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Rallye WM
18.09.2018

Platz vier für Teemu Suninen mit dem M-Sport Ford Fiesta WRC

Titelverteidiger M-Sport Ford hat einen möglichen Sieg beim Comeback der Rallye Türkei im WM-Kalender verpasst, freut sich aber über den beeindruckenden vierten Rang von Nachwuchstalent Teemu Suninen und Beifahrer Mikko Markkula beim bislang härtesten Schotterlauf der Saison. Die Weltmeister Sébastien Ogier/Julien Ingrassia mussten mit dem Fiesta WRC, der auf dem in Köln-Niehl produzierten Kleinwagen basiert, trotz kämpferisch großartiger Vorstellung alle Chancen auf Platz eins nach einem seltenen Fahrfehler aufgeben.

Er hätte sie in der WM-Tabelle zurück auf die Spitzenposition gebracht. Die Franzosen erreichten das Ziel auf Rang zehn vor ihren Teamkollegen Elfyn Evans/Daniel Barritt auf der zwölften Position, konnten den Abstand zu den Meisterschaftsführenden Thierry Neuville/Nicolas Gilsoul bei drei noch ausstehenden WM-Läufen aber konstant halten.

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"Wir sind vom Ausgang dieser Rallye etwas enttäuscht, denn wir haben eine große Gelegenheit verpasst", räumt M-Sport-Teamchef Malcolm Wilson ein. "Sébastien Ogier hatte das Potenzial zu gewinnen und die Spitze der Fahrerwertung zurückzuerobern, ein für ihn sehr untypischer Fehler vereitelte dies jedoch. Ich kann mich nicht erinnern, wann es auf WM-Ebene zuletzt so eng zuging - im Kampf um die Titel ist weiterhin alles offen, drei Rallyes stehen uns noch bevor. Das ist fantastisch für den Sport. Unser gesamtes Team wird auch weiterhin alles dafür geben, bis zum Ende der Saison das bestmögliche Resultat zu erzielen. Eine sensationelle Performance hat dafür Teemu Suninen an diesem Wochenende abgeliefert. Ich bin mir ganz sicher, dass er schon in naher Zukunft um Siege und Titel kämpfen kann. Für einen jungen Fahrer seines Alters fuhr er eine sehr besonnene und erwachsene Rallye mit einem perfekten Team im Rücken. Auch Elfyn Evans blieb hier in der Türkei nicht vom Pech verschont, aber er hat sich wieder nach vorne gearbeitet und dann unter Beweis gestellt, dass er ein Mannschaftsspieler ist."

Der 24 Jahre junge Teemu Suninen hat auf den besonders groben Geröllpisten der Rallye Türkei einmal mehr gezeigt, dass er besonders schnell und besonders clever zugleich Autofahren kann. Der Finne fand auf den extrem schwierigen Wertungsprüfungen schnell in einen Rhythmus, der konkurrenzfähige Zeiten und einen ausreichend schonenden Umgang mit der Technik des Ford Fiesta WRC verband - und dies, obwohl das Nachwuchstalent zumeist als einer der Ersten auf der Piste mit schwierigeren Bedingungen konfrontiert war als die nachfolgenden Teilnehmer.
"Dies war definitiv die brutalste WM-Rallye meiner bisherigen Karriere", bestätigt Suninen. "Platz vier ist entsprechend großartig und das zweitbeste Resultat, das ich bislang mit einem World Rally Car erzielen konnte. Damit bin ich durchaus zufrieden und freue mich, dem Team in Form von WM-Punkten etwas zurückzahlen zu können - die Jungs haben es wirklich verdient. Am Freitag konnten wir auf der langen Wertungsprüfung 5 eine richtig schnelle Zeit vorlegen, die nur zwei Sekunden langsamer war als der Bestwert. Am Samstag hat uns der lose Schotter wirklich vor eine schwierige Aufgabe gestellt. Angesichts der immer wieder stark durchdrehenden Räder konnten wir nicht viel mehr machen. Vermutlich war dies aber eine gute Übung für die Zukunft."

