Das Schwesterauto mit der Nummer 91 von Gianmaria Bruni aus Italien, Richard Lietz aus Österreich und Frédéric Makowiecki aus Frankreich beendete den vierten Saisonlauf der FIA World Endurance Championship (WEC) auf Rang vier. Der interne Kampf der beiden Werksautos um den letzten Podestplatz war rund eine Stunde vor dem Ende entschieden: An der Nummer 91 musste nach einem Ausrutscher in der letzten Schikane das Heck repariert und die Bremse erneuert werden.
„Unser Team hat eine fehlerlose und tolle kämpferische Leistung gezeigt“, erklärt Fritz Enzinger, Leiter Motorsport. „Leider hat uns etwas Performance gefehlt, um im Wettbewerb um den Klassensieg ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Der Podestrang für die Startnummer 92 ist dennoch ein schöner Lohn für die leidenschaftliche Arbeit, die unsere Mitarbeiter an der Rennstrecke sowie an unserem Standort in Weissach geleistet haben. Vielen Dank an alle, die zu dieser Leistung beigetragen haben.“
Die beiden rund 515 PS starken Neunelfer aus Weissach zeigten über weite Strecken des Langstreckenklassikers in Frankreich ein gutes Tempo. Aufgrund von Pech in zwei Safety-Car-Phasen entstand jedoch bereits im ersten Drittel des Rennens ein Rückstand von rund drei Minuten auf die Spitze. Allein über Performance im Wettbewerb konnte dieser Abstand im weiteren Verlauf des 24-stündigen Dauerlaufs nicht mehr verringert werden. Hintergrund dieser für das Porsche GT Team enttäuschenden Tatsache ist eine Besonderheit bei der Durchführung der Veranstaltung im französischen Departement Sarthe.
Im Gegensatz zu anderen Renn-Events werden bei Zwischenfällen in Le Mans jeweils drei Führungsfahrzeuge gleichzeitig auf die Strecke geschickt. Grund ist die enorme Streckenlänge von 13,626 Kilometern. Dies hat zur Folge, dass das Starterfeld in drei Gruppen aufgeteilt wird. Wer hinter dem gleichen Safety-Car fährt wie die Spitze, kann Zeit aufholen. Wer sich hinter dem folgenden Sicherheits-Fahrzeug einreihen muss, hat sofort unverschuldet einen Rückstand von mindestens 90 Sekunden – genau dies ist den beiden Porsche 911 RSR des Werksteams gleich zweimal passiert.
„Das Rennen war nicht nur schwierig, sondern auch enttäuschend für uns. Unsere Erwartung war, dass wir um den Sieg mitkämpfen“, fasst Alexander Stehlig, Einsatzleiter FIA WEC zusammen. „Wir hatten trotz guter und konsequenter Vorbereitung im Vergleich zur Konkurrenz nicht die Rundenzeit-Performance und nicht den Topspeed wie erhofft. Wir müssen nun in Ruhe auch mit FIA und ACO noch einmal alles analysieren, um festzustellen, warum wir zum Rennen nicht ganz so eine Schippe drauflegen konnten wie die Mitbewerber.“
Während die beiden 911 RSR der Werksmannschaft auf den Positionen drei und vier immer wieder mit internen Duellen für Begeisterung sorgten, standen die beiden Kundenautos in der GTE-Pro-Klasse bereits vorzeitig in den Garagen. Die Startnummer 79 von WeatherTech Racing konnte nach einem Unfall des Amerikaners Cooper MacNeil ab dem frühen Sonntagmorgen nicht mehr am Rennen teilnehmen. Das von der Pole-Position gestartete Fahrzeug von HubAuto Racing schied mit einem technischen Defekt kurz nach dem Sonnenaufgang aus.
In der GTE-Am-Kategorie war die Nummer 77 von Dempsey-Proton Racing mit Porsche Werksfahrer Matt Campbell (Australien), Teambesitzer Christian Ried aus Deutschland und Jaxon Evans aus Neuseeland auf Rang fünf der beste 911 RSR. Das Schwesterauto mit der Startnummer 88 – von der Pole-Position dieser Klasse gestartet – erreichte Platz 13. Die Kundenmannschaften Absolute Racing und Herberth Motorsport fuhren bei ihrem Le-Mans-Debüt auf die Ränge sieben und zehn. Einige weitere Porsche Crews mussten auch hier die Segel vorzeitig streichen. Project 1 kam mit beiden 911 RSR ebenso wenig ins Ziel wie die Startnummer 99 von Proton Competition. Das Team GR Racing fiel aufgrund einer langwierigen Reparatur nach einem Unfall weit zurück und beendete das Rennen auf Platz 14.
