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Sportwagen Allgemein
08.11.2024

Die Erfolgsgeschichte des Porsche 963

Die Saison 2024 geht als eine der erfolgreichsten in die Langstrecken-Historie von Porsche ein: Im erst zweiten Einsatzjahr des Porsche 963 hat der Sportwagen-Hersteller aus Stuttgart gemeinsam mit dem Werksteam Porsche Penske Motorsport sieben von acht möglichen Titeln gewonnen. Die Grundlage für dieses Resultat bildeten die konsequente Verbesserung der Teamstruktur sowie die Arbeit an der Zuverlässigkeit und Performance des rund 515 kW (700 PS) starken Hybridprototypen.

Die Bilanz der Saison 2024 in der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC und der IMSA WeatherTech SportsCar Championship: sechs von sechs möglichen Titel in Nordamerika sowie die Weltmeisterkrone für die Werksfahrer Kévin Estre aus Frankreich, André Lotterer aus Deutschland und Laurens Vanthoor aus Belgien in der FIA WEC. Einzig den Herstellertitel in der Weltmeisterschaft hat Porsche mit dem 963 in diesem Jahr um gerade einmal zwei Punkte verpasst.

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„Nobody’s perfect. – diesen Slogan haben wir bereits 1983 schon einmal bemüht, als in den Top-Ten der 24 Stunden von Le Mans nur ein einziges Fremdfabrikat auftauchte“, schmunzelt Thomas Laudenbach, Leiter Porsche Motorsport. Vor 41 Jahren verewigte Porsche das damalige Le-Mans-Ergebnis unter jenem Titel auf einem legendären Poster: Rennwagen aus Stuttgart auf den ersten acht Plätzen des Gesamtklassements sowie auf Rang zehn, dazwischen ein Sauber-BMW. In 2024 blieb der ersehnte 20. Gesamtsieg in Le Mans aus, aber die Bilanz der Saison liest sich dennoch beeindruckend.

„Es war ein unglaublich erfolgreiches Jahr“, erklärt Laudenbach. „Mit dem Porsche 963 und unserem globalen Einsatzteam Porsche Penske Motorsport haben wir in einem sehr starken Wettbewerbsumfeld sieben von acht möglichen Titeln gewonnen. Das erfüllt mich mit großem Stolz. Dieses Ergebnis bildet den verdienten Lohn für die harte Arbeit aller Beteiligten an den Rennstrecken, an unseren Team-Standorten in Mannheim und Mooresville sowie in der Entwicklungsabteilung in Weissach. Wir haben den Porsche 963 und das gesamte Programm innerhalb kurzer Zeit an die Spitze gebracht.“


Projekt Porsche 963: Die konsequente Entwicklung trägt Früchte

Rückblick: Am 16. Dezember 2020 hatte sich Porsche erstmals öffentlich zu einer Rückkehr in die Topklassen der beiden größten Langstrecken-Serien der Welt bekannt: der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC und der IMSA WeatherTech SportsCar Championship. Grundlage hierfür bildete die Entscheidung der Motorsportbehörden FIA und IMSA, zur Saison 2023 ein gemeinsames Regelwerk für die Topfahrzeuge einzuführen: Hybridprototypen der Kategorie LMDh (Le Mans Daytona hybrid).

Die nächsten Schritte auf dem Weg zur Rückkehr von Porsche in die Top-Klasse der IMSA und der Weltmeisterschaft, einschließlich der 24 Stunden von Le Mans, folgten im Mai 2021: die Zusammenarbeit mit dem Team Penske zur Bildung eines neuen globalen Motorsportteams namens Porsche Penske Motorsport. Multimatic wurde dann als Chassis-Partner aus den vier zugelassenen LMDh-Chassisherstellern ausgewählt. Wenig später kam die Entscheidung hinzu, auf einen 4,6 Liter großen V8-Motor zurückzugreifen, der zuletzt ebenfalls in einer Hybridkonstellation im Straßen-Supersportler 918 Spyder seinen Dienst tat. Die Wurzeln des Hochdrehzahlmotors gehen noch weiter zurück, nämlich auf den sehr erfolgreichen Rennprototypen Porsche RS Sypder aus den 2000er-Jahren. Ihre Einsatzzentralen für die FIA WEC und IMSA errichtete Porsche Penske Motorsport an den Standorten Mannheim in Deutschland und Mooresville in den USA. Am 13. Januar 2022 erwachte der neue Porsche 963 bei einem vielbeachteten Rollout in Weissach erstmals zum Leben. Testfahrten über mehr als 30.000 Kilometer bildeten die Grundlage für die weltweite Rennpremiere, die der rund 515 kW (700 PS) starke Hybridprototyp bei den 24 Stunden von Daytona im Januar 2023 feierte.


