Die beiden Werksautos von Porsche Penske Motorsport hatten das 6-Stunden-Rennen bei hochsommerlichen Temperaturen um 34 Grad Celsius als Achte und Zehnte aufgenommen. Der Porsche 963 der Kundenmannschaft Hertz Team Jota war von Rang neun gestartet, der Hybrid-Prototyp von Proton Competition von Platz zwölf. Bereits in Kurve 1 rückten alle vier dank einer Kollision vor ihnen jeweils eine Position auf. Als nach knapp 30 Minuten eine erste Safety-Car-Phase endete, splittete Porsche Penske Motorsport die Strategie für beide Rennwagen auf: Die Nummer 6 mit Laurens Vanthoor am Steuer kam vorzeitig zu einem reinen Tankstopp an die Box, während das Nummer-5-Schwesterauto seinen ersten Stint planmäßig zu Ende fuhr. Auch Jota holte António Félix da Costa früher herein.
Fortan wechselten die Platzierungen in der Gesamtwertung je nach Boxenstopp-Rhythmus hin und her. Die aktuell 506 kW (688 PS) starken Porsche 963 konnten das Tempo der Spitze zeitweise mitgehen und tauchten immer wieder in vorderen Positionen auf. Das Nummer-5-Auto des Werksfahrer-Trios Fréderic Makowiecki (Frankreich), Michael Christensen (Dänemark) und Dane Cameron (USA) kämpfte auf dem 5,793 Kilometer langen Grand-Prix-Kurs bis zum Schluss um den vierten Rang, verpasste diesen aber um knapp 14 Sekunden.
Dem Auto des Franzosen Kévin Estre, André Lotterer (Deutschland) und Laurens Vanthoor (Belgien) fehlte das nötige Glück. Als Estré nach gut zwei Rennstunden zum Routinestopp abbiegen wollte, schaltete die Ampel am Boxeneingang wegen einer Gelbphase – ausgelöst durch den Unfall eines LMP2-Fahrzeugs – wenige Sekunden vorher auf rot. Um nicht ohne Treibstoff auszurollen, musste der Franzose einen sogenannten Notstopp einlegen. Dabei ist jedoch nur das Nachfassen einer geringen Tankmenge zur Überbrückung erlaubt, Reifenwechsel sind verboten. Dies machte einen zweiten Halt notwendig, der wertvolle Zeit, eine Runde und den Kontakt zur Spitze kostete. Die Nummer 6 erreichte das Ziel auf Rang sieben.
„Platz fünf und sieben spiegelt wider, was wir mit unserer aktuellen Performance derzeit erreichen können“, betont Urs Kuratle, Leiter Werksmotorsport LMDh. „Wir haben ein fehlerfreies Rennen abgeliefert, auch aus technischer und strategischer Sicht waren wir sehr gut. Allerdings hatten die Gelbphasen für uns ihre Tücken. Unser Kundenteam Jota musste im Rennen mit einigen Schwierigkeiten kämpfen. Gratulation an Proton Competition: Bei ihrem ersten Start in der großen Klasse konnten sie kurzfristig sogar führen. Dann sind sie auf technische Probleme gestoßen, die wir jetzt genauer analysieren müssen.“
Auch der Porsche von Hertz Team Jota mischte lange Zeit in der Spitzengruppe der Hypercar-Topklasse mit. Kurzfristig lag der Prototyp mit der Nummer 38 sogar in Führung. Nach zwei Stunden musste bei einem Tankstopp jedoch das Lenkrad getauscht und ein Reset des Hybridsystems durchgeführt werden. Damit verloren der Brite William Stevens, Werksfahrer António Félix da Costa aus Portugal und Yifei Ye den Anschluss an die Spitze. Der Chinese ist Förderpilot von Porsche Motorsport Asien-Pazifik. Das Trio wurde am Ende auf der neunten Position gewertet.
Ein starkes Debüt mit dem Porsche 963 ist Proton Competition in der Hypercar-Kategorie gelungen. Bei ihrem ersten Start mit dem Hybrid-Prototypen konnten sich Werksfahrer Gianmaria Bruni aus Italien, Neel Jani aus der Schweiz und der Brite Harry Tincknell über lange Zeit in der Spitzengruppe halten. Zu Beginn der fünften Rennstunde führte jedoch ein noch nicht genau analysierter Defekt zur vorzeitigen Aufgabe. Das deutsche Kundenteam hatte den Porsche 963 erst kurz vor dem Beginn des Rennwochenendes übernommen und den Einsatz in Monza von Beginn an als Testmöglichkeit gewertet.
