Mit jedem Fahrzeug, das sie für Zanardi modifizieren, lernen die BMW Motorsport Ingenieure dazu. Für den DTM-Gaststart und den Einsatz bei den 24 Stunden von Daytona (USA) 2019 haben sie einmal mehr zahlreiche technische Neuerungen entwickelt, darunter erstmals ein Handbremssystem. Ein detaillierter Überblick über alle Änderungen.
1. Bremssystem per Hand
Bei seinem DTM-Gaststart in Misano steht Zanardi zum ersten Mal ein neu entwickeltes Handbremssystem zur Verfügung. Es löst die Kombination aus Bremspedal mit daran fixierter Beinprothese ab, mit der Zanardi bei seinen bisherigen Einsätzen in BMW Rennfahrzeugen gebremst hat. Vorteil des neuen Systems ist, dass es weniger Kraftaufwand erfordert und somit deutlich leichter zu handhaben ist.Der Bremshebel befindet sich rechts neben dem Fahrer im Bereich der Mittelkonsole. Die Bremsleitungen wurden verlängert und vom Fußraum dorthin verlegt, wodurch die Pedalbox mit Gas-, Brems- und Kupplungspedal wegfällt. Der Fußraum in Zanardis BMW M4 DTM ist leer. Die Größe der Bremszylinder wurde leicht angepasst, damit Zanardi mit der Hand nicht genauso viel Druck aufbringen muss wie ein gewöhnlicher DTM-Fahrer mit dem Fuß, um die erforderliche Bremswirkung zu erzielen. Drückt ein gewöhnlicher Fahrer 100 bis 120 Kilogramm, reichen bei Zanardi maximal 70 Kilogramm aus. Neben der Größe der Bremszylinder erleichtert auch die bessere Hebelwirkung des Handbremshebels den Bremsvorgang.
Damit das neue System funktioniert, haben die BMW Motorsport Ingenieure die Funktionsweise der Bremszylinder umgekehrt. Während das Bremspedal in einem normalen BMW M4 DTM Zugkraft auf den Bremszylinder ausübt, erzeugt der Handbremshebel in Zanardis Fahrzeug Druck auf den Zylinder.
Wie in jedem anderen BMW M4 DTM gibt es auch in Zanardis Fahrzeug eine Feststellbremse, die dazu genutzt wird, um für einen möglichst schnellen Start Vorspannung aufzubauen. Zanardi kann diese Feststellbremse wie all seine BMW Fahrerkollegen über einen Knopf am Lenkrad betätigen. Er hat aber zusätzlich die Möglichkeit, sie über einen Hebel an seiner Handbremse mechanisch festzustellen und wieder zu lösen. Außerdem kann er damit das Fahrzeug gegen Wegrollen sichern.
2. Fliehkraftkupplung
In einem gewöhnlichen DTM-Fahrzeug nutzen die Fahrer für den Rennstart und das Anfahren aus der Box oder den Boxenstopp eine hydraulische Kupplung. In Zanardis Fahrzeug kommt dagegen eine vollautomatische Fliehkraftkupplung zum Einsatz. Diese öffnet und schließt bei bestimmten Drehzahlen automatisch und muss nicht mehr vom Fahrer betätigt werden. Die passenden Drehzahlen werden von den BMW Motorsport Ingenieuren in akribischer Abstimmungsarbeit festgelegt. Für Zanardi hat das System den großen Vorteil, dass er mit einer seiner beiden Hände nicht auch noch einen Kupplungshebel bedienen muss.Erste Tests mit der Fliehkraftkupplung verliefen sehr positiv. Sowohl das langsame Anfahren aus der Garage klappt problemlos als auch das schnelle Losfahren am Start oder nach einem Boxenstopp. Der Sprint von 0 auf 100 km/h ist mit der Fliehkraftbremse vergleichbar schnell wie mit dem herkömmlichen System.
3. Schaltung
Grundsätzlich kann Zanardi die Gänge im BMW M4 DTM genauso über die Schaltwippen am Lenkrad wechseln wie seine Fahrerkollegen. Dazu ist in keinem modernen DTM-Fahrzeug das Betätigen einer Kupplung mehr erforderlich. Zum Hochschalten der Gänge nutzt Zanardi wie alle anderen Fahrer die Schaltwippe auf der rechten Seite des Lenkrads.Runterschalten kann er bei Bedarf ebenfalls ganz normal an der entsprechenden Schaltwippe. Da dieser Vorgang allerdings in der Regel mit einer Bremsung verbunden ist, für die er die rechte Hand benötigt, kann Zanardi zudem über eine Schaltwippe am Kopf des Bremshebels durch die Gänge herunterschalten.