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Rallye Dakar
18.01.2011

Facettenreiche "Dakar"-Sieger: Nasser Al-Attiyah/Timo Gottschalk

Auf dem Dach des Volkswagen Race Touareg 3 ließ sich Nasser Al-Attiyah am Sonntag nach 13 brutalen „Dakar“-Etappen für Mensch und Material von tausenden Fans in Buenos Aires von seinem Copiloten Timo Gottschalk triumphal über die Rampe fahren, auf dem die Sieger des Motorsport-Marathons euphorisch gefeiert wurden. Diese abschließende Szene der 2011er-„Dakar“, die mit emotionaler Wucht als starke Bilder um die Welt ging, steht sinnbildlich für zwei grundverschiedene Sportler, die gemeinsam Herausragendes geleistet haben: ihren ersten Triumph bei der Rallye Dakar.

Jeder von beiden trug auf der etwa 9.600 Kilometer langen Härteprüfung durch Argentinien und Chile – durch die Gluthitze der Sierras Pampeanas und der Atacama-Wüste, in die Höhen der mächtigen Anden und vom Atlantik zum Pazifik und zurück – Entscheidendes bei, um den jeweiligen Jugendtraum vom "Dakar"-Sieg wahr werden zu lassen. Mit 15 Jahren hatte Nasser Al-Attiyah aus Katar seinem Vater versprochen, einmal den legendären Wüstenklassiker zu gewinnen. Jetzt, nachdem der ersehnte Erfolg Wirklichkeit ist, wird der 40-Jährige als allererster Sportler seiner Nation mit einer großen Willkommens-Feier im XXL-Stil geehrt.

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"Als ich die ersten Meter mit Nasser gefahren bin, habe ich gedacht, er wisse nicht, wo das Limit ist und er würde permanent darüber hinaus gehen", erinnert sich Navigator Timo Gottschalk an die erste gemeinsame Fahrt im Volkswagen Race Touareg anlässlich eines Tests in Ungarn Anfang Juni 2009. "Erst nach einer Weile habe ich wirklich gemerkt, dass er das Risiko sehr wohl ganz genau einzuschätzen weiß, eine unglaubliche Fahrzeugbeherrschung hat und sein Fahrstil nicht einfach immer nur volle Attacke ist." Für Al-Attiyah, mit dem der gewissenhafte Neuruppiner seit der Rallye dos Sertões im Jahr 2009 ein Duo bildet, stand die außerordentliche Qualität der Partnerschaft von der ersten Minute an fest. "Mit Timo hat es sich von Beginn an angefühlt, als wären wir schon Jahre gemeinsam gefahren", so der sympathische Araber. "Für mich ist Timo wie ein Bruder. Auf ihn kann ich mich jederzeit blind verlassen." Wer der Boss im Auto ist? "Ganz klar: Nasser", so Timo Gottschalk. "Doch die Kommandos, die gebe ich."

Lebenstil mit 1.001 PS: Motorsport-Multitalent Nasser Al-Attiyah
Für Nasser Al-Attiyah bedeutet der Sieg bei der Rallye Dakar die Erfüllung eines lang gehegten Lebensziels. Eigens für die ganz große "Dakar"-Trophäe hatte sich der Katarer in der Vitrine einen von zwei zentralen Plätzen frei gehalten. Den anderen soll die olympische Goldmedaille im Tontaubenschießen füllen, für die Al-Attiyah abseits seiner motorsportlichen Aktivitäten täglich trainiert – Ausgleich und Vorbereitung für die "Dakar" zugleich. Doch viel Alltag daheim im Wüsten-Emirat bleibt dem Experten im automobilen Bezwingen von turmhohen Sanddünen nicht: Al-Attiyah ist speedgetrieben und weltweit permanent im Renntempo unterwegs. Neben seinen Einsätzen für das Werksteam von Volkswagen bei der Rallye Dakar und den Vorbereitungsrallyes tritt der Pferde-Liebhaber regelmäßig bei Läufen zur Rallye-Weltmeisterschaft und bei Sprintrallyes zur FIA-Meisterschaft im Mittleren Osten an. Mit Erfolg: insgesamt sechs Titel bei klassischen Rallye-Meisterschaften schlagen für Al-Attiyah bislang zu Buche. Im Juni 2010 feierte er im Volkswagen Scirocco GT24-CNG beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife den Klassensieg für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Was den "Dakar"-Sieg für Al-Attiyah so besonders macht? "Die ‚Dakar‘ ist eben die ‚Dakar‘. Sie ist die härteste Prüfung im Motorsport und meine absolute Lieblingsrallye", so Al-Attiyah. "Hier kann man wie nirgends beweisen, was in einem steckt." Für Al-Attiyah bedeutete das bei der nur zurückliegenden 33. Auflage des Marathons: kontrollierte Attacke zur rechten Zeit. "Nasser ist in diesem Jahr so klug und vorausschauend gefahren wie noch nie zuvor", lobt Beifahrer Timo Gottschalk. "Er hat sogar in Kauf genommen, auf steinigen Abschnitten Zeit zu verlieren, um keinen Reifenschaden zu riskieren. Stattdessen hat er dort attackiert, wo er sich besonders wohl fühlt: in den Dünen. Das war ein Schlüssel zum Erfolg."