Sébastien Ogier und Julien Ingrassia trauern am Ende der Rallye Türkei um eine goldene Chance. Zweimal hatte das französische Duo die besten Aussichten auf den Sieg, zweimal kam ihnen im Kampf um die Tabellenspitze in der Fahrerwertung etwas dazwischen. Kaum hatten sie auf der ersten Wertungsprüfung (WP) des Samstag die Rallye-Führung übernommen, mussten sie den ersten Rückschlag hinnehmen: Eine beschädigte Radaufhängung vorne rechts kostete auf der WP 9 wertvolle Zeit. Anschließend mussten die beiden Weltmeister den Defekt am Straßenrand der Verbindungsetappe nach besten Kräften mit Bordmitteln selbst reparieren - unter fachmännischer Anleitung ihres Teamkollegen Elfyn Evans sowie des Rallye-Urgesteins Henning Solberg, die selbst aber keine Hand anlegen durften. Wegen Verspätung an der folgenden Zeitkontrolle kassierten Ogier/Ingrassia zudem eine Zeitstrafe von 60 Sekunden.

Mit dem eher notdürftig geflickten Fahrwerk vollbrachte Ogier anschließend eine heroische Glanztat und setzte auf der über 20 Kilometer langen WP 10 eine souveräne Bestzeit, bevor sich im Service-Park die M-Sport-Mechaniker mit dem Fiesta WRC beschäftigen konnten und innerhalb von nur 30 Minuten neben dem Fahrwerk auch die vordere Kraftübertragung tauschten. Mit 46,1 Sekunden Rückstand nahm der Titelverteidiger die zweite Schleife des Tages als Viertplatzierter in Angriff, die Attacke auf die Führung fand jedoch ein vorzeitiges Ende: Ogier überhörte eine Ansage seines Beifahrers und rutschte an einer Stelle von der Strecke, die ein Fortsetzen der Fahrt unmöglich machte. Am Sonntag kämpfte sich das Duo noch auf Rang zehn nach vorne und setzte auf der abschließenden Power Stage die zweitschnellste Zeit, was mit weiteren vier WM-Zählern belohnt wurde. Zwar fielen beide in der Fahrertabelle auf die dritte Position hinter Thierry Neuville/Nicolas Gilsoul und die Türkei-Sieger Ott Tänak/Martin Järveoja zurück, der Abstand zum Erstplatzierten blieb mit 23 Punkten jedoch unverändert.
"Wirklich ein frustrierendes Wochenende, aber das gehört mit zum Spiel und wir müssen es akzeptieren", ärgert sich Ogier. "Wir haben alles gegeben, aber es blieb unbelohnt. Immerhin konnten wir auf der letzten WP noch einige Punkte einsammeln, die machen sich vielleicht noch bezahlt. Tatsächlich erleben wir jetzt einen Dreikampf um den Titel, und entschieden ist noch gar nichts!"

Auch das britische Duo im Ford Fiesta WRC kam bei der materialmordenden Rallye Türkei nicht ungeschoren davon, ließ sich davon aber nicht beeindrucken. Elfyn Evans und Daniel Barritt schlugen bestmöglich zurück und bewiesen darüber hinaus auch noch echte Teamplayer-Eigenschaften: Als Sébastien Ogier und Julien Ingrassia einen gebrochenen Querlenker am Straßenrand reparieren mussten, standen sie den Franzosen mit Rat und Tat zur Seite. Damit nicht genug: Als sich im Service-Park die M-Sport-Mechaniker mehrheitlich um den Ford Fiesta der Titelverteidiger kümmerten, legten sie an ihrem eigenen Turbo-Allradler mit Hand an. Evans - als einer der geschicktesten Mechaniker unter den Fahrer bekannt - wechselte das Fahrwerk, sein Beifahrer justierte die Fahrzeughöhe.
Nach ihrem Ausfall am Freitag hatten sich die beiden Briten bereits wieder bis auf Rang sieben nach vorne gearbeitet, als sie am Sonntag erneut ihren Teamkollegen zu Hilfe eilten und an einer Zeitkontrolle bewusst fünf Minuten zu spät stempelten. Dadurch fielen sie hinter Ogier und Ingrassia zurück, die hierdurch einen weiteren WM-Punkt verbuchen konnten.

"Der Freitag verlief für uns sehr enttäuschend, wir mussten mit zahlreichen Problemen kämpfen, bis wir schlussendlich einem Stein nicht aus dem Weg gehen konnten, der mitten auf der Fahrbahn lag", erläutert Evans. "Der Samstag spielte uns deutlich besser in die Karten und wir konnten uns aus allen Schwierigkeiten heraushalten. Auf der letzten Etappe haben wir dann Zeit verschenkt, um Sébastien im Kampf um die Weltmeisterschaft zu unterstützen."