye. Wir hoffen auch, so den Rallye-Sport mehr Menschen zugänglich und ihn somit in der breiten Öffentlichkeit sichtbarer zu machen. Aus diesem Grund laden wir zum Beispiel auch immer wieder die Medien zu unseren Veranstaltungen ein. Zudem verfügt die Area 39, als eine der wenigen in Deutschland, über eine BIMSCH-Genehmigung (Bundes-Immissionsschutz), erfüllt somit alle aktuellen Richtlinien.”
Was wünschst du dir für die Zukunft des deutschen, und internationalen, Rallye-Sports? 
„Mein Wunsch richtet sich an die Autoindustrie. Ich wünsche mir, dass die Autoindustrie sich wieder darauf besinnt, wie umweltschonend ihre Technik bereits ist, das auch nach außen kommuniziert, und dadurch wieder mehr Selbstvertrauen bekommt. Denn Mobilität, gerade auf dem Land, ist heutzutage wichtiger denn je. Aber Mobilität, die Spaß macht, muss auch ihre Berechtigung haben. Davon wird dann wiederum der Motorsport profitieren.”
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