Mittwoch, 9. Oktober 2024
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Sportwagen Allgemein
09.10.2024

Spannendes IMSA-Saisonfinale „Petit Le Mans“ mit Titelchancen für Porsche

Porsche Penske Motorsport will sich beim Saisonfinale der IMSA WeatherTech SportsCar Championship zum Meister krönen. Die Werksmannschaft liegt vor dem 10-Stunden-Rennen auf der Road Atlanta sowohl in der Team- als auch in der Fahrerwertung vorn, während Porsche die Herstellertabelle anführt.

Beim sogenannten Petit Le Mans gehen wieder zwei Werks-Porsche 963 in der Topklasse GTP an den Start. In der Nummer 6 erhalten der Brite Nick Tandy und Mathieu Jaminet aus Frankreich Verstärkung durch den Franzosen Kévin Estre. Im Schwesterauto unterstützt der Australier Matt Campbell die Stammfahrer Felipe Nasr aus Brasilien und den US-Amerikaner Dane Cameron. Zwei weitere der rund 517 kW (703 PS) starken Hybridprototypen setzen die Kundenteams Proton Competition und JDC-Miller MotorSports ein. Der deutsche Porsche-Vertragsfahrer Laurin Heinrich kann gemeinsam mit AO Racing drei Titel in der GTD Pro-Kategorie gewinnen. Drei weitere 911 GT3 R sind in der GTD-Klasse mit von der Partie.

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Mit dem Langstreckenklassiker auf dem Michelin Raceway Road Atlanta hat Porsche Penske Motorsport noch eine Rechnung offen. Bereits im Vorjahr reiste das Werksteam als Tabellenführer in der Herstellerwertung zum sogenannten Petit Le Mans im US-Bundesstaat Georgia. Auch in der Fahrermeisterschaft hatten Nick Tandy und Mathieu Jaminet noch Chancen. Der Traum vom ersten Titelgewinn für den Porsche 963 platzte für das britisch-französische Duo jedoch nach 75 Minuten: Tandy wurde unverschuldet in eine Kollision verwickelt. Mehrere Safety-Car-Phasen in der Schlussphase des Rennens erwischten auch das Schwesterauto auf dem falschen Fuß, das dadurch auf den vierten Rang abrutschte.

„2023 haben wir es beim Petit Le Mans nur knapp verpasst, Titel zu holen. Das wollen wir jetzt, am Ende dieser sehr anspruchsvollen Saison, unbedingt nachholen“, erklärt Urs Kuratle, Leiter Werksmotorsport LMDh. „Wir kommen als Tabellenführer in allen drei Wertungen zur Road Atlanta und möchten die Meisterschaften auch gewinnen. Mit Testfahrten auf dieser Strecke haben wir uns Mitte September für das IMSA-Finale gut vorbereitet. Aber das 10-Stunden-Rennen ist lang. Angesichts des extremen Überrundungsverkehrs stehen dem Team und den Fahrern sehr anspruchsvolle Aufgaben bevor.“

„Bislang ist die ,Victory Lane‘ der Road Atlanta unserem Team verwehrt geblieben –mit einem soliden Finale der Saison 2024 wollen wir dies ändern“, betont Jonathan Diuguid, Leitender Direktor Porsche Penske Motorsport. „Felipe Nasr und Dane Cameron gehen mit einem gesunden Vorsprung in der Team- und Fahrermeisterschaft in das Petit Le Mans. Als Mannschaft kommt es für uns jetzt auf eine solide Zuverlässigkeit an, wir müssen die Grundlagen auf der Road Atlanta umsetzen. In Indianapolis hatten technische Probleme das Ergebnis unseres Nummer-7-Rennwagens beeinflusst. Nach der Rückkehr in unseren Workshop konnten wir die Ursachen finden und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen.“

Geht es nach Proton Competition, dann darf sich das Vorjahresergebnis des Petit Le Mans wiederholen: Damals fuhr der Porsche-Werksfahrer Gianmaria Bruni zusammen mit dem Briten Harry Tincknell und dem Schweizer Neel Jani auf den dritten Rang – bislang das beste Resultat für den Porsche 963 des deutschen Kundenteams. In diesem Jahr teilt sich der Italiener das Cockpit auf der Road Atlanta mit dem Niederländer Bent Viscaal und Alessio Picariello aus Belgien. Den vierten Hybridprototypen aus Weissach setzt JDC-Miller Motorsports ein. Ihn steuern die Briten Richard Westbrook und Phil Hanson gemeinsam mit dem Niederländer Tijmen van der Helm. Das Trio hatte erst kürzlich in Indianapolis beim vorletzten IMSA-Saisonlauf einen Podestplatz eingefahren.

