Schon lange nicht mehr bleiben am Urlaubsort hinter den Scheibenwischer geklemmte amtliche Zettel oder zugesandte Bescheide einer ausländischen Behörde in Deutschland folgenlos. Ein zwischen den EU-Mitgliedern geschlossenes Abkommen auf Gegenseitigkeit sorgt für die Möglichkeit im Ausland verhängte Bußen in Deutschland beizutreiben.
Bussen aus der Schweiz können jetzt in Deutschland beigetrieben werden
Entsprechende Bescheide aus Nicht-EU-Ländern, etwa die Schweiz, Großbritannien oder Norwegen, konnten bisher aber nicht beigetrieben werden. Das hat sich zum 1. Mai 2024 im Verhältnis zur Schweiz geändert. Seit diesem Datum gilt der neue deutsch-schweizerischer Polizeivertrag. Wer in der Schweiz geblitzt wird oder falsch parkt, muss damit rechnen, künftig unter Mithilfe des deutschen Bundesamtes für Justiz (BfJ) in Deutschland Bußgelder zahlen zu müssen. Beträge von mindestens 80 Franken oder 70 Euro bilden bei der Beitreibung die Untergrenze. Die Schweiz hat bekanntlich ein höheres Bußgeldniveau als Deutschland. Es ist deshalb mit Deutschland vereinbart, dass erst ab Überschreiten der gesetzlichen deutschen Obergrenze für Verkehrsgeldbußen von 2.000 Euro die Unverhältnismäßigkeit der Vollstreckung geprüft werden soll.
Ausländische Bußgelder vollstreckt das Bundesamt für Justiz
Dem BfJ in Bonn ist in Deutschland für EU-Länder und die Schweiz die Aufgabe zugewiesen, die ausländischen Bescheide zu bearbeiten und Bußgelder einzutreiben. Die eingehenden Ersuchen ausländischer Behörden werden formal überprüft, ob sie vollständig und korrekt sind. Vorlegen muss die ausländische Behörde einen rechtskräftigen Bescheid. Kontrolliert wird dann, ob der Adressat die wesentlichen Verfahrensdokumente in seiner eigenen Landessprache erhalten hat und ob er ausreichend Gelegenheit erhielt, sich gegen die Vorwürfe zu wehren. Ist das gegeben, erhalten die Betroffenen dann Post vom BfJ.Der Datenaustausch zwischen den in- und ausländischen Behörden erfolgt dabei weitgehend auf digitalem Weg. Das passiert vor dem Hintergrund, dass die EU-Kommission an einer Richtlinie arbeitet, die eine grenzüberschreitende Ahndung von Verkehrsübertretungen durch verstärkte digitale Datenübertragung erleichtern soll. Deutsche Stellen haben in den letzten Jahren ihre Beitreibung von Bußgeldern aus dem Ausland deutlich gesteigert, wie das Bundesamt mitteilte.
Immer die eingehenden Schreiben überprüfen
Wem als Betroffener über das Bundesamt die entsprechenden Unterlagen einer ausländischen Behörde zugehen, sollte die Zahlungsaufforderung gewissenhaft prüfen. Der AvD rät, Einwendungen dem BfJ immer schriftlich darzulegen. Wer nicht selbst gefahren ist oder vorher keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegenüber den Stellen im Ausland hatte, kann das vortragen. Wichtig: Das Amt ist lediglich für die Vollstreckung zuständig, das vorausgegangene Bußgeldverfahren im Ausland ist zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Das ist auch der Grund, warum Autofahrer auf Schriftstücke aus dem Ausland immer antworten sollten. Vielfach machen Behörden aus dem Ausland Unterlagen auf entsprechenden Homepages per Codenummer in der Sprache des Betroffenen einsehbar. So verfahren etwa die Niederlande, Italien oder Frankreich.AvD Tipp: Eingegangene Schriftstücke immer aufbewahren. AvD Mitglieder können sich bei entsprechenden Vorwürfen von AvD Vertrauensanwälten kostenlos beraten lassen.