Automobilsport
27.09.2014
8-Gang-Automatgetriebe von ZF überzeugt im Rennwagen
Basierend auf seinem millionenfach bewährten Serienpendant, das unter anderem als Getriebeoption für die aktuelle BMW 2er-Reihe angeboten wird, mussten es die Motorsportingenieure nur geringfügig modifizieren. Einen der weltweit härtesten Belastungstests, das 24h-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife, hat das 8HP bereits souverän bestanden.
Mit dem Hauptziel, das dynamische und sichere Schalten über Lenkrad-Paddles auch in einem Einstiegsfahrzeug für den Motorsport verfügbar zu machen, hat ZF im Auftrag seines Kunden BMW einen einzigartigen Weg eingeschlagen: Anstatt für den neuen Rundstrecken-Boliden BMW M235i Racing ein spezielles Renngetriebe komplett neu zu entwickeln, setzten die Ingenieure auf das 8-Gang-Automatgetriebe 8HP. „Mit Reaktionszeiten unterhalb der menschlichen Wahrnehmungsschwelle und seiner sehr hohen Zuverlässigkeit besticht es in Serienautos weltweit – in Fachkreisen gilt es als Benchmark für moderne Pkw-Automatgetriebe“, sagt Robert Schmelzer, Applikationsingenieur bei ZF und erfahrener Motorsportler. „Weil uns damit bereits eine enorm leistungsfähige und belastbare Getriebebasis zur Verfügung stand, waren gar keine besonders aufwändigen Modifikationen mehr nötig, um das 8HP fit für Rennsporteinsätze zu machen.“ Nur rund ein halbes Jahr benötigte das Entwicklerteam dafür.
Zurückschalten noch bei knapp unter 6.000 U/min
Schnell stand fest, dass die Hardware des Automatgetriebes gegenüber der Serie unverändert bleiben konnte: „Ausgiebige erste Simulationen sowie Testfahrten bei BMW bestätigten, dass die 8HP-Mechanik, -Hydraulik und -Elektronik die extrem hohen Längs- und Querbeschleunigungskräfte unter Rennbedingungen problemlos verkraften“, so Schmelzer. „Angepasst haben wir aber die Getriebesteuerung.“
Anders als bei ihren Entwicklungen für Straßen-Pkw konnten sich die ZF-Ingenieure beim 8HP-Renngetriebe dabei ausschließlich auf das Kriterium Dynamik konzentrieren: Die Software ist hier so programmiert, dass jeder Gangwechsel schnellstmöglich erfolgt. Die Möglichkeit, auch zwischen einem komfortorientierten oder besonders spritsparenden Verhalten zu wählen, besteht nicht mehr. Ähnliches gilt für den Automatik-Modus: Im BMW M235i Racing schaltet das 8HP nur noch, wenn es vom Fahrer über die Paddels am Lenkrad oder den Wählhebel aktiv den Befehl dafür bekommt. „Allerdings können die Piloten jetzt sogar bis 5.850 Umdrehungen pro Minute noch einmal in einen niedrigeren Gang wechseln“, erläutert Schmelzer.
Weniger Defekte, volle Konzentration
Darüber hinaus bietet das ZF-Automatgetriebe ein mehrfaches Sicherheitsplus gegenüber manuellen Renngetrieben. Allen voran ist ein Verschalten ausgeschlossen, das Motor und Getriebe zerstören oder zu blockierenden Antriebsrädern führen könnte. Wollte man die hohen Schaltgeschwindigkeiten des 8HP mit konventionellen Handschaltgetrieben erreichen, würde deren Haltbarkeit stark darunter leiden. Und bei hitzigen Duellen oder der Bestzeitenjagd auf dem Rundkurs entlastet es den Piloten, weil er sich mit beiden Händen am Lenkrad konsequent aufs Fahren fokussieren kann – anstatt zusätzlich aufs Kuppeln und Gangwechseln in der Schaltgasse. „Das ist umso wichtiger, als bei Fahrzeugen dieser Kategorie oft keine absoluten Profi-Rennfahrer am Steuer sitzen und man bei Langstreckenrennen die Konzentration über mindestens vier Stunden aufrecht erhalten muss“, so Schmelzer.
Überzeugt auf tausenden Rennkilometern
Mit dem BMW M235i Racing Cup hat BMW mittlerweile eine eigene Rennserie für Privatteams etabliert. Hinzu kommt das BMW Motorsport Junior Programm, eine spezielle Nachwuchsförderung für junge Piloten mit Potential. Dabei absolviert eine Mannschaft aus vier Nachwuchsfahrern unter anderem zwei VLN-Langstreckenrennen und das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring im 235i Racing. Bei letzterem zeigte das 8HP sein ganzes Potenzial: „Auf 3.800 Kilometern unter den weltweit härtesten Bedingungen bekamen wir nicht ein einziges, auch noch so kleines Problem mit dem Automatgetriebe“, betont BMW-Werksfahrer und Team-Mentor Dirk Adorf. Auch BMW-Junior Jesse Krohn weiß nach einem VLN-Langstreckenrennen in der Grünen Hölle nur Positives zu berichten: „Weniger Schaltarbeit bedeutet mehr Zeit fürs Wesentliche. Unterm Strich bin ich mit dem 8HP also sicherer unterwegs. Und vor allem schneller.“
ZF optimiert dieses Renngetriebe laufend weiter. Das macht es künftig auch für weitere Anwendungen und Fahrzeugsegmente attraktiv: „Wir planen, das 8HP in circa einem Jahr auch für exklusive Straßensportwagen von Klein- und Kleinstserienherstellern sowie für andere Rennfahrzeuge im Breiten- und Kundensport auf den Markt zu bringen“, sagt Peter Leipold, Entwicklungsingenieur bei ZF Race Engineering. „Denn die Nachfrage nach einem Automatgetriebe, das Performance und Zuverlässigkeit derart gut verbindet, steigt unter Motorsportlern weltweit.“