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GTC
08.09.2016

Perfektes Bavarian 24h in Wackersdorf 2016

Ein perfektes 24h-Rennen abzuliefern, davon träumten alle der 45 gestarteten Mannschaften beim 19. Bavarian 24h in Wackersdorf. Aber wann gelingt dieses schon einmal? Keine Strafzeiten, keine technischen Probleme, Glück bei den Pace-Kart-Phasen und den richtigen Speed – das sind die nötigen Zutaten. Bei den Rundenzeiten sollte man tunlichst nicht weiter entfernt sein als fünf Zehntelsekunden, um sich Chancen auf den Gesamtsieg zu machen. Dies schafften immerhin 15 Teams, alle anderen mussten auf Probleme der Top-Runner hoffen, um weit vorne zu landen.

Außerhalb dieser fünf Zehntelsekunden lag der Meisterschaftsführende und Sieger des letzten Laufes, ATW Racing aus Reicharthausen. Mit den 10Kilogramm Handicap-Gewicht tat man sich schwer beim 24h-Rennen, zumal man im Qualifying (ohne Zusatzgewicht) nur 1,5 Zehntelsekunden auf die Spitze verlor. Trotzdem hätte es für ATW auch ohne Zusatzgewichte wohl nicht gereicht. Um die 19. Auflage des Klassikers zu gewinnen benötigte man ein perfektes Rennen. ATW Racing musste aber gleich dreimal außerplanmäßig den Schraubenschlüssel schwingen.

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Noch härter traf es die Pforzheimer Cool Runnings Mannschaft. Bereits nach sechs Minuten durfte man eine verbogene Hinterachse richten. Diese Reparatur hielt weitere 20 Stunden bevor die Hinterachse in zwei Teile zerbrach. Die Pforzheimer trösteten sich mit einer phantastischen Zeit für den Wechsel des Übels. Bereits nach zehn Minuten war man wieder auf der Strecke obwohl man keine komplette Hinterachse zur Verfügung hatte und so diese erst aufbauen musste. Das sind die Geschichten die man noch Jahre später erzählt und einen Klassiker ausmachen. Mit der Pokalvergabe hingegen hatte Cool Runnings nichts mehr zu tun. Da waren sie natürlich nicht allein.

B&W by Messebau und needracing.com aus Mannheim mussten nach massiven Problemen gleich ganz abstellen, andere schraubten sich die Finger wund (Cartteam.de gleich mit beiden Karts), Unfallschäden mussten gerichtet werden, Spurstangen ersetzt oder Motoren gewechselt. Die üblichen Dinge eben die den Traum vom perfekten Rennen zerplatzen ließen.

Diesen Traum hatten auch die Braunschweiger Jungs von Oberheiden Motorport. Mit 5 Kilogramm Zusatzgewicht gesegnet, konnte man den Speed der Spitze locker mitgehen, was die zweitschnellste Rennrunde zeigt. Man nistete sich in den Top-Fünf ein und spulte das geplante Programm ab. In der fünften Rennstunde führten die Zehn Gebote vor den MSC O Slalom Racern, Oberheiden Motorsport, NFO MS by Ghost Busters, Shark Endurance, Honda Spirit, die Schnitzelalm und Tage des Donners. Alle fuhren in der gleichen Rennrunde. Strategiebedingt eine Runde zurück folgten dann DG Racing, H&R sowie ATW Racing und der WGKC. Das waren die Top-Zwölf.

In der Folgezeit setzte sich Oberheide Motorsport ab – nicht weil sie schneller waren, sondern sie machten einfach so weiter wie in den ersten Stunden, während die versammelte Konkurrenz in Probleme lief. Die Zehn Gebote bekamen Aussetzer, worauf man sich nicht lange mit der Fehlersuche aufhielt, sondern gleich das ganze Triebwerk wechselte. Drei Runden kostete der Spaß. Im Nachhinein wurde ein defekter Kerzenstecker festgestellt. Die Nacht war angebrochen und jede zusätzliche Boxenarbeit ließ die Gegner zurückfallen. Sei es ein defektes Rücklicht, verlorene Startnummer, Bremsbeläge nachtstellen, Stau an der Waage und Tankbox oder eben nur Pech bei den Pace-Kart Phasen.

