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DTM
19.08.2021

ABT, die DTM und der Nürburgring: eine Love Story

Am kommenden Wochenende geht auf dem Nürburgring die erste Saisonhälfte der DTM zu Ende. Die Bilanz des Teams ABT Sportsline, das erstmals seit 2003 wieder als Privatteam in der DTM an den Start geht, kann sich sehen lassen: Kelvin van der Linde hat bereits zwei Rennen gewonnen und führt die Fahrerwertung mit 21 Punkten Vorsprung an. In der Teamwertung liegt ABT Sportsline ebenfalls auf Platz eins. Genau wie van der Linde hat auch Mike Rockenfeller in allen bisherigen sechs Rennen Punkte gesammelt. 

Entsprechend groß sind die Erwartungen vor den beiden Rennen auf dem Sprintkurs des Nürburgrings (Samstag und Sonntag jeweils ab 13 Uhr live auf SAT.1 und ran.de), zumal ABT Sportsline an den Traditionskurs in der Eifel besonders gute Erinnerungen hat. Bei 31 Starts hat die Mannschaft um Hans-Jürgen Abt und Thomas Biermaier bisher 13 Siege gefeiert und weitere zwölf Podiumsplatzierungen geholt. Dazu zählen auch ganz besondere Triumphe.

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Vor allem der 6. Mai 2001 ist in der Johann-Abt-Straße in Kempten unvergessen. An jenem Sonntag holte der der Franzose Laurent Aiello mit dem kompakten Abt-Audi TT-R auf dem Nürburgring den ersten Sieg für das Team ABT Sportsline in der DTM. „Für uns ist heute einer der wichtigsten Tage in unserer Firmengeschichte“, sagte Hans-Jürgen Abt damals. „Wir haben in der vergangenen Saison viel einstecken müssen. Aber wir haben niemals aufgegeben, sondern immer weitergekämpft. Dieser Erfolg gehört jedem einzelnen Teammitglied.“

Der von ABT Sportsline entwickelte Abt-Audi TT-R war auf dem Nürburgring auch anschließend nahezu unschlagbar. Im August 2001 gewann Aiello auch das zweite Nürburgring-Rennen der Saison. 2002 musste sich der Franzose in einem Fotofinish nur um 0,348 Sekunden Uwe Alzen im Mercedes geschlagen geben. Dass er Bernd Schneider hinter sich halten konnte, war aber ein ganz wichtiger Schritt auf dem Weg zum späteren Titelgewinn. 2003 hatte Aiello ein weiteres Mal die Nase für ABT Sportsline vorn – erneut nach einem spannenden Duell mit Uwe Alzen.

Mit seinen drei Siegen ist Aiello bis heute der erfolgreichste ABT Pilot auf dem Nürburgring. Je zweimal triumphierten Mattias Ekström, Martin Tomczyk, Nico Müller und Robin Frijns. Die beiden weitere Siegerpokale stammen von Edoardo Mortara und Miguel Molina.

Der heutige SAT.1-Experte Martin Tomczyk war auf dem Nürburgring extrem stark: 2007 und 2009 dominierte er in der Eifel jeweils nach Belieben und sprach anschließend von „ziemlich einfachen Rennen“. 

Der Sieg von Miguel Molina im Sonntagsrennen 2015 war ebenfalls nicht alltäglich: Der Spanier brauchte 67 Anläufe für seinen ersten Sieg in der DTM, der mit 7,5 Sekunden Vorsprung aber umso deutlicher ausfiel.

Mattias Ekström gelang auf dem Nürburgring ein ganz anderes Kunststück: Der Schwede sicherte sich 2003 beim ersten Nacht-Qualifying der DTM die Pole-Position. Ekström hat aber auch dunkle Erinnerungen an den Sprintkurs, auf dem die Zeitabstände im Qualifying meist minimal sind: 2015 fand er sich mitten im spannenden Titelkampf zweimal auf den Startplätzen 17 wieder.

Fast wie im Bilderbuch lief es für ABT Sportsline im vergangenen Jahr: Pandemie-bedingt wurden auf dem Nürburgring innerhalb von acht Tagen gleich vier DTM-Rennen ausgetragen. Die Mannschaft aus Kempten gewann alle vier und krönte die Allgäuer Nürburgring-Festspiele am Ende sogar mit einem Doppelsieg – genau wie vor zwei Wochen in Zolder.

In 20 Jahren DTM auf dem Nürburgring gab es aber natürlich auch Rückschläge. 2003 lag Mattias Ekström souverän in Führung, doch bei beiden Boxenstopps gab es ein Problem am rechten Hinterrad. 2006 fuhr der Schwede am Start mit zu wenig Drehzahl los und wurde bis auf Platz 14 durchgereicht. 2017 wechselte „Eki“ im Samstagsrennen genau in jenem Moment von Regenreifen auf Slicks, als es gerade wieder zu regnen begann.