Debütsaison 2023: erste Rennsiege und ein Heft voller Hausaufgaben

Der US-Langstreckenklassiker zum Start in die erste Saison des neuen Teams Porsche Penske Motorsport füllte das Aufgabenheft. Der Porsche 963 hatte aus dem Stand enormes Performance-Potenzial bewiesen, in den Bereichen Zuverlässigkeit und Einsatz mussten aber weitere Fortschritte gelingen. Obwohl der Prototyp mit der Nummer 7 das Rennen aus Reihe eins in Angriff nahm und zahlreiche Führungsrunden abspulen konnte, sorgten die Plätze sieben und acht für die Werksautos am Ende für Ernüchterung. Auch beim Auftakt der FIA WEC in Sebring (USA) verpasste Porsche mit den Positionen fünf und sechs den gewünschten Erfolg. Konsequente Verbesserungen ließen die Leistungskurve anschließend steil ansteigen.

In der IMSA-Meisterschaft gelang im zweiten Rennen das erste Podestresultat, beim darauffolgenden Lauf in Long Beach sogar der erste Sieg. Weitere Triumphe unter anderem auf der Road America und ein Doppelerfolg in Indianapolis folgten. Porsche musste sich im Kampf um die Meisterschaft erst beim Finale auf der Road Atlanta knapp geschlagen geben. Auch in der FIA WEC gelangen erste Podestplätze. Der große Durchbruch in Form eines Rennsieges blieb allerdings aus.

„Die Ergebnisse vor allem in Le Mans verfehlten damals unsere Erwartungen. Wenn Porsche in der Topklasse antritt, dann kann es immer nur ein Ziel geben: den Sieg“, schildert es Thomas Laudenbach. Im Verlauf der Saison füllte sich das Lastenheft immer weiter. Die Punkte wurden anschließend mit aller Konsequenz abgearbeitet. „Die Erfahrungen aus 2023 hatten uns für die kurze Winterpause eine große Liste an Hausaufgaben mitgegeben. Dies betraf die Zuverlässigkeit und Performance des Autos ebenso wie die Teamstruktur“, erklärt Urs Kuratle, Leiter Werksmotorsport LMDh. „Nach unglaublich harter Arbeit kamen wir im Januar 2024 nach Daytona und siegten. Das war der Schlüssel. Es hat gezeigt: Wir können das!“


Sieg bei den 24 Stunden von Daytona 2024: Statement zum Start ins neue Jahr

Umfangreiche Anpassungen brachten Porsche endgültig auf die Siegerstraße. Beim Auftakt der IMSA-Saison, den 24 Stunden von Daytona im Januar, siegte der Nummer-7-Rennwagen mit den Werksfahrern Matt Campbell aus Australien, Felipe Nasr aus Brasilien und dem US-Amerikaner Dane Cameron sowie dessen Landsmann Josef Newgarden. „Da kam der Ball richtig ins Rollen“, blickt Campbell hoch erfreut zurück. Jonathan Diuguid, Leitender Direktor Porsche Penske Motorsport, erklärt: „Der Sieg in Daytona war der Schlüssel zu allen weiteren Erfolgen in dieser Saison. Sofort zum Start ins Jahr haben wir der Welt und uns selbst bewiesen, dass wir alles erreichen können. Ich bin seit 20 Jahren im Motorsport. Ich weiß, dass es schöne und schwierige Phasen gibt. Natürlich erleben wir manchmal Tage, an denen wir uns fragen, warum wir maximale Energie und unzählige Stunden in diesen Sport investieren. Die Antwort lautet Daytona: Solche Momente sind unvergleichlich!“

Die Initialzündung in der IMSA entfachte auch das Feuer für die FIA WEC. Beim Auftakt der Weltmeisterschaft in Katar fuhren die beiden Porsche 963 auf die Plätze eins und drei – der erste WM-Sieg für den Prototypen. „Das großartige Wochenende in Katar hat uns bestätigt: Wie in der IMSA können wir es auch in der WEC mit anderen LMDh-Autos aufnehmen und dazu auch die LMH-Hypercars schlagen. Das war sehr wichtig“, bilanziert Kuratle. In beiden Rennserien übernahmen Porsche und die Werksfahrer beim Start in die Saison die Spitze des Klassements. 2024 begann stark und brachte weitere strahlende Glanzlichter mit schließlich sieben Titelgewinnen.

