Richard Lietz aus Österreich und der Italiener Gianmaria Bruni wurden mit ihrem rund 378 kW (515 PS) starken 911 RSR auf Rang drei gewertet. Der für acht Stunden angesetzte WEC-Lauf musste gut 60 Minuten vor Rennende wegen einer Gewitterwarnung unter- und dann komplett abgebrochen werden. In der GTE-Am-Klasse sind der US-Amerikaner Brendan Iribe und die beiden Briten Ollie Millroy und Ben Barnicoat mit dem baugleichen Neunelfer des Kundenteams Project 1 auf Platz drei gefahren.
„Wir haben wichtige Punkt für die Meisterschaft geholt. Leider hat es nicht ganz zum Doppelerfolg gereicht – das wäre heute möglich gewesen“, kommentiert Thomas Laudenbach, Leiter Motorsport. „Bei einem Boxenstopp der Nummer 91 ließ sich ein Rad zunächst nicht herunternehmen. Das müssen wir uns noch einmal anschauen. Dieser Zwischenfall hat einen Zweifachsieg verhindert. Dennoch war es ein guter Auftakt. Ich spreche den Fahrern und dem gesamten Team ein großes Lob aus. Wir können zufrieden sein. Natürlich wäre es noch schöner gewesen, wenn wir unseren Erfolg über die volle Renndistanz hätten einfahren können.“
„Es war ein langes und verrücktes Rennen. Und wir haben gesiegt – besser kann die Saison kaum starten“, fasst Alexander Stehlig, Leiter Werksmotorsport FIA WEC, zusammen. „Wir hatten über die gesamte Zeit in Sebring einen tollen Lauf, konnten uns beständig und konsequent durch die Sessions arbeiten. Mit der Corvette hatten wir einen starken Gegner. Mal besaßen wir einen Vorteil, mal die Mitbewerber – das hat Spaß gemacht. Wir haben bei den zwischenzeitlichen Unterbrechungen die Nerven bewahrt und am Ende verdient gewonnen. Wir nehmen die Punkte gerne mit und freuen uns nun schon auf das nächste WEC-Rennen in Spa-Francorchamps.“
Die Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC gastierte zum dritten Mal auf dem ehemaligen Militärflughafen in Florida. 2012 hatten die Werksfahrer Richard Lietz, Marc Lieb (Ludwigsburg) und Patrick Pilet (Frankreich) Platz zwei errungen. In der Saison 2018/2019 konnten Lietz und sein Teamkollege Gianmaria Bruni im Porsche 911 RSR die GTE-Pro-Klasse gewinnen. Porsche ist in der langen Geschichte des Langstreckensports in Sebring der mit Abstand erfolgreichste Hersteller. Neben dem neuerlichen Triumph gehen insgesamt 18 Gesamtsiege auf das Konto der Sportwagenmarke aus Stuttgart.
Als Startfahrer hatten Kévin Estre und Gianmaria Bruni zunächst die Doppelführung des Achtstundenrennens übernommen. Nach gut 30 Minuten musste der Italiener aber die Corvette von Nick Tandy im Überrundungsverkehr passieren lassen. Während beide Werks-Porsche beim ersten Boxenstopp je zwei Reifen wechselten und die Fahrer tauschten, ließ Tandy lediglich nachtanken. Dank der hierdurch eingesparten Standzeit rückte der Brite auf Platz eins vor. Hinzu kam: Wegen Regelverstößen in der Formationsrunde kurz vor dem Start hatte die Rennleitung gegen die beiden 911 RSR in der GTE-Pro-Kategorie jeweils eine 15-Sekunden-Zeitstrafe ausgesprochen, die sie beim zweiten Servicehalt absitzen mussten. Trotzdem lagen beide Neunelfer auch danach noch vor den Ferrari des Werksteams AF Corse.
Der heftige Unfall eines Fahrzeugs aus der Hypercar-Klasse sorgte nach dreieinhalb Stunden für eine gut 45-minütige Rennunterbrechung. Estre, der das Lenkrad inzwischen wieder von Michael Christensen übernommen hatte, nutzte kurz nach dem Restart die Gunst der Stunde: Der Franzose ging wieder an der führenden Corvette vorbei und setzte sich ab. Gut 35 Minuten später konnte sich auch Bruni nach einer rundenlangen Verfolgungsjagd wieder auf den zweiten Rang vorarbeiten. Dabei sollte es jedoch nicht bleiben: Ein Problem bei einem Reifenwechsel vor Beginn des letzten Rennviertels kostete gut 20 Sekunden. Richard Lietz musste sich mit dem Nummer-91-Porsche deswegen wieder als Dritter einreihen. Bis zu dem Moment, als der Saisonauftakt vorzeitig abgebrochen wurde, hatte der Österreicher den Rückstand auf die zweite Position bereits egalisiert. Für das entscheidende Überholmanöver blieb ihm aber keine Zeit mehr.