In der GTE-Am-Klasse fuhren die Porsche-Kundenteams mit dem rund 378 kW (515 PS) starken 911 RSR die ersten drei Plätze ein. Über den Klassensieg darf sich Dempsey-Proton Racing mit den Fahrern Mikkel Pedersen aus Dänemark, Teameigener Christian Ried aus Deutschland und dem ehemaligen Porsche-Junior Julien Andlauer aus Frankreich freuen. Rang zwei ging an Iron Lynx mit dem Belgier Alessio Picariello und den beiden Italienern Matteo Cressoni und Claudio Schiavoni, gefolgt von GR Racing mit den Briten Ben Barker, Michael Wainwright und Riccardo Pera aus Italien.
Dane Cameron (Porsche 963 #5): „Platz fünf für Porsche Nummer fünf hier in Monza – am Ende war es ein guter Tag. Wir haben während des Rennens kluge Taktikentscheidungen getroffen und sie auch gut umgesetzt. Wir sind ziemlich am Maximum dessen gewesen, was wir aktuell machen können. Schade, dass uns gegen Ende die Chancen auf ein Podiumsergebnis so wie in Spa durch die Finger geglitten sind. Aber uns sind mit dem Porsche 963 und auch mit der Entwicklung des Teams gute Fortschritte gelungen.“
André Lotterer (Porsche 963 #6): „Eigentlich verlief das Rennen für uns problemlos. Ich bin mit meinem Doppelstint zufrieden. Für meine Teamkollegen war es ähnlich. Leider haben wir am Anfang mit Gelbphasen viel Pech gehabt. Das Feld hatte sich in zwei Gruppen aufgeteilt und in unserer lagen wir vorne. Als es einen Unfall gab, hat sich zwei Sekunden vor uns die Boxengasse geschlossen – dabei hätten wir genau in diesem Moment hereinkommen müssen. Das hat uns komplett aus dem Rennen geworfen.“
António Félix da Costa (Porsche 963 #38): „Wir sind mit cleveren Strategieentscheidungen gut in das Rennen gestartet und konnten es zwischenzeitlich sogar anführen. Dann stießen wir jedoch auf Software-Probleme, mussten einen zusätzlichen Halt einlegen und das Lenkrad wechseln sowie alles neu hochfahren. Das hat uns eine Runde und eine zusätzliche Durchfahrtstrafe gekostet, da der Tempobegrenzer nicht richtig funktioniert hat. Dennoch konnten wir die Gelegenheit nutzen und viele Runden abspulen, um den Porsche 963 und die Rennreifen wieder ein Stück besser kennenzulernen.“
Neel Jani (Porsche 963 #99): „Wir alle haben den Porsche 963 hier in Monza zum ersten Mal gesehen. Wir sind in den Freien Trainings mit dem Basis-Setup angefangen und haben zum Rennen hin irgendwas probiert. Das hat sogar gut funktioniert, denn nach zwei oder drei Stunden lagen wir sogar auf dem zweiten Platz und auch mal in Führung! Wir konnten zwischenzeitlich sogar das Tempo des führenden Toyota mitgehen – also ein sehr positives erstes Rennen für uns. Sehr schade nur, dass irgendein Defekt aufgetreten ist. Wir hätten um Platz fünf oder sechs spielen können. Das wäre bei unserem Debüt mega gewesen!“
Mikkel Pedersen (Porsche 911 RSR #77): „Heute hat einfach alles gepasst. Ich bin überglücklich, dass wir auf der obersten Stufe des Siegerpodestes stehen. Meine Teamkollegen Christian Ried und Julien Andlauer haben einen fantastischen Job abgeliefert und das Team steuerte eine erfolgreiche Strategie bei. Wir erleben gerade einen großartigen Tag in Monza!“
Alessio Picariello (Porsche 911 RSR #60): „Wenn ich ehrlich bin, kommt dieser Erfolg etwas unerwartet – zu Beginn hatten wir etwas Pech mit unserer Strategie. Aber dann war das Glück auf unserer Seite, denn wir konnten kurz vor der Safety-Car-Phase rechtzeitig unseren Boxenstopp einlegen. Das brachte uns zurück in eine gute Position. Wir waren stark unterwegs und konnten uns anschließend in der Führungsgruppe behaupten. Ich bin happy, dass ich dieses Ergebnis beim Heimspiel des Iron Lynx Teams nach Hause fahren konnte.“
Ergebnisse Rennen
Hypercar-Klasse:1. Conway/Kobayashi/Lopez (UK/J/ARG), Toyota #7, 200 Runden
2. Fuoco/Molina/Nielsen (I/E/DK), Ferrari #50, 200 Runden
3. Di Resta/Jensen/Vergne (UK/DK/F), Peugeot #93, 200 Runden
GTE-Am-Klasse:
1. Andlauer/Pedersen/Ried (F/DK/D), Porsche 911 RSR #77, 185 Runden
2. Picariello/Cressoni/Schiavoni (B/I/I), Porsche 911 RSR #60, 185 Runden
3. Barker/Pera/Wainwright (UK/I/UK), Porsche 911 RSR #86, 184 Runden