2008 sorgte das oft launische Eifelwetter für eine der kuriosesten Szenen in der DTM-Geschichte: Weil der von Audi engagierte Meteorologe starken Regen noch während der Einführungsrunde vorhersagte, fuhren alle Audi-Piloten auf trockener Strecke mit Regenreifen los – ein fataler Fehler, wie sich nur kurz später herausstellen sollte. ABT Sportsline betrieb Schadensbegrenzung, indem Mattias Ekström und Timo Scheider am Ende der Einführungsrunde wieder an die Box kamen, um zurück auf Slicks zu wechseln. Der heutige ABT Pilot Mike Rockenfeller startete damals aus Reihe eins, war mit den Regenreifen auf trockener Strecke aber chancenlos.

Markus Winkelhock hat dagegen beste Erinnerungen an das Eifelwetter: 2007 schrieb Winkelhock auf dem Nürburgring Formel-1-Geschichte, als er Christijan Albers bei Spyker ersetzte und den Grand Prix bei seinem Debüt in der Anfangsphase anführte, nachdem er als einziger Fahrer vor dem Start auf Regenreifen gewechselt hatte. Der Schwabe pilotiert an diesem Wochenende den ABT Audi R8 LMS mit der Startnummer 99, der normalerweise von Sophia Flörsch gefahren wird. Die 20-Jährige fehlt wegen einer Terminüberschneidung mit dem 24-Stunden-Rennen in Le Mans.


Stimmen vor den DTM-Rennen auf dem Nürburgring

Thomas Biermaier (Teamchef Team ABT Sportsline): „Es ist ein positives Signal, dass nach der schlimmen Flutkatastrophe auf dem Nürburgring wieder Rennen gefahren werden können. Die Region lebt einfach vom Motorsport und von Großveranstaltungen wie der DTM. Die Eifel ist nicht unsere Heimat, aber für ABT wie ein zweites Zuhause. Wir sind am Nürburgring schon sehr viele Rennen gefahren und haben dort 2001 unseren ersten Sieg in der DTM gefeiert. Inzwischen sind es 69. Das heißt, unser nächster Erfolg wird eine runde Sache. Kelvin und Mike ist das in der DTM jederzeit zuzutrauen. Und ich bin schon sehr gespannt, wo sich Markus mit dem Space-Drive-System am Nürburgring einsortiert.“

Kelvin van der Linde (ABT Audi R8 LMS #3): „Ich hatte auf dem Nürburgring in der Vergangenheit viele coole Rennen im ADAC GT Masters. Ich fühle mich wohl dort. Wir haben am Nürburgring nicht getestet, deshalb ist es für uns als Team etwas Neuland. Trotzdem glaube ich, dass unser Paket passt. Wir haben gezeigt, dass wir mit unserem ABT Audi R8 LMS auf jeder Art von Strecke gut unterwegs sind – egal ob ‚high downforce' oder ‚low downforce'. Von daher ist das Ziel erneut, die Führung in der Meisterschaft weiter auszubauen.“

Mike Rockenfeller (ABT Audi R8 LMS #9): „Ich freue mich aus verschiedenen Gründen ganz besonders auf den Nürburgring: Nach Lausitzring und Zolder habe ich etwas Rückenwind. Es ist noch immer eine Art Heimrennen für mich. Und wir haben wieder Zuschauer vor Ort. Mein Speed mit dem Auto hat zuletzt gestimmt, deshalb hoffe ich auf zwei gute Ergebnisse. Die Strecke ist anspruchsvoll und man sollte vielleicht wieder etwas besser Überholen können als zuletzt in Zolder. Ich erwarte spannende Rennen. Und das Qualifying wird wieder super-eng und entscheidend.“

Markus Winkelhock (ABT Audi R8 LMS #99): „Ich bin 2007 in Oschersleben das erste Mal für ABT gefahren. Ich war damals Ersatzmann für Tom Kristensen, der in Hockenheim einen schweren Unfall hatte. Das war mein allererstes Rennen für Audi in der DTM. Nach zehn Jahren Abstinenz zurück in der DTM zu sein und so viele Jahre später noch einmal für ABT ins Lenkrad greifen zu dürfen, ist etwas ganz Besonderes. Ich freue mich richtig darauf. Der Nürburgring ist eine meiner Lieblingsstrecken. Insofern hoffe ich, dass ich dort für ABT ein gutes Resultat einfahren kann.“