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DTM
25.07.2020

Marco Wittmann: „Ich denke, dass wir konkurrenzfähiger sind als 2019“

Rund neun Monate ist es her, dass Marco Wittmann (DE) das letzte Rennen in seinem Schaeffler BMW M4 DTM bestritten hat. Nun steht für den zweimaligen DTM-Champion der verspätete Start in die Saison 2020 kurz bevor. Im Interview spricht Wittmann über die lange Zeit des Wartens und seine Erwartungen an die kommenden 18 Rennen.

Marco, wie sehr freuen Sie sich darauf, in einigen Tagen endlich in die Saison 2020 zu starten?
Marco Wittmann: „Die Vorfreude darauf, endlich ins Rennauto zu steigen und in die Saison zu starten, ist riesig. Der späte Zeitpunkt ist für alle ein bisschen Neuland. Und natürlich ist ein bisschen Wehmut dabei, dass keine Fans vor Ort erlaubt sind. Aber ich glaube, wir bekommen die Unterstützung von den Fans am Fernseher, und wir versuchen natürlich, für sie eine richtig coole Show abzuliefern. Der Auftakt in Spa ist auch für uns etwas Neues und Besonderes. Auch deshalb ist die Freude groß.“

Wie hat sich die Zwangspause durch die Pandemie auf Ihre Saisonvorbereitung ausgewirkt?
Wittmann: „Die Vorbereitung hat sich natürlich ein bisschen geändert. Man hat deutlich mehr Zeit gehabt, um die Fitness hochzuschrauben. Der Ausdauer- und Kraftsportanteil war immens und deutlich höher als sonst. Ansonsten haben wir die Team-Meetings ein bisschen nach hinten geschoben bis zu dem Punkt, an dem wir uns wieder treffen durften. Aber in der Zeit dazwischen haben wir auch viel virtuell gemacht, sprich Skype-Meetings, Zoom-Meetings und so weiter. Das war auch ein bisschen Neuland für uns alle. Es hat tatsächlich aber ganz gut funktioniert, obwohl ich vielleicht nicht der große Fan von diesen virtuellen Dingen bin. Ich suche lieber das Vier-Augen-Gespräch.“

Was haben Sie in dieser Zeit über Ihr Training hinaus gemacht?
Wittmann: „Ich bin nach wie vor in der Werkstatt meines Vaters tätig, auch wenn die Saison regulär abläuft. Aber dann eben mal so ein bis zwei Tage die Woche, wenn keine Termine sind. Durch die Corona-Situation war es so, dass wir keine Motorsport-Termine hatten und ich eigentlich täglich in der Werkstatt stand. Das war auch ganz cool, weil es für mich nach wie vor ein toller Ausgleich ist und mir somit nicht langweilig wurde. Wir hatten das Glück, dass wir die Werkstatt nie schließen mussten und im Prinzip weiterarbeiten durften.“

Was haben Sie aus der vergangenen Saison gelernt?
Wittmann: „Ich glaube, wir haben über den Winter in erster Linie viel am Auto gearbeitet, um die Defizite, die wir in der Saison 2019 hatten, auszumerzen. Für uns alle war das Thema Turbomotor neu. Damit hatten wir viel zu kämpfen. Die technischen Probleme aus der Vorsaison haben wir aber im Winter gut in den Griff bekommen. Dann habe ich versucht, an mir selbst zu arbeiten – anhand von Daten und Videos der vergangenen Rennen. Ich hoffe, dass wir gut gerüstet sind und einen Schritt nach vorn gemacht haben. Ich denke, dass wir deutlich konkurrenzfähiger sind als 2019.“

Der Saisonauftakt in Spa sieht ein Zwei-Tages-Event auf einer Strecke vor, die für die meisten Piloten fremd ist. Wie schwierig wird es, nach nur einer Trainingssession in das Qualifying zu gehen?
Wittmann: „Es ist natürlich ein extrem komprimiertes Wochenende, an dem alles passen muss. Dass wir nach 15 Jahren zum ersten Mal wieder in Spa fahren, macht es für alle ein bisschen schwierig. Wir hatten die Möglichkeit – sowohl BMW als auch Audi – einen Testtag zu absolvieren, an dem bei uns Augusto Farfus gefahren ist. Dort konnten wir die ersten Grunddaten sammeln. Das heißt, wir haben schon ein gewisses Set-up, mit dem wir nach Spa kommen. Wir haben aber nur eine Trainingssitzung, bei der du was verändern kannst, und danach geht es direkt ins Qualifying. Du musst dich auch als Fahrer direkt auf die Strecke einstellen. Aber ich mag solche Herausforderungen. Man hat nicht viel Zeit zum Überlegen, weil es Schlag auf Schlag geht und einfach passen muss. Ich freue ich drauf.“