In der GTE-Am-Klasse hatten zwei Kundenteams von Porsche Chancen auf den Sieg. Zunächst besaß der 911 RSR von Dempsey-Proton Racing mit Teambesitzer Christian Ried aus Deutschland sowie den Briten Sebastian Priaulx und Harry Tincknell die besten Aussichten. In der zweiten Rennhälfte übernahmen dann die Briten Ollie Millroy und Ben Barnicoat sowie der US-Amerikaner Brendan Iribe das Kommando und mit dem Neunelfer des Teams Project 1 kurzzeitig auch die Führung in der Klasse. In der Schlussphase hatten beide Teams allerdings Pech mit dem Timing der Boxenstopps. Iribe/Millroy/Barnicoat wurden schließlich in derselben Runde wie die Sieger auf Rang drei gewertet, direkt gefolgt von Ried/Priaulx/Tincknell.
Kévin Estre (Porsche 911 RSR #92): „Was für ein verrücktes Rennen! Wir waren zu Beginn sehr stark und lagen in Führung. Allerdings war auch die Corvette schnell unterwegs. Leider hat uns eine 15-Sekunden-Strafe etwas zurückgeworfen. Wir ließen uns davon aber nicht beirren und sind im weiteren Verlauf absolut fehlerfrei geblieben – das war unser großer Vorteil. So hat es zum Sieg gereicht. Ich bin sehr glücklich.“
Michael Christensen (Porsche 911 RSR #92): „Es ein seltsames Ende eines ansonsten sehr schönen Rennens. Das Team hat über die gesamten Tage in Sebring großartige Arbeit abgeliefert. Wir haben diesen Erfolg verdient – ganz unabhängig vom Rennabbruch. Unser Auto war über die Distanz sehr schnell. Das haben wir optimal umgesetzt und den ersten Sieg des Jahres eingefahren.“
Richard Lietz (Porsche 911 RSR #91): „In den USA gibt es die grundsätzliche Regel, dass bei Gewittern alle Mitarbeiter in Sicherheit gebracht werden müssen. Daher wurde schließlich abgebrochen. Wir hätten vielleicht noch ein wenig fahren können, weil der befürchtete Regen auf sich warten ließ. Aber Sicherheit geht natürlich immer vor. Unser Rennen war okay: Zu Beginn kämpften wir mit Übersteuern, aber das haben wir in den Griff bekommen. Der dritte Platz ist nicht ideal, aber dennoch ein ganz guter Auftakt in die Saison.“
Gianmaria Bruni (Porsche 911 RSR #91): „Schade, dass wir den Doppelerfolg für Porsche nicht ganz umsetzen konnten. Wir haben mit unserer Startnummer 91 beim letzten Boxenstopp viel Zeit und eine Position verloren. Ohne diese Verzögerung beim Radwechsel wäre locker ein zweifacher Sieg möglich gewesen, denn wir lagen direkt hinter unserem Schwesterauto.“
Ollie Millroy (Porsche 911 RSR #56): „Das hat ganz großen Spaß gemacht – ich bin zum ersten Mal überhaupt mit einem Porsche 911 RSR gefahren. Vor dem Rennen besaß ich null Erfahrung. Aber wir haben als Team perfekt zusammengearbeitet und stehen am Ende dieses Abenteuers auf dem Podest. Unser Bronze-Fahrer Brendan Iribe hat eine bärenstarke Vorstellung abgeliefert und dem Druck beim Start perfekt standgehalten – wir sind alle schwer beeindruckt und freuen uns sehr über diesen tollen Auftakt in die WEC-Saison.“
Ergebnisse Rennen
GTE-Pro-Klasse1. Estre/Christensen (F/DK), Porsche GT Team, Porsche 911 RSR #92, 183 Runden
2. Milner/Tandy (USA/GB), Corvette Racing, Corvette C8.R #64, 183 Runden
3. Bruni/Lietz (I/A), Porsche GT Team, Porsche 911 RSR #91, 183 Runden
GTE-Am-Klasse
1. Dalla Lana/Pittard/Thiim (CDN/GB/DK), Northwest AMR, Aston Martin Vantage AMR, #98, 180 Runden
2. Keating/Latorre/Sörensen (USA/F/DK), Aston Martin Vantage AMR, #33, 180 Runden
3. Iribe/Millroy/Barnicoat (USA/GB/GB), Team Project 1, Porsche 911 RSR #56, 180 Runden