Dienstag, 26. November 2024
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GT Winter Series
13.02.2023

GT Winter Series zeigt in Jerez große Parade

Der Kurs von Jerez war bereits in der Vorsaison eines der Highlights der GTWS. Die anspruchsvolle Strecke „vom alten Schlag“ verlangte den Fahrern alles ab und sorgte für so manche Überraschung. Das sollte sich dieses Jahr fortsetzen. Dass das Feld der Winter Serie mit 47 Startern nicht nur grösser, sondern auch hochklassiger geworden ist, war dabei sehr offensichtlich und nicht nur an den klangvollen Namen abzulesen.

Qualifying nach Maß und erstaunliche Leistungsdichte

Im morgendlichen zweigeteilten Qualy setzte sich Michael Joos im 991 GT3-R um einen Wimpernschlag vor Luca Engstler im Audi R8 GT3 durch, welcher per Anweisung vom Team die Order hatte, Auto samt Reifen nach Kräften zu assimilieren – schließlich will der Youngster hoch hinaus, so schadet es nicht, sich im Winter optimal einzutrainieren.

Enttäuschend wirkte zunächst Kenneth Heyer im Schnitzelalm AMG GT3, allerdings stellte sich sein 15. Startplatz als Transponderfehler heraus, was ihm ordentlich Arbeit fürs Rennen einbringen sollte. In Teil zwei des Qualifyings zeigte sein Teamkollege Colin Caresani, was im Goodyear-bereiften Schnitzelalm-Boliden steckt – er fuhr in seinem ersten GT3-Rennen auf eine überlegene Pole und hängte damit den etablierten Ex-Formel 1-Fahrer Markus Winkelhock um geschmeidige 0,8 sek. ab.

Cup-Klassen können beinahe mithalten, GT4 heiss umkämpft

Bezeichnend für Jerez schien zu sein, dass Autos vom Schlage eines Cup-Porsche oder Challenge-Ferrari gut mit den Gesamtführenden mithalten konnten. Auffallend waren dabei Lisowski und Svepes auf ihren 992 Cup, die sich in Q1 unmittelbar hinter Joos und Engstler platzierten!

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Bei den GT4 war das in Jerez neu aufgeschlagene Team PROsport Racing zunächst das Maß aller Dinge. Charles Clark fuhr als Brite im britischen Fahrzeug (Aston Martin Vantage GT4) auf die Pole in seiner Klasse und sollte auch später in den Rennen für Furore sorgen.

Sprints mit Würze und ein Rookie-Sieger

Der erste der beiden 25-minütigen Läufe wurde vom Duell an der Spitze geprägt, denn Engstler jagte Joos das ganze Rennen lang und lief zum Schluss weniger als drei Zehntel hinter Sieger Joos ein – da war richtig Dampf im Kessel! Heyer, der aus dem Mittelfeld starten musste, fräste sich sehenswert präzise durchs Feld und wurde Dritter.

Bei den Cups setzte sich fort, was sich im Qualy andeutete. So fuhren „Die Kapfingers“ mit ihren Huber-Porsche 911 blendend aufgelegt auf die Plätze eins und zwei der Cup 2 Klasse, ließen dabei so manch größeren Boliden hinter sich und blieben in Sichtweite zur Gesamtspitze.

Ähnlich souverän machte es Ex-DTM-Legende Franz Engstler in seinem Ferrari 488 Challenge, denn er siegte in der Cup 1.

Drama um Blattner

Als Meisterschaftsführender reiste der Manthey-Pilot Dustin Blattner nach Andalusien. Mit der Strecke von Jerez kam er ausgezeichnet klar, allerdings wurde er in Rennen 1 Opfer des sich abkreiselnden Igor Klaja, der auf der Strecke zum Stehen kam, woraufhin Blattner eine Kollision vorn links nicht vermeiden konnte. Blattner ließ kurzerhand einen anderen Cup-992 aus dem Manthey-Truck schieben und bat die Rennleitung um Start vom Ende des Cup-Feldes anstatt der eigentlich erzielten Pole. Die Rennleitung gewährte, Blattner holte auf und gewann die Cup 2 im zweiten Sprint mit P5 gesamt. Das nennt man souverän. Ob Blattner die Meisterschaftsführung bis zum Finale retten kann, zeigen die nächsten Rennen, denn bekanntlich erlaubt die GTWS fünf Streichresultate von Einzelläufen über die Saison.