In diesem Jahr wird es einige Back-to-Back-Rennen geben. Kommt Ihnen diese enge Taktung entgegen?
Wittmann: „Ich bin ein Freund davon, jedes Wochenende im Rennauto zu sitzen. Es wird interessant sein zu sehen, wie es wirklich ist, wenn die Saison dann läuft. Ich glaube, Back-to-Back-Rennen sind an sich cool. Du bist richtig on fire und im Stressmodus. Mal sehen, wie es nach dem letzten Wochenende ist (lacht), aber an sich ist es natürlich cool, dass wir trotz allem eine Saison im Kalender untergebracht haben, in der wir fast noch alle Rennen fahren können. Ich glaube, für die DTM und die Fans, aber auch uns Fahrer ist das eine sehr gute Nachricht.“

Wie wichtig wird Erfahrung in dieser ungewöhnlichen Saison sein? Ein Vorteil für Sie und das BMW Team RMG, dass Sie schon so lange zusammenarbeiten?
Wittmann: „Es ist immer hilfreich, wenn du ein eingespieltes Team bist und dich gut kennst. Dann weißt du auf vielen Rennstrecken schon, wie du anfängst und wie dein Set-up sein muss. Ich denke, dass die enge Taktung im Kalender an sich keinen großen Unterschied macht, weil wir nicht viel Zeit für Analysen haben und es am Ende für alle gleich ist. Wenn wir jetzt einen Doubleheader wie beispielsweise am Lausitzring oder in Zolder haben, dann hast du nicht viel Zeit zum Nachdenken. Du musst direkt wieder abliefern. Dann kommt dazu, dass wir auf verschiedenen Streckenlayouts fahren, was ich persönlich ganz cool finde. Wenn man da ins nächste Wochenende geht, ist es quasi wieder Neuland.“

Durch die aktuelle Lage musste der eigentlich geplante Saisonauftakt am Norisring abgesagt werden. Wie sehr bedauern Sie diese Entscheidung?
Wittmann: „Für mich war es extrem bitter. Ich bin im direkten Austausch mit den Organisatoren, dem MCN (Motorsport Club Nürnberg), für die es wirklich eine Herkulesaufgabe war. Ich habe versucht, viel Input zu geben und zu helfen, und ich glaube, wir waren auf einem guten Weg, das Event möglich zu machen. Man muss bedenken, es ist keine permanente Rennstrecke, weswegen man beispielsweise hohe Aufbaukosten hat. Am Ende hat die Stadt Nürnberg ihr Veto eingelegt. Natürlich steht die Sicherheit in Zeiten wie diesen an erster Stelle. Trotzdem war es für mich persönlich super schade, weil es mein Heimrennen ist. Da stecken viel Liebe und Emotionen drin.“

Auch wenn der Norisring diesmal fehlt: Auf welche der Strecken im Rennkalender freuen Sie sich am meisten?
Wittmann: „Tatsächlich auf zwei. Zum einen natürlich Spa als Auftakt, weil es eine super coole Rennstrecke ist und ich dort bisher zweimal gefahren bin. Je einmal mit der Formel BMW und im BMW M6 GT3. Die Strecke hat eine mega Historie und ist noch eine typische Natur- und Oldschool-Rennstrecke. Außerdem freue ich mich auf Assen, weil es für mich das erfolgreichste Wochenende im vergangenen Jahr war. Es ist eine sehr coole Rennstrecke mit einem tollen Ambiente. Und auch das Layout spricht mich sehr an.“

Wie lautet Ihre Zielsetzung für die Saison 2020?
Wittmann: „Das ultimative Ziel ist auf jeden Fall der Titel. Wenn du wie ich schon zwei Titel in der Tasche hast, dann gibst du dich nicht mit Platz zwei oder drei zufrieden. Grundvoraussetzung dafür, am Ende des Jahres um den Titel kämpfen zu können, ist aber natürlich erst einmal, Siege und Podiumserfolge einzufahren.“
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