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05.06.2020

Kevin Siggy: „Fühle mich geehrt, für BMW an den Start zu gehen“.

Vor dem Finalwochenende der „ABB Formula E Race at Home Challenge“ mit einem Rennen am kommenden Samstag und dem großen Finale am Sonntag führt Team Redline Fahrer Kevin Siggy (SLO) als Vertreter von BMW i Andretti Motorsport die Gesamtwertung des Challenge Grids an, in dem professionelle Sim-Racer und Gaststarter gegeneinander antreten.

Sollte der 21-Jährige am Steuer des virtuellen BMW iFE.20 das Grand Final am Sonntag gewinnen, erhält er zur Belohnung eine Testfahrt im realen Formel-E-Fahrzeug sowie einen Startplatz im Finale des BMW SIM M2 CS Racing Cups im Rahmen des BMW SIM Live Events Ende des Jahres in München (GER). Im Interview spricht Siggy über die virtuelle Formel E, das Gefühl, für einen Hersteller wie BMW zu fahren, und seine Verbindung zu BMW i Andretti Motorsport Fahrer Maximilian Günther (GER), der vor den letzten beiden Rennen auf Platz drei der Gesamtwertung der Formel-E-Fahrer liegt.

Kevin, Sie vertreten die Farben von BMW i Andretti Motorsport im Challenge Grid ganz hervorragend. Warum sind Sie in der „ABB Formula E Race at Home Challenge“ so stark?
Kevin Siggy: „Ich denke, es liegt vor allem an meiner großen Erfahrung auf der Plattform rFactor 2. Ich fahre dort, seit ich 13 Jahre alt bin und habe erst vor kurzem die 1.000-Stunden-Marke geknackt. Ich habe durch das viele Training sehr gut verstanden, wie die Simulation, das Set-up, das Reifenmodell, der Grip auf der Strecke und das Wetter funktionieren.“

Wie intensiv trainieren Sie vor jedem Formel-E-Rennen?
Siggy: „Wir wissen ja immer erst wenige Tage vor dem Rennen, auf welcher Strecke gefahren wird. Dann kommt es darauf an, ob ich auf dem Kurs schon einmal gefahren bin oder ob er – wie zuletzt in Berlin und New York – neu ist. Auf einer Strecke wie Hongkong, die ich schon kannte, bin ich nur einige Runden gefahren, um wieder in meinen Rhythmus zu kommen. Für neue Strecken nehme ich mir natürlich mehr Zeit. Erst einmal bis zu 50 Runden, nur um sie kennenzulernen. Dann am Renntag noch einmal zwei bis drei Stunden, um mich ans Limit heranzutasten und für das Qualifying, das aus meiner Sicht am wichtigsten ist, einen optimalen Rhythmus zu finden. Und dann unterstütze ich noch Maximilian Günther bei seiner Vorbereitung...“

Das heißt, er fragt Sie um Rat?
Siggy: „Ja genau! Er ist bei der Test Round auf mich aufmerksam geworden und hat mich kontaktiert. Ich habe ihm vor allem aus meiner Erfahrung mit rFactor 2 einige Tipps gegeben, die ihm dabei geholfen haben, ein gutes Set-up und eine passende Fahrweise zu entwickeln. Denn er hat mir gesagt, dass das Fahrverhalten nicht mit dem des echten BMW iFE.20 identisch ist. Er muss sich umstellen und im Simulator einige Dinge tun, die er mit dem echten Rennfahrzeug nicht tun würde.“

Bis zu welchem Grad ist so eine Zusammenarbeit üblich?
Siggy: „So, wie Maximilian und ich es machen, ist es in der Szene absolut üblich. Wir treffen uns im Vorfeld eines Rennens online zu einer gemeinsamen Trainingssession. Er stellt Fragen, ich gebe ihm Tipps, wo immer es möglich ist. Mehr ist es nicht. So machen es viele andere Sim-Racer und reale Rennfahrer auch.“

Sie und Maximilian Günther haben beide mehrere Saisonsiege gefeiert. Er ist aber nicht ganz so konstant wie Sie. Woran liegt das?
Siggy: „Ich denke, da er noch nicht sehr viel Erfahrung im Sim-Racing hat, ist für ihn die Zeit zur Vorbereitung auf die neuen Strecken sehr knapp. Dennoch macht er das großartig und lernt wirklich sehr schnell, was man braucht, um im Sim-Racing erfolgreich zu sein. Generell muss man sehen, dass wir Sim-Racer damit unser Geld verdienen und schon seit Jahren entsprechend viel Zeit mit Training verbringen. Das kann selbst ein Profi-Rennfahrer wie Maximilian nicht innerhalb weniger Monate aufholen, denn das Fahrgefühl in einem Simulator ist völlig anders als in einem echten Rennfahrzeug.“ 

Was bedeutet es Ihnen, in der virtuellen Formel E für BMW zu starten?
Siggy: „Für einen Hersteller wie BMW an den Start zu gehen, ist eine der größten Sachen, die man sich als Sim-Racer vorstellen kann. Ich fühle mich geehrt.“

Wie kam der Kontakt zustande?
Siggy: „Das verdanke ich dem Team Redline, für das ich seit März als professioneller Sim-Racer fahre. Sie haben die Verbindung zu BMW hergestellt und meinen Start in der virtuellen Formel E von Anfang an unterstützt.“

Sie sind also erst seit kurzem für das Team Redline aktiv?
Siggy: „Genau. Ich betreibe Sim-Racing seit ungefähr zwei Jahren professionell und bin froh, sagen zu können, dass ich mittlerweile davon leben kann. Dieses Jahr habe ich einige wichtige Rennen gewonnen und dadurch ein großes Team wie Redline offenbar auf mich aufmerksam gemacht. Sie haben mich im März kontaktiert und ich habe meinen Vertrag unterschrieben.“

Wie bewerten Sie den Boom des Sim-Racings, den die aktuelle weltweite Krise bewirkt hat?
Siggy: „Zunächst einmal ist die Situation, in der wir uns alle befinden, überhaupt nicht schön und hoffentlich bald überstanden. Dennoch war sie für das Sim-Racing ehrlicherweise ein gewaltiger Boost. Auf der einen Seite ist es cool für jemanden wie mich, nun gegen echte Rennfahrer anzutreten und mir ihren Respekt zu verdienen. Auf der anderen Seite bekommen wir Sim-Racer nun eine viel größere öffentliche Aufmerksamkeit, was uns als Profis natürlich enorm hilft. Noch vor einem Jahr war für mich noch nicht daran zu denken, allein mit Sim-Racing meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das ändert sich gerade.“

Sollten Sie das Grand Final der „ABB Formula E Race at Home Challenge“ gewinnen, warten als Preise eine Testfahrt im realen Formel-E-Fahrzeug und ein Ticket für das Finale im BMW SIM M2 CS Racing Cup auf Sie.
Siggy: „Beides ist großartig! Beim Finale des Cups live in München zu sein und dort Maximilian und die ganzen anderen Rennfahrer zu treffen, wäre bestimmt cool. Auch über die Fahrt im realen Formel-E-Fahrzeug würde ich mich natürlich sehr freuen, denn das ist es, wovon ich immer geträumt habe. Leider hatte ich bis jetzt noch nie das nötige Budget, um richtig in den echten Rennsport einzusteigen. Diese Testfahrt wäre eine tolle Gelegenheit, mich zu zeigen.“