Caresani hängt als Rookie alle ab – Schnitzelalm dennoch mit gemischten Gefühlen

Der Niederländer Colin Caresani, der bisher in BMW-Klassen sowie der GT4 positiv auffällig wurde, zeigte sich in Jerez als der schnellste Mann des Wochenendes. In seinem Sprint war kein Kraut gegen ihn gewachsen, denn er brachte den Schnitzelalm-AMG GT3 mit 13 Sekunden Vorspring ins Ziel. Teameigentümer Thomas Angerer brauchte dieses Labsal dringend, denn in der GT4 musste er einen Unfall seines Piloten Joel Mesch verkraften.

Italiener in Spanien stark

Im übrigen gelang dem Italiener Samuele Butarelli eine echte Glanzleistung. Standesgemäß mit Ferrari 488 unterwegs, fuhr er im zweiten Sprint nicht nur den Klassensieg bei den Challenge-Autos ein, sondern auch auf P3 der Gesamtwertung vor – Wahnsinn! Das freute nicht nur die Mannschaft von Rossocorsa, sondern auch die vielen Tribünenzuschauer, die sich bei 21 Grad einfanden.

GT4-Bumper brauchen neuen Lack

Einmal mehr trumpfte die 14 Autos starke GT4-Klasse auf. Die beiden neu hinzugestoßenen Teams Mücke Motorsport und PROsport Racing gaben es sich nach dem Prinzip „hart aber fair“ und tauschten dabei auf faire Weise so manchen Stoßstangenlack aus – beide hatten sichtlich Spaß, was auch die Rennleitung so wahrnahm und die Streithähne gewähren ließ. Letztlich setzt sich Mücke mit Rodrigo Almeida knapp vor PROsport mit Charles Clark durch.
Bei den „Caymännern“, die per Papier eigentlich auch GT4-Autos sind, aber in ihrer eigenen Wertung starten, waren es einmal mehr der Swiss-Cup Porsche Meister Andreas Greiling und sein Co Jens Richter, die die Klasse gewannen. Gegen die beiden scheint nur schwer ein Kraut gewachsen zu sein.

Eine Stunde Endurance – die beste Paarung stach

In der Endurance zeigte sich eindrucksvoll, dass es selten ein einzelner Fahrer ist, der das Rennen macht. Nur wenn beide ähnlich flott sind, spring ein Sieg heraus. Dies war nicht nur bei den Gesamtsiegern Caresani und Heyer zu merken, sondern auch in den Klassen.

So konnten die Mücke-Piloten Rodrigo Almeida und Josef Knopp ihren AMG GT4 in der Nachmittagssonne Andalusiens zum Klassensieg stürmen und damit Denning/Clark im Aston Martin schlagen. Insgesamt schwer tat sich in Jerez die sonst meist siegreich aufgeigende Mannschaft von CV Performance, denn Simon Colin Primm und Philipp Springbob waren stets „gut dabei“, aber selten siegfähig. Mit einem P3-Podium konnten sie aber letztlich gut leben.
Bei den Cup-Porsche teilten sich übrigens die Kapfinger-Brüder Johannes und Michael einen zweiten Piloten, nämlich den Porsche-Spezialisten Dieter Svepes. Da er den zweiten Fahrer auf beiden Autos stellte und sich nichtzerteilen konnte, mussten beide auf unterschiedlichen Strategien fahren. Lohn der Mühen waren P3 und P5 gesamt! Dazwischen schob sich nur der topfitte Ami Dustin Blattner, der die 60 Minuten einmal mehr alleine durchstand und fehlerfrei blieb.

Valencia schon diese Woche Back to Back – volles Feld und Livestream am Start!

Der nächste Lauf in Valencia findet bereits am kommenden Wochenende statt. „Wir sind total happy, schon so kurzfristig auf einer weiteren F1-homologierten Strecke zu fahren“, so Robin Selbach, einer der GTWS-Inventoren. „Wir haben auch dort mehr Anträge zur Einschreibung als Startplätze, denn das FIA-Protokoll begrenzt Valencia auf 47 Autos.“

Ob Valencia genauso viele Überraschungen wie Jerez bereithält und es dort vielleicht schon zu einer Meisterschafts-Vorentscheidung kommt, kann man live verfolgen, denn der Rennsonntag wird umfangreich gestreamt und von den bekannten Kommentatoren Lukas Gajewski und Adam Weller begleitet.