Rallye WM
16.01.2012
Ford peilt Podium bei der Rallye Monte Carlo an
Pünktlich zu ihrer 80. Auflage feiert die ebenso legendäre wie unberechenbare „Monte“ (17. bis 22. Januar) nach drei Jahren der Abwesenheit die Rückkehr in den Weltmeisterschafts-Kalender. Die Werksabordnung von Ford hat sich für die bevorstehende Aufgabe neu aufgestellt – mit neuem Team-Namen, einem modernisierten Design für die Fiesta RS World Rally Cars (WRC) und einem modifizierten Fahrerkader. Neben Jari-Matti Latvala und Miikka Anttila teilen sich ab dieser Saison der ehemalige Weltmeister Petter Solberg und Beifahrer Chris Patterson das Cockpit des zweiten Turbo-Allradlers.
Die traditionsreiche Rallye Monte Carlo bricht aus dem von WM-Rallyes gewohnten Format aus und verfolgt ein Konzept, wie es vor 15 Jahren in der Königsklasse üblich war. So erstreckt sich die Veranstaltung ab kommendem Mittwoch über fünf Tage und umfasst 18 Wertungsprüfungen über insgesamt 433,36 Kilometer – damit ist sie der längste WM-Lauf seit der Safari-Rallye Kenia 2002. Als Startort dient die vor den Seealpen gelegene Ardêche-Metropole Valence. Ab Freitag zieht der Rallye-Zirkus gen Süden in die mondäne Mittelmeer-Enklave Monaco. Prinzipiell zählt die Rallye Monte Carlo dabei zu den Asphalt-Läufen – unvorhersehbare Wetterlagen und -umschwünge stellen die Fahrer jedoch häufig vor immense Aufgaben.
Das Spektrum möglicher Fahrbahnzustände ist enorm und reicht von staubtrocken über wassergeflutet bis hin zu Eis und Schnee – unter Umständen sogar innerhalb einer einzigen Wertungsprüfung, die sich aus den Tiefen der Täler über hoch gelegene Bergpässe in die nächste steile Abfahrt ziehen kann oder von der sonnenverwöhnten auf die Schattenseite eines Canyons wechselt. Diese Umstände erklären auch, warum die richtige Reifenwahl bei der Rallye Monte Carlo eine so übergeordnete Bedeutung besitzt und schnell über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. Zumal die Pneus nicht nur für eine, sondern stets für eine Gruppe von Wertungsprüfungen passen müssen und die Entscheidung zugunsten des einen oder anderen Typs teilweise Stunden im Voraus getroffen wird. Oftmals gibt es ohnehin nicht den einen perfekten Reifen, wenn sich das Wetter als besonders wechselhaft erweist. Den Schlüssel zum Erfolg kann in diesem Fall auch jener Pneu darstellen, der unter dem Strich die wenigsten Nachteile bietet …
Zugunsten einer möglichst hohen Treffsicherheit bei der Wahl der Reifen kommt es bei der „Monte“ stark auf das Team an. Wetterbeobachter, die sich an strategischen Punkten positionieren und Veränderungen melden, sowie die sogenannten Ice-Crews von Latvala und Solberg spielen dabei die entscheidende Rolle. Dabei handelt es sich zumeist um erfahrene Rallye-Fahrer und -Beifahrer, die die Prüfungen kurz vor dem Start des ersten Teilnehmers noch einmal besichtigen und den Aufschrieb des Copiloten mit den jüngsten Informationen zum Straßenzustand ergänzen. Auch sie liefern wichtige Hinweise für die Reifenwahl.
Jari-Matti Latvala nimmt die neue Saison ebenso wie die Rallye Monte Carlo voller Zuversicht in Angriff. „Ich fühle mich gerade auf Asphalt so konkurrenzfähig wie noch nie zuvor“, betont der 26-Jährige, der im Vorjahr die meisten WP-Bestzeiten setzen konnte. „Wir haben alle Puzzle-Stücke, die wir für einen erfolgreichen Angriff auf die WM-Titel benötigen, in der Hand – ein starkes Team, mit dem Fiesta RS WRC ein schnelles und zuverlässiges Rallye-Auto sowie zwei starke Fahrer. Jetzt müssen wir diese Einzelteile nur noch zu einem erfolgreichen Ganzen zusammensetzen. Gelingt uns dies, können wir um beide WM-Kronen kämpfen. Ich bin seit 2008 Werksfahrer von Ford, aber nie zuvor besaßen wir größere Chancen als in diesem Jahr.“
Dass die neue Saison statt in Schweden in den französischen Seealpen beginnt, sieht der Finne nicht unbedingt als Vorteil. „2010 und 2011 konnten wir jeweils mit einem Sieg in das WM-Jahr starten“, so Latvala. „Dies zu wiederholen, wird für uns gegen die erklärten Asphalt-Experten sehr schwierig. Eine Platzierung unter den ersten Drei sehe ich für uns bereits als Erfolg. Danach kommen dann Rallyes, die uns besser liegen. Die Straßen der ,Monte‘ sind zuweilen sehr alt und wellig, der Grip-Level wechselt ständig. Auch die Wahl der Reifen gestaltet sich zuweilen als kompliziert. Wenn wir zum Beispiel in Monaco im Service-Park am Ufer des Mittelmeers stehen, müssen wir wissen, wie es oben in den Bergen aussieht und entscheiden, welche Pneus wir aufziehen lassen. Wer dabei einen Fehler begeht, verliert viele Sekunden – pro Kilometer. Die Reifen sind schnell das Pendel an der Waage, wenn es um Sieg und Niederlage geht.“
Petter Solberg kennt die Besonderheiten der Rallye Monte Carlo so gut wie kaum ein anderer Teilnehmer. Der Norweger, der vor Weihnachten bei Ford unterschrieb, geht hier zum 13. Mal an den Start. Inzwischen hat er zwei Tage mit dem Fiesta RS WRC getestet, heute stand ein weiterer auf dem Programm. Trotzdem fühlt sich der 37-Jährige gut gerüstet für die neue Herausforderung: „Mein erste Ausfahrt mit dem Fiesta RS WRC unternahm ich bei schwierigen Wetterbedingungen, aber ich habe sofort ein gutes Gefühl für dieses Auto entwickelt“, so der bei den Fans besonders beliebte Blondschopf. „Zudem bin ich auch im Vorjahr die ,Monte‘ gefahren, als sie nicht zur WM zählte. Daher kenne ich die aktuellen Prüfungen mit Ausnahme der beiden neuen. Mir gefällt diese Rallye, auch wenn sie zum Teil mit heimtückischen Bedingungen aufwartet. Bleibt es trocken, ist es einfach. Wird es feucht, müssen wir mit Schnee und ,schwarzem Eis‘ rechnen, das sich mit bloßem Auge kaum erkennen lässt. Dann kommt es auf die richtigen Reifen an. Hier immer die richtige Wahl zu treffen, verlangt nach einem kompetenten Team, einer guten Strategie und den perfekten Wetterprognosen.“
Bereits 1999 und 2000, also zu Beginn seiner Profikarriere, fuhr Solberg für Ford. Nun kehrt er zurück. „Ich freue mich sehr, wieder für ein Werk starten zu können – dies war der Grund, warum ich in den vergangenen drei Jahren mit meinem eigenen Team an der WM teilnahm. Aber ich bin nicht hier, um die Teilnehmerliste aufzufüllen. Jari-Matti Latvala und ich wollen um Siege und Titel kämpfen – und ich bin mir sicher, dass uns dies gelingen wird.“