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24h Nürburgring
28.09.2020

Space Drive behauptet sich beim ADAC TOTAL 24h-Rennen

Das 48. 24h-Rennen auf dem Nürburgring ist in den Büchern und schrieb ein weiteres kurioses und furioses Kapitel in seiner Geschichte. Unter extremen Wetterbedingungen wurde der Marathon in der Nacht für 9,5 Stunden unterbrochen. Der von Schaeffler Paravan mit dem Steer-by-Wire System ausgestattete Porsche Cayman 718 GT4 passierte die Zielflagge auf dem 29. Gesamtrang und als zweiter in der Klasse SP7 – er bestand überzeugend den Langstreckentest mit dem Space Drive System.

„Die Blicke waren auf uns gerichtet. Wir haben das Steer-by-Wire System bereits in der Vergangenheit in der GTC-Race Serie und in der ADAC GT-Masters und GT4 Germany eingesetzt und gute Ergebnisse eingefahren. Hier standen wir vor einer völlig neuen Herausforderung“, sagt Roland Arnold, CEO Paravan GmbH, nach dem Rennen. „Die Nordschleife gilt nicht umsonst als die schwierigste Teststrecke der Welt. Wer hier besteht, ist für die Zukunft gerüstet. Autonomes Fahren, kann ohne Steer-by-Wire nicht funktionieren. Egal ob es hier um die Steuerung oder Innenraumkonzepte geht.“

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Das Jahreshighlight im Rennsport wurde aufgrund der Corona-Pandemie auf das Wochenende vom 24. bis 27. September verschoben. Eine herbstliche Eifel lud fast 100 Teilnehmer zum härtesten Autorennen der Welt ein und zeigte sich von einer unangenehmen Seite. Bereits kurz nach der Startphase setzte Regen und Wind ein. Der Regen wurde mit dem frühen hereinbrechen der über 12 Stunden langen Nacht immer stärker. Die Vorfälle auf der Strecke mehrten sich und ohne die Fanbeleuchtung rund um die Nordschleife waren die Sichtverhältnisse sehr grenzwertig. Die Entscheidung der Rennleitung, das Rennen um 22:33 Uhr mit der Roten Flagge zu unterbrechen, wurde von den Teams und Fahrern begrüßt. Um 08:00 Uhr setzte sich das Feld, mit nur vier Fahrzeugen weniger als beim Start, hinter dem Safetycar wieder in Bewegung um dann gegen 08:20 Uhr die verbleibenden 7:10 Stunden die Herausforderung Nordschleife in Angriff zu nehmen.

Im Porsche Cayman 718 GT4 #58, betreut von W&S Motorsport und besetzt mit den Nordschleifen-Routiniers Marvin Dienst (Lampertheim), Niklas Steinhaus (Schwelm), Kai Riemer (Filderstadt) und Tim Scheerbarth (Dormagen) kam das von Schaeffler Paravan entwickelte Steer-by-Wire System zum Einsatz.

„Das Rennen besonders gemacht hat vor allem die Technologie, die wir hier eingesetzt haben. Wir waren in einer Klasse unterwegs, die uns auf dem Papier deutlich überlegen war und konnten uns mit der Technologie beweisen“, sagt W&S Teamchef Daniel Schellhaas. „Was wir geschafft haben, war ein wichtiger Schritt für die Entwicklung zukünftiger Technologien. Da bin ich stolz drauf, dass wir dieses Projekt als Team begleiten konnten, als erstes Rennteam der Welt, ohne mechanische Verbindung in der Lenkung, so ein hartes Rennen zu fahren.“

Die Besonderheit des innovativen Systems ist, dass die Lenkeinheit ohne mechanische Verbindung zum Lenkgetriebe funktioniert. Erfolgreich eingesetzt wird die Technologie bereits bei behindertengerechten Fahrzeugen, erprobt seit 18 Jahren und über 1 Mrd. Kilometer – unfallfrei. Seit 2019 bestreiten verschiedene GT-Fahrzeuge in diversen Sprintrennserien mit dem Steer-by-Wire System Einsätze unter Realbedingungen. Podien und sogar Gesamtsiege konnten hier eingefahren werden. Im seriennäheren Porsche Cayman 718 GT4 ging Schaeffler Paravan den nächsten Schritt und unterzog dem System einen Langzeittest unter Extrembedingungen.

Kai Riemer nahm zum Start am Samstag, 15:30 Uhr als erster Pilot Platz hinter dem Forcefeedback-Lenkrad, um von der 57. Startposition das Rennen zu beginnen. Schon in der Startaufstellung begann der Reifenpoker, da sich bereits der erwartete Regen ankündigte. Die erste Rennstunde verlief ohne Zwischenfälle und Riemer gelang der Sprung auf den 37. Gesamtrang – somit schon dicht an dem über 30 Rennwagen großen GT3 Feld.

Der Filderstädter erklärte nach seinem Stint: „Zum ersten Mal im Regen. Jetzt spürt man, dass das Lenkrad auch sehr viel wegnimmt, und es war super zu fahren. Der Start war ein wenig eng, da viele sehr vorsichtig oder unsicher waren. Das ist natürlich nicht ganz ungefährlich, aber ich konnte locker mitfahren.“

Niklas Steinhaus, der in dieser Saison bereits 5 Mal den Cayman in der VLN-Serie steuerte, übernahm das Cockpit bei stärker werdendem Regen und hereinbrechender Dunkelheit. „Es war sehr entspannt zu fahren. Bei Regen musst du auf sehr viel achten, aber mit der Lenkung war kein Unterschied zu spüren. Die Bedingungen draußen sind schwierig. Ein Auto hat sehr viel Öl verloren, die abfallenden Temperaturen waren ein Thema.“ So übergab er den Space Drive Cayman nach der 17. Rennrunde an Tim Scheerbarth.