In der IMSA-Serie gelangen in neun Rennen vier Siege. Indianapolis ausgenommen, fuhr bei jedem Lauf mindestens ein Porsche 963 auf das Siegerpodest. Der verdiente Lohn: Porsche gewann die Herstellermeisterschaft, Porsche Penske Motorsport die Teamwertung und die Werksfahrer Felipe Nasr und Dane Cameron die Fahrerkrone. Drei weitere Titel im IMSA Michelin Endurance Cup rundeten die makellose Bilanz in den USA ab. Er umfasst der die fünf längsten Rennen des Jahres in Daytona, Sebring, Watkins Glen, Indianapolis und auf der Road Atlanta. In der FIA WEC triumphierte Porsche Penske Motorsport in Katar und im japanischen Fuji. Bei den Läufen in Imola (Italien), Spa-Francorchamps (Belgien), São Paulo (Brasilien) und Sakhir (Bahrain) brachten Podiumserfolge viele WM-Punkte. Am Ende feierten Kévin Estre, André Lotterer und Laurens Vanthoor den Gewinn der Fahrer-WM. Porsche verpasste den Herstellertitel als Zweiter nur um zwei Zähler. „Damit können wir auf eine äußerst erfolgreiche Saison zurückblicken“, freut sich Laudenbach. „Wir hätten aber gern noch die Hersteller-WM und den 20. Gesamtsieg in Le Mans geholt. Das sind nun unsere größten Ziele für die Saison 2025.“


Der Porsche 963 und die 24 Stunden von Le Mans: Liebe auf den dritten Blick?

Nach dem enttäuschenden Debüt des 963 in Le Mans 2023 zeigte sich Porsche in diesem Jahr an der Sarthe erheblich verbessert. Der erhoffte Gesamtsieg blieb jedoch erneut aus. Die Pole-Position durch Kévin Estre, zahlreiche Führungsrunden im Rennen und die Plätze vier und sechs unterstrichen aber die Fortschritte. Mehr noch: Der Langstreckenklassiker in Frankreich belegte die wichtigen Verbesserungen im Bereich Zuverlässigkeit. Eine neu entworfene 90-Grad-Kurbelwelle konnte zurück in die Planungsschublade. Porsche hatte in der Analyse der Saison 2023 Motorvibrationen als vermutliche Ursache für Defekte am Standard-Hybridsystem ausgemacht. Nach dem Sieg in Daytona und der stabilen Vorstellung in Le Mans über jeweils 24 Stunden stand fest: Die erfahrenen Porsche-Ingenieure in Weissach hatten eine funktionsfähige und schnelle, kostengünstige und nachhaltige Lösung gefunden, die dem Porsche 963 in den kommenden Jahren weitere große Erfolge ermöglichen wird.

„Siege oder Podestplätze in Daytona, Katar und Spa bedeuten eben nicht zwangsläufig auch Erfolg in Le Mans. Das wussten wir immer schon, mussten es aber in diesem Jahr leider noch einmal am eigenen Leib erfahren“, berichtet Diuguid. „Das Ziel für 2025 ist dadurch klar definiert: Wir wollen den Sieg in Le Mans!“ Porsche Penske Motorsport nimmt im kommenden Jahr mit mindestens zwei Werksfahrzeugen am größten Langstreckenrennen der Welt in Frankreich teil. Alle Beteiligten wollen die Rekordbilanz von Porsche in Le Mans mit dem 20. Gesamtsieg weiter ausbauen. „Bei allen Erfolgen in diesem Jahr: Da ist dieses kleine Rennen in Frankreich, das jeder gewinnen will. Das haben wir nicht geschafft – noch nicht…“, lacht Kuratle mit Blick auf das Highlight der kommenden Saison.


Statistiken Porsche Penske Motorsport 2024

FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC:
  • Anzahl Rennen: 8
  • Siege: 2
  • Weitere Podestplätze: 7
  • Pole-Positions: 2

IMSA WeatherTech SportsCar Championship:
  • Anzahl Rennen: 9
  • Siege: 4
  • Weitere Podestplätze: 8
  • Pole-Positions: 1
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