Porsche reist mit guten Titelchancen in allen drei GTP-Wertungen zur Road Atlanta. In der Herstellertabelle liegt der Sportwagenhersteller vor dem Saisonfinale mit 2.905 Punkten auf Rang eins vor Cadillac (2.781/-124). Allein für die Teilnahme eines Porsche 963 beim Petit Le Mans erhält die Marke im schlechtesten Fall 286 Zähler, während für den Sieg inklusive Pole-Position 385 Punkte vergeben werden – eine Differenz von 99 Zählern. Mithin genügt also bereits der Start, um diese Meisterschaft nach Stuttgart zu holen. In der IMSA WeatherTech SportsCar Championship sind alle Fahrzeuge, Piloten und Marken punktberechtigt, die hinter dem Safety-Car in die sogenannten Formation Laps starten. Nicht einmal das Überqueren des Zielstrichs unter grüner Flagge ist notwendig.

Ähnliches Bild in den Team- und Fahrerwertungen. Hier führt die Nummer 7 der Stammbesatzung Dane Cameron und Felipe Nasr mit 2.650 Zählern vor dem Schwesterauto (2.526/-124) von Mathieu Jaminet und Nick Tandy sowie dem Cadillac mit der Nummer 01 (2.486/-164). Das Delta zwischen einem Sieg inklusive Qualifying-Bestzeit und der bloßen Teilnahme beträgt bei elf Fahrzeugen 165 Punkte. Dies bedeutet: Qualifiziert sich der Porsche 963 von Cameron und Nasr auf Rang neun oder besser und rollt über die Startlinie, machen die beiden Werksfahrer-Crews von Porsche Penske Motorsport die Titel unter sich aus.

Enger geht es im Kampf um den Michelin Endurance Cup zu, der die Langstreckenrennen in Daytona, Sebring, Watkins Glen, Indianapolis und auf der Road Atlanta umfasst. Das Porsche 963-Duo Cameron und Nasr liegt mit 37 Zählern vor Renger van der Zande/Sébastian Bourdais (33) sowie Jack Aitken, Pipo Derani und Tom Blomqvist (32). Punkte werden beim Petit Le Mans nach vier, acht und zehn Stunden vergeben. Die jeweils Führenden können pro Wertung bis zu drei Zähler aufholen, insgesamt also maximal neun. Damit besitzen auch Tandy und Jaminet (30) sowie Jordan Taylor und Louis Deletraz (28) noch Titelchancen.

Auch in der GTD-Pro-Kategorie kann Spitzenreiter Porsche dem IMSA-Saisonfinale mit reellen Aussichten auf den Gewinn der Herstellerwertung entgegenblicken: Der Sportwagenbauer aus Stuttgart besitzt einen 122-Punkte-Vorsprung auf Aston Martin. Der ehemalige Porsche-Junior Laurin Heinrich liegt in der Fahrerwertung 99 Zähler vor dem Briten Ross Gunn. Damit genügen dem Deutschen – vereinfacht gesagt – jeweils fünfte Plätze im Qualifying und im Ziel, um sein erstes komplettes Jahr in der nordamerikanischen Sportwagen-Meisterschaft als Champion abzuschließen. Für AO Racing, das den bis zu 416 kW (565 PS) starken 911 GT3 R für den Würzburger einsetzt, gilt im Titelkampf mit dem Team Heart of Racing dasselbe. Auf der Road Atlanta erhält Heinrich am Steuer des im markanten Dinosaurier-Look folierten „Rexy“ wieder tatkräftige Unterstützung durch den Franzosen Julien Andlauer und Werksfahrer Michael Christensen aus Dänemark. Alle drei haben das Junior-Förderprogramm von Porsche Motorsport durchlaufen.

Drei weitere 911 GT3 R gehen in der GTD-Klasse an den Start. Hier teilen sich Profis das Cockpit mit sogenannten Gentlemen-Fahrern. Neben MDK Motorsports und Wright Motorsports ist in Georgia auch Andretti Motorsports mit einem Neunelfer vertreten.

Das „Petit Le Mans“ genannte Saisonfinale der IMSA zählt seit 1998 zu den Klassikern der nordamerikanischen Sportwagen-Szene und findet in diesem Jahr zum 27. Mal statt. Der Michelin Raceway Road Atlanta liegt rund 80 Kilometer nordöstlich der Metropole Atlanta, dem Sitz von Porsche Cars North America. Das 10-Stunden-Rennen auf der 4,088 Kilometer langen Naturstrecke steht bei Fans und Fahrern hoch im Kurs. Die traditionsreiche Anlage nahe der Ortschaft Braselton zeichnet sich durch zwölf Kurven aus, darunter auch die markanten „Esses“ – eine besonders schnelle Bergabpassage mit mehreren Richtungswechseln. Zu den oftmals entscheidenden Faktoren, die alle Teams auf dem Radar haben, gehört die mitunter wechselhafte Herbstwitterung im US-Bundesstaat Georgia: Hitze und Sonnenschein können sich dann mit heftigen Regenfällen und Gewittern abwechseln.

