Sonstiges
23.05.2020
Homestory Richard Lietz: Ein Lietz kommt selten allein
„Der Name Lietz ist durch die Geschäftstätigkeiten meines Großvaters, Vaters und Onkels berühmt und vielleicht auch berüchtigt. Ich habe damit herzlich wenig zu tun“, lacht der 36-Jährige. „Mein Opa hat vor 70 Jahren zunächst mit einem Taxibetrieb und Landmaschinenhandel begonnen, daraus ist später ein Autohandel samt Werkstatt und Tankstelle entstanden sowie ein Fahrradgeschäft. Das alles gibt es noch heute. Die Geschäfte führen mein Onkel und meine zwei Cousins. Außerdem verdingt sich mein Vater in seinem ‚Unruhestand' dort“, scherzt der Sieger des GT-Endurance-Cup 2015 und zweimalige Champion der ehemaligen Le-Mans-Series.
Richard Lietz hat sich vor acht Jahren in seinem Heimatort ein Haus gekauft und dieses nach eigenen Vorstellungen renoviert. Im Erdgeschoss hat der 1,83-Meter-Athlet Geschäftsräume vermietet, in der oberen Etage befindet sich der Single-Haushalt des Schöngeists. „Ich bin ein großer Freund von schönen Dingen, vor allem von Design und architektonischen Ideen“, erklärt er. „Wenn ich nicht von der Familie im Sinne des Themas Automobil vorgeprägt worden und schließlich Rennfahrer geworden wäre, dann hätte ich ganz sicher einen Beruf im Bereich Immobilien oder Architektur gewählt. Ich mag interessante Gebäude sehr, stehe aber überhaupt nicht auf verspielte oder unnütze Designs. Wie heißt es doch? ‚Form follows function'. Design muss einen Mehrwert bringen. Für mich geht Schönheit immer auch mit Sinnhaftigkeit einher.“ Entsprechend dieser Vorstellungen hat sich Lietz in seinem Heimatdorf einen Rückzugsort mit klaren Formgebungen und simpler Gemütlichkeit geschaffen. „Eine große Fensterfront mag ich nicht deshalb, weil sie von außen so toll aussieht, sondern weil ich es genieße, wenn das Abendlicht in die Wohnung strahlt. Einfach herrlich“, argumentiert er. In diesen Worten manifestiert sich sehr deutlich die Bodenständigkeit des langjährigen Porsche-Werksfahrers.
Lietz ist extrem heimatverbunden. Im nur zehn Kilometer entfernten Waidhofen erblickte er am 17. Dezember 1983 das Licht der Welt. „Bei uns im Ort gab es kein Krankenhaus, deswegen fand die Entbindung dort statt. Ansonsten spielt sich immer alles bei uns zuhause ab“, erklärt er. Der Fahrradladen liegt direkt neben dem Haus, der Autohandel und die Tankstelle nur 200 Meter entfernt. „Ich brauche keine Großstadt. Es gibt für mich überhaupt keinen Grund, meine Heimat zu verlassen. Das Leben ist entspannt, man kennt sich und hier im Ort gilt das Motto: Ein Lietz kommt selten allein“, sagt der stets entspannte Österreicher. Bruder Philipp bewohnt das elterliche Haus, Schwester Elisabeth hat in Richard Lietz' neuer Zweitimmobilie eine Heimat gefunden. „Sie lebt auf meinem Bauernhof. Der ist rund zehn Kilometer von meinem Haus entfernt. Ich habe ihn vor rund fünf Jahren gekauft, weil es eine traumhafte Gelegenheit war.“
„Ich wollte immer schon einen Hof haben. Ich hatte sehr klare Vorstellungen. Die Gebäude sollten nicht zu jung, aber auch nicht zu alt und heruntergewirtschaftet sein. Es sollte ausreichend Garagen und ein Wohngebäude geben. Und – ganz wichtig: Ich schaue lieber vom Berg herunter als am Hang hinauf“, lacht er. Den Erwerb seiner Traumimmobilie hatte Lietz nach dem Kauf seines Hauses 2013 zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben, aber dann bot sich die große Chance. „Plötzlich gab es exakt das, was ich mir immer vorgestellt hatte, zu einem vernünftigen Preis. Und das auch noch in direkter Umgebung. Diese Chance konnte ich mir keinesfalls entgehen lassen. Allein schon, weil meine Spielzeuge ein schönes Zuhause haben sollen“, meint Lietz. „Spielzeuge“ – so nennt der PS-Freund seine fahrbaren Untersätze jeglicher Art: Renn- und Rallyefahrzeuge, Buggies, Geländewagen oder auch Motocross-Zweiräder. „Mein neuestes Spaßmobil ist eine 50-ccm-Crossmaschine“, frohlockt der erfahrene Pilot, der allerdings zum Erhalt seiner Fitness auch ausgiebige Läufe durch die heimische Landschaft unternimmt.
Sein großer Traum ist es, seinen Bauernhof irgendwann auszubauen. Eine Halle für Fahrzeuge gibt es schon, auch eine kleine Werkstatt, in der Richard mit Hilfe von Freunden historische Fahrzeuge restauriert. „Ich hätte gern eine zweite Halle, in der ich ein kleines Museum für meine Schätzchen einrichten möchte“, schmunzelt der Liebhaber von allem, was vier oder zwei Räder besitzt. „Der entsprechende Antrag ist eingereicht, es sieht auch ganz gut aus. Aber zu Zeiten der Corona-Pandemie ticken die Uhren ja bekanntlich etwas anders“, fügt er hinzu. „Also nutze ich die rennfreie Zeit wie viele andere Kollegen auch fürs Simracing. Um dort gut zu sein, braucht es enorm viel Training und perfektes Equipment. In beiden Punkten hinke ich etwas hinterher.“ Der heimische Simulator von Lietz ist im sogenannten „Männerraum“ untergebracht. Das Zimmer im Erdgeschoss seines Hauses beinhaltet neben Rennsitz, Monitoren, PC und Pedalen auch einen Kicker, einige Fitnessgeräte und mehrere Arcade-Spielautomaten. „Ich liebe die alten Sega-Rally-Geräte. Oft habe ich Freunde da, dann werfen wir jeder eine Münze in den Automaten und fahren unsere Rennen auf diese Old-School-Art. Das macht mir genauso viel Spaß wie modernes Simracing – vielleicht sogar ein bisschen mehr.“