So haderte die Teamleitung des MSC Oberflockenbach: Nach jedem Stopp unter Grün folgte prompt eine Pace-Kart Phase. Es war zum Haare raufen. Die Zeiten in der man diese verlorene Zeit aufholen konnte, sind in der GTC längst vorbei – zu ausgeglichen ist das Feld. Die ersten 35 Teams lagen erneut innerhalb einer Sekunde bei den schnellsten Rennrunden.

Nach acht Stunden freute man sich Oberheiden Motorsport über zwei Runden Vorsprung. Damit gab man auch bei planmäßigen Nachtanken oder Fahrerwechsel die Führung nicht mehr ab. Es kam aber noch besser. Es ging die ganze Nacht so weiter. Drei Runden Vorsprung nach zwölf Stunden, fünf Runden Vorsprung nach 18 Stunden. Das Tony Kart der Nummer 4 lief wie ein Uhrwerk.

Die Konkurrenz ergab sich noch nicht, musste aber auf Probleme von Oberheiden Motorsport hoffen. Nur einmal liefen sie Gefahr die Führung zu verspielen. Nachdem Carsten Waibel am Steuer der #4 sich mit Daytona Racing nicht über die Vorfahrt einigen konnte, stieg er auf und rauschte über das Kart der #74. Aufatmen an der Box, als keine Folgeschäden erkennbar wurden. Die letzten sechs Stunden des Rennens wurden dann zu einer Zitterparty, nicht dass etwas dramatisches passiert wäre – lediglich die Kupplung machte kleine Geräusche –, aber die Jungs in der Box wurden Stunde um Stunde nervöser. Man ging die Sache nun etwas defensiver an und verwaltete den Vorsprung. Trotzdem wurde gezittert. Wann trifft es uns? Die letzten Minuten wurden zur Qual, aber vier Minuten vor dem Ende war klar, die #4 geht als Sieger der 19. Auflage des Rennens in die Geschichte ein.

Oberheiden Motorsport gewann nach einem perfekten Rennen zum ersten Mal den GTC-Klassiker und erfüllte sich damit einen Traum. Gerade Oberheiden Motorsport, die vor elf Monaten den wohl bittersten Moment in ihrer GTC-Geschichte erleben mussten, als sie mit einer fast uneinholbaren Führung im letzten Rennen noch die Meisterschaft verloren. So dicht liegt Frust und Lust beieinander. Ein so perfektes Rennen liefert man nicht jedes Jahr ab.

Der Konkurrenz blieb nur anerkennendes Staunen. Man hatte aber auch selbst alle Hände voll zu tun, schließlich war der Kampf um die zweite Position sehenswert. Vier Runden hinter Oberheiden freute man sich beim MSC Oberflockenbach über einen P2, knapp vor den Zehn Geboten. Der Titelverteidiger aus Hagen hatte noch ein kleineres Bremsproblem und lag im Ziel damit sechs Runden hinter dem Gesamtsieger. P4 ging an die Honda Spirit Mannschaft, die nun die besten Chancen auf den GTC-Titel hat. Man geht mit 21 Punkten Vorsprung zum Finale nach Wittgenborn. Platz fünf dann für die H&R Pergande Mannschaft, die mit einer nicht optimalen Abstimmung haderten. Die Vorderradreifen wurden förmlich gefressen. Auch Shark Endurance Racing auf P6 hatte an diesem Wochenende zu viele kleinere Probleme um den Pott erneut in das Sauerland zu entführen.

Eine ganz starke Leistung indes für das siebtplatzierte Team von NFO MS by Ghost Busters. Die noch relativ junge GTC-Mannschaft lieferte ein tolles Rennen ab. In die Top-Ten zu fahren ist so extrem schwierig, dass man sich bei den Aachenern umso mehr freute. Dies trifft auch auf Curto Racing zu, die hinter dem WGKC auf P9 ins Ziel kamen. Mit P10 war man dafür ATW Racing nicht glücklich. Die Tabellenführung ist dahin und nachdem man schon drei Mal in Wackersdorf den Gesamtsieger stellte, sorgte dieser zehnte Platz für keine glücklichen Gesichter.

Nun dreht sich aber das Blatt. Zum Finale hat ATW noch beste Möglichkeiten auf den Titel und da fahren dann Honda Spirit und Oberheiden Motorsport mit ordentlich Zusatzgewicht. Dies wird ein ganz spannendes Finale, es sei denn, irgendeinem Team gelingt ein perfektes Rennen, damit steht man zwangsläufig ganz weit oben.