Zu Runde 25 stieg Marvin Dienst ins Auto. Das Team entschied sich die Piloten in der Nacht auf Doppel-Stints zu schicken. Die Bedingungen auf der Nordschleife beschrieb Scheerbarth so: „Von der Auffahrt Nordschleife bis zum Bergwerk war Öl verteilt, manchmal auf der Ideallinie. Die anderen Streckenteile waren durchgehend nass, aber noch gute fahrbare Bedingungen. Das Auto läuft super und die Lenkung einwandfrei, jedes Feedback ist gut.“

Wegen dem inzwischen zum Starkregen angestiegenen Niederschlag ließen die Rundenzeiten keine Doppel-Stints zu, so dass das Team die Strategie gegen 22:00 Uhr wieder revidierte. Hinzu kam immer mehr Nebel in den Eifelwäldern. Der Space Drive Porsche Cayman lag zu der Zeit auf Rang 1 bei sechs weiteren Klassengegnern, allesamt verschiedene Porsche 911 Cup Modelle und somit vor den großen Brüdern aus dem Schwabenland.

Um 22:33 Uhr zogen die Marshals die rote Flagge, um das Rennen abzubrechen. Rennleiter Walter Hornung entschied dies zur Sicherheit aller Beteiligten. Marvin Dienst stieg mit den Worten: „Ich glaube ich hatte nicht den einfachsten Stint, in der Nacht bei strömenden Regen und nur gefühlten fünf Metern Sicht. Es gab fast ständig Aquaplaning. Das war extrem schwierig, der Grad war ziemlich schmal. Was das draußen gerade abging, war wirklich krass!“ aus dem Auto. Um Mitternacht gab die Rennleitung bekannt, dass der Abbruch bis mindestens 07:00 Uhr am Sonntagmorgen andauert und sie dann anhand der Situation entscheidet.

Der dann verkündete Beschluss gab den Teams Zeit, sich bis 08:00 Uhr zur Einführungsrunde hinter dem Safety-Car wieder bereit zu machen. Der Restart war um 08:20 Uhr. Noch lange 7:10 Stunden lagen vor den Teams bis zur Zielflagge um 15:30 Uhr.

„Wir sind genauso gestartet, wie wir aufgehört haben: Das Auto funktioniert perfekt, ich konnte jetzt mal ein bisschen fahren und musste letztlich auch Gegenlenkmanöver ausführen, da die Reifen zum Schluss stark abgebaut haben. Aber auch da hat das System fehlerfrei reagiert und ich konnte das Auto einwandfrei korrigieren. Es waren sehr viele Tempounterschiede da“, schilderte der Nordschleifenroutinier Kai Riemer, der den Cayman seit 2016 auf der Nordschleife fährt, seine Eindrücke.

Steinhaus war wieder im Cockpit und die Strecke in seinem Stint frei. Nach einer Stopp-and-Go Strafe von 33 Sekunden übergab er den Space Drive Cayman an Scheerbarth auf Rang zwei liegend. Scheerbarth machte die Lücke schnell wieder zu und brachte das Auto als Führender der Klasse in die Box. „Ich habe den Cayman von Niklas auf Regenreifen übernommen, den Stint dann etwas herausgezögert, so dass wir sicher auf Slicks wieder rausgehen konnten. Wir hatten eine sehr gute Pace. Irgendwann fängst du an, in das Auto reinzuhören, wie in jedem normalen Rennfahrzeug, wenn alles rund läuft. Die letzten drei Runden gab es noch ein paar Zwischenfälle, mit denen wir aber nichts zu tun hatten. Da war relativ viel Bindemittel und Teile auf der Strecke.“

Den Rennschluss sollte Marvin Dienst auf Slicks fahren. Er entschied jedoch genau richtig, als er sich bereits nach vier Runden in der Box wieder Regenreifen montieren ließ. Die Eifel bot nochmals Regenfälle in einigen Streckenabschnitten der Nordschleife. Letztlich überquerte der Cayman mit der digitalen Lenkeinheit die Ziellinie auf dem zweiten Platz in der Klasse und auf dem 29. Gesamtrang.


Weitere Stimmen nach dem Rennen

„Wir haben das 24h-Rennen mit dem Cayman erfolgreich abgeschlossen. Durchkommen als primäres Ziel, diese Aufgabe haben wir erfolgreich absolviert“, sagt Klaus Graf, Teamkoordinator und selbst erfahrener Rennfahrer. Die Eifel hat ihren Teil dazu beigetragen, dass dieses Rennen ein ganz besonderes sein sollte und auch unser Steer-by-Wire System unter Extrembedingungen getestet werden konnte. Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wir sind stolz darauf, dass das System diesen Härtetest mit Bravour bestanden hat und haben damit alles erreicht, was wir uns vorgenommen haben.“

„Ich bin erleichtert, dass wir es geschafft haben. Das System hat bestens funktioniert. Die Umgebungsbedingungen waren eine echte Herausforderung“, sagt Axel Randolph, Head of Racing bei Schaeffler Paravan und verantwortlich für die Entwicklung der Fahrzeuge, nach dem Rennen. „Das Feedback der Fahrer zum System war gut. Die Fahrer waren einstimmig der Meinung, dass sie weniger ermüdet aus dem Cockpit stiegen. Wir haben bewiesen, dass die Technik in der Lage ist, Stand zu halten und die Fahrer bei ihrer Arbeit bestmöglich unterstützt. Wir sind voll konkurrenzfähig gefahren und bewiesen, dass das System die Performance halten kann.“