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FIA Formel E
18.02.2022

Doppel-Interview mit Thomas Laudenbach und Pascal Wehrlein

Beim Mexico City E-Prix hat das TAG Heuer Porsche Formel-E-Team am 12. Februar einen grandiosen Doppelsieg seiner Porsche 99X Electric gefeiert. Nach dem ersten Porsche-Erfolg in der ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft sprechen Werksfahrer Pascal Wehrlein und Thomas Laudenbach, Leiter Porsche Motorsport, im Doppel-Interview über den Triumph im Autodromo Hermanos Rodriguez, die Bedeutung von Teamwork und die weiteren Ziele in dieser Saison.

Wie wichtig ist dieser Sieg für Porsche und was waren die Gründe für den starken Auftritt in Mexiko-Stadt?
Thomas Laudenbach: „Dieser Sieg ist zweifellos sehr wichtig. Der Druck war da, keine Frage. Es hat länger gedauert bis zu diesem ersten Erfolg, als wir uns das erhofft hatten. Insofern ist die Erleichterung groß, dass wir es jetzt geschafft haben. Wir haben in Mexiko nichts komplett anders gemacht als in den bisherigen Rennen, haben aber ein paar Mosaiksteinchen hinzugefügt, die den Unterschied ausmachten. Für uns geht es jetzt darum, das in dieser Saison immer wieder zu schaffen.“

Pascal Wehrlein: „Es ist ein mega-schönes Gefühl, endlich unseren ersten Sieg eingefahren zu haben, noch dazu mit einem für Formel-E-Verhältnisse riesigen Vorsprung von fast zehn Sekunden. Das ist eine Erleichterung für das ganze Team. Wir wissen jetzt, dass wir ganz vorne mitfahren können, deshalb sollte uns jetzt vieles leichter fallen im weiteren Saisonverlauf. Das war ein perfektes Wochenende, an dem alles gepasst hat. Das ganze Team kann sehr stolz auf sich sein.“

Wie hast du dieses Wochenende mit deinem ersten Sieg als Porsche-Werksfahrer im Porsche 99X Electric erlebt?
PW: „Wir waren von Anfang an voll konkurrenzfähig. Schon in den freien Trainings hatten wir eine gute Pace, das Auto hat sich super angefühlt. Dazu kam, dass wir von Session zu Session die richtigen Änderungen vorgenommen haben. Im Qualifying haben wir das optimal umgesetzt und uns mit der Pole-Position die bestmögliche Ausgangsposition gesichert. Das Rennen war einfach nur perfekt. Wir hatten einen guten Start, haben uns aus allen Schwierigkeiten herausgehalten und uns auch nicht verunsichern lassen, als uns zwei Autos überholt haben. Weil wir uns unsere Energie optimal eingeteilt haben, konnten wir in der zweiten Rennhälfte richtig Gas geben und den Doppelsieg einfahren.“

Wie schwierig war es denn, ruhig zu bleiben? Und wann war dir klar, dass eure Strategie aufgeht?
PW: „Als uns zwei Autos überholt haben, war ich schon etwas unsicher, was unsere Pace anging. Doch ich hatte ständigen Funkkontakt mit dem Team, das mir versicherte, dass wir mit der richtigen Strategie unterwegs sind. Als mir mein Ingenieur nach der Hälfte des Rennens sagte, dass wir mehr Energie hätten als die Autos um uns herum, war ich beruhigt. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich, dass wir schneller sind als unsere Konkurrenten. Ich musste dann nur noch die vor uns liegenden Autos überholen und den Sieg sicherstellen.“ 

Ist mit diesem Erfolg der Lernprozess für Porsche in der Formel E zu Ende und wird das jetzt so weitergehen mit den Siegen?
TL: „In einer so wettbewerbsintensiven Weltmeisterschaft ist der Lernprozess nie zu Ende. Die Dinge entwickeln sich immer weiter, und da müssen wir Schritt halten. Ich hoffe natürlich, dass wir uns jetzt in der Spitze etablieren können, was für mich bedeutet, dass wir in dieser Saison schon noch weitere Rennen gewinnen. Doch das ist nicht so leicht in diesem extrem engen Feld. Für mich ist wichtig, dass wir regelmäßig Punkte holen und um den Weltmeistertitel mitfahren. Eine Dominanz wird es jedoch nicht geben, von keinem Team. Nicht in dieser Serie.“

Ihr seht euch jetzt also nicht in der Favoritenrolle und spürt auch nicht mehr Druck im Titelrennen?
TL: „Nein. Wir haben gezeigt, was wir können. Dieser Doppelsieg bedeutet für das Team keinen größeren Druck. Für uns geht es jetzt darum, konsequent fortzusetzen, was wir auf den Weg gebracht haben. Wenn wir das schaffen, bin ich schon sehr zufrieden.“

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PW: „Ich freue mich riesig, dass wir nach drei Saisonrennen in so einer guten Position sind. Das bestätigt nur, dass das Team hervorragende Arbeit geleistet hat in der Vorbereitung und dass wir uns immer weiter verbessert haben. Wir sind alle topmotiviert. Jeder im Team gibt sein Bestes, uns in eine Situation zu bringen, wo wir am Ende der Saison um die Weltmeisterschaft kämpfen können. Das ist auch mein persönliches Ziel. Ich will so viele Rennen wie möglich gewinnen und Weltmeister werden. Ich werde alles geben, dieses Ziel zu erreichen. Für mich ist das keine Belastung, sondern ganz klar Motivation.“

Wie wollt ihr das Momentum dieses Triumphs hochhalten – zumal das nächste Rennen in Rom erst am 9. April ansteht?
TL: „Ich glaube nicht, dass wir da was Spezielles machen müssen. Das war ein ganz besonderer Sieg, da war kein Glück oder Zufall dabei. Insofern ist dieses Momentum so hoch, dass es mindestens bis Rom anhält, da bin ich sehr zuversichtlich. Die Pause tut der Mannschaft gut, denn es ist schon anstrengend, was wir da machen. Dass sie jetzt etwas durchschnaufen und diesen Sieg noch eine Weile genießen können, freut mich für das Team. Eines ist sicher: Wir werden mit sehr viel Selbstvertrauen nach Rom fahren.“

PW: „Ich kann es kaum erwarten, wieder ins Auto zu steigen und Rennen zu fahren. Trotzdem freue auch ich mich auf diese Auszeit, in der ich ein paar Tage Urlaub machen und verstärkt an meiner Fitness arbeiten kann.“

Viele haben sich gewundert, warum André Lotterer in der Schlussphase seinen führenden Teamkollegen nicht angegriffen hat. Eine typische Stallorder?
TL: „Wir haben mehr als zwei Jahre auf unseren ersten Sieg in der Formel E warten müssen. Ein Überholmanöver in den letzten Rennminuten ist immer ein Risiko. Obwohl er noch ein bisschen mehr Energie hatte als Pascal, hat André in dieser Situation zurückgesteckt. Er ist ein Teamplayer, das war für ihn selbstverständlich. Ich rechne ihm das sehr hoch an und habe mich auch persönlich bei ihm bedankt. Sollte die Situation irgendwann in dieser Saison mal andersherum sein, werden sich die beiden genauso verhalten. Sie sind Teamkollegen, diese Haltung erwarten wir von ihnen. Das ist die Art und Weise, wie wir bei Porsche miteinander umgehen.“