Akribischer Arbeiter mit beiden Beinen auf dem Boden: Timo Gottschalk
"Timo weiß es, mich im Cockpit zu beruhigen, wenn es darauf ankommt. Er ist ein ausgeglichener und grundehrlicher Typ", so Nasser Al-Attiyah, der bereits an die gemeinsame Zukunft denkt. "Jetzt sind wir ‚Dakar‘-Sieger und jeder wird uns schlagen wollen. Man muss also noch besser vorbereitet und noch professioneller sein. Wenn das verglichen mit jetzt überhaupt noch steigerbar ist, dann ist Timo der richtige Mann dafür." In der Tat ist Timo Gottschalk akribischer Arbeiter für den Erfolg. Wie alle Beifahrer im "Dakar"-Team von Volkswagen navigiert er tagsüber im Renntempo. Am Abend und teils bis tief in die Nacht steht die Vorbereitung des Roadbooks für den nächsten Tag an. "Ein unglaublich anstrengender Job, bei dem man sich mindestens einmal täglich fragt, warum man sich das überhaupt antut", so der 36-Jährige. "Aber wenn man das große Ziel dann erreicht hat, dann weiß man, warum man diese Strapazen auf sich nimmt. Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, ‚Dakar‘-Sieger zu sein."

Timo Gottschalk, der neben seinem Job als Volkswagen Copilot auch als Ingenieur der Fahrzeugtechnik im heimischen Rheinsberg eine Automobil- und Motorrad-Werkstatt führt, läuft dennoch keine Gefahr, angesichts des Erfolgs abzuheben. Er ist mit beiden Beinen fest auf dem Boden verankert. Sein großes Glück hat der bodenständige Typ mit seiner Freundin Ine gefunden. Mit ihr und ihren Kindern lebt Gottschalk im gemeinsamen Haus in Rheinsberg. "Ich habe mein perfektes persönliches Umfeld gefunden, das mir viel Kraft und Halt gibt und der ideale Ausgleich zum hektischen Motorsport-Geschäft ist."

Perfekte Harmonie außerhalb, konstruktive Arbeit im Cockpit: Nur in wenigen Momenten geriet das eingespielte Duo Al-Attiyah/Gottschalk bei der Rallye Dakar 2011 aneinander, wenn es um schnelle Entscheidungen geht. "Es kann bei uns schon mal laut werden, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind", so Al-Attiyah. "Aber nur ganz kurz, denn wir beide setzen diese Energie in sportliche Motivation um. Ernsthaften Streit gibt es bei uns nicht."

Was der Araber bei der Zielankunft auf dem Dach des Race Touareg 3 gedacht hat? "Ich wäre am liebsten gleich zum Himmel empor gestiegen und ab nach Katar, wo die Menschen auf den Straßen wegen unseres Sieges feiern. Das hätte ich allzu gern direkt miterlebt." Und wenn sich die Physik aushebeln ließe: Timo Gottschalk kennt den Weg.
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