Michael Christensen (Porsche 911 RSR #92): „Wir hatten uns mehr erhofft und waren in der Annahme ins Rennen gestartet, dass wir ganz vorn mitkämpfen können. Das hat sich leider nicht bewahrheitet. Das Team und wir Fahrer haben dennoch alles gegeben. Letztlich war der Podestplatz das Maximum, was wir erreichen konnten. In Le Mans auf dem Siegerpodium der GTE-Pro-Klasse zu stehen, ist allerdings keine Selbstverständlichkeit.“
Richard Lietz (Porsche 911 RSR #91): „Wenn du in Le Mans keine Reifenschäden erleidest, als Team einen sauberen Job machst, eine gute Strategie umsetzt und dann nur Dritter und Vierter wirst, dann gilt es das zu analysieren. Das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend. Wer das Rennen gesehen hat, weiß genau, dass es für uns 24 schmerzhafte Stunden waren. Wir müssen schauen, woran das lag.“
Dries Vanthoor (Porsche 911 RSR #72): „Ich bin am Morgen in meinem Stint ganz normal auf die erste Kurve zugefahren, als plötzlich nichts mehr ging. Ich hatte keine Chance, das Fahrzeug zurück an die Box zu bringen – das war es dann. Bis dorthin hatten wir bereits einige Rückschläge erlebt: eine Durchfahrtsstrafe, einen Dreher und so weiter. Insgesamt haben wir nie konstant das Tempo der anderen GTE-Pro-Autos fahren können. Sehr schade.“
Laurens Vanthoor (Porsche 911 RSR #79): „Wir haben als Team prima zusammengearbeitet. Das Auto lag gut, die Balance stimmte und wir waren schnell unterwegs. Leider hatte Cooper nachts in der Schikane vor Start und Ziel einen Unfall. Das Chassis wurde hierbei irreparabel beschädigt und wir mussten vorzeitig die Segel streichen. Ich habe jede einzelne Runde im Rennen genossen und mich im Porsche 911 RSR pudelwohl gefühlt. Diese positiven Eindrücke stehen ganz klar im Vordergrund.“
Christian Ried (Porsche 911 RSR #77): „Ich bin super happy – von unseren fünf 911 RSR haben wir drei ins Ziel gebracht. Das Rennen war speziell in der Startphase mit der wechselhaften Witterung schwierig. Hinzu kam ein Unfall und ein technisches Thema. Da müssen wir nochmal schauen. Sonst haben alle einen tollen Job gemacht. Ich selbst bin mit meinem Auto Fünfter geworden und damit eigentlich zufrieden. Meine Mitfahrer Matt Campbell und Jaxon Evans haben sich unter schwierigen Bedingungen keinen Fehler erlaubt und eine starke Vorstellung abgeliefert.“
Andrew Haryanto (Porsche 911 RSR #18): „Ich bin völlig überwältigt. Es war unser erster Auftritt in Le Mans. Platz sieben kann sich da sicherlich mehr als nur sehen lassen. Für mich geht einfach ein Traum in Erfüllung. Ich kann es kaum fassen, was wir auf Anhieb erreicht haben. Es ist ein unfassbar tolles Erlebnis.“
Robert Renauer (Porsche 911 RSR #69): „Ein schönes Ergebnis für das gesamte Team! Wir hätten nicht damit gerechnet, dass wir noch so weit nach vorn fahren würden. Natürlich hat auch das Renngeschehen dazu beigetragen, aber wir sind halt fehlerfrei durchgekommen. Das habe ich bei unserem Le-Mans-Debüt so nicht erwartet – gerade vor dem Hintergrund der zahlreichen speziellen Regeln, die es hier zu beachten gilt. Mag sein, dass wir nicht die Allerschnellsten waren. Aber dafür haben wir an diesem Wochenende sehr viel dazugelernt. Jetzt wären wir eigentlich perfekt vorbereitet, um die 24 Stunden von Le Mans gleich nochmal in Angriff zu nehmen.“
Ergebnisse Rennen
GTE-Pro-Klasse1. Calado/Pier Guidi/Ledogar (GB/I/F), AF Corse, Ferrari 488 GTE #51, 345 Runden
2. Garcia/Taylor/Catsburg (E/USA/NL), Corvette Racing, Corvette C8.R #63, 345 Runden
3. Estre/Jani/Christensen (F/CH/DK), Porsche GT Team, Porsche 911 RSR #92, 344 Runden
GTE-Am-Klasse
1. Perrodo/Nielsen/Rovera (F/DK/I), AF Corse, Ferrari 488 GTE #83, 340 Runden
2. Keating/Pereira/Fraga (USA/L/BR), TF Sport, Aston Martin Vantage #33, 339 Runden
3. Cressoni/Mastronardi/Illot (I/I/GB), Iron Lynx, Ferrari 488 GTE #80, 338 Runden