2015 haben genau solche Wetterkapriolen Porsche den bislang größten Erfolg auf der Road Atlanta ermöglicht: In einer wahren Regenschlacht ließen Nick Tandy, der Franzose Patrick Pilet und Richard Lietz aus Österreich mit dem Porsche 911 RSR sogar die nominell schnelleren Prototypen hinter sich und fuhren den Gesamtsieg ein – der bislang einzige für den Sportwagenhersteller auf der Road Atlanta. Dem stehen aktuell 24 Klassensiege beim „Petit Le Mans“ gegenüber.

Außerhalb der USA und Kanadas überträgt imsa.tv das Rennen über die volle Distanz von zehn Stunden live im kostenlosen Stream. Die Internetseite scoring.imsa.com bietet ein übersichtliches Livetiming. Der Start des zehnten Saisonlaufs erfolgt bereits am Samstag, 12. Oktober, um 12:10 Uhr Ortszeit (18:10 Uhr MESZ).

Nick Tandy (Porsche 963 #6): „Die Road Atlanta ist eine wunderschöne Strecke und das Petit Le Mans ein besonderes Ereignis, auch wenn wir dort im vergangenen Jahr nicht besonders stark waren. Darum haben wir in Mooresville und in Weissach sowie bei Testfahrten viel Arbeit investiert, um uns und den Porsche 963 perfekt auf dieses Rennen vorzubereiten.“

Dane Cameron (Porsche 963 #7): „Bei so vielen Rennwagen auf einer vergleichsweise schmalen Hochgeschwindigkeits-Strecke wie der Road Atlanta steht uns mit dem Petit Le Mans eine große Herausforderung bevor. Aber wir haben uns im Kampf um die Fahrer- und Herstellermeisterschaft in eine gute Ausgangslage gebracht. Jetzt fehlt nur noch ein weiterer starker Auftritt, und wir bringen die Titel heim.“

Gianmaria Bruni (Porsche 963 #5): „Ich freue mich auf das Rennen, auch wenn es hart für uns werden dürfte. Mit Bent Viscaal und Alessio Picariello teile ich mir das Cockpit mit zwei Fahrern, die erstmals auf der Road Atlanta antreten. Ich bin sehr zufrieden mit dem Team. Trotz eingeschränkter Testmöglichkeiten hat es sich während unseres ersten vollen Jahres mit dem Porsche 963 fortlaufend stark verbessert. Nun wollen wir zum Ende der Saison einen weiteren Glanzpunkt setzen.“

Richard Westbrook (Porsche 963 #85): „Nach dem Podestresultat in Indianapolis reisen wir mit gestärktem Selbstbewusstsein zum Petit Le Mans. Wir bringen unseren Porsche 963 immer besser ins optimale Arbeitsfenster – von mir aus könnte die Saison noch weitergehen! Trotz Sturms sind unsere Testfahrten auf der Road Atlanta in der vergangenen Woche gut gelaufen und wir haben eine Richtung für das Rennen gefunden. Beim Petit Le Mans kommt es insbesondere auf das Management des Überrundungsverkehrs an, denn pro Runde musst du Dutzende von GT-Fahrzeugen überholen. Wir haben das im Blick und wollen die Saison so beenden wie das vorherige Rennen: mit einem Platz auf dem Podium oder vielleicht noch mehr...“

Laurin Heinrich (Porsche 911 GT3 R #77): „Nach unserem Sieg in Indianapolis reisen wir natürlich besonders motiviert zur Road Atlanta. In der Meisterschaft liegen wir 99 Punkte vorn. Das hört sich viel an, ist es in der IMSA aber nicht – es könnte eng zugehen. Mein großes Ziel ist klar der Titel. Persönlich freue ich mich sehr auf mein erstes Petit Le Mans. Auf der Road Atlanta bin ich vor zwei Jahren zum allerersten Mal in den USA gestartet und konnte im Porsche Carrera Cup Nordamerika von der Pole-Position zum Sieg fahren. Von daher erinnere ich mich gerne an diesen herausfordernden Old-School-Kurs, der zu meinen Lieblingsstrecken gehört. Die 10-Stunden-Distanz ist sehr lang. Vom Auto her sind wir wie immer sehr gut aufgestellt und mit Michael Christensen und Julien Andlauer haben wir ein starkes Trio. Wir gehen das Rennen an wie jedes andere und wollen es gewinnen.“
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