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Formel 1
22.06.2012

Vorschau auf den Großen Preis von Europa in Valencia

Beim Großen Preis von Europa im spanischen Valencia tritt die Formel 1 zum dritten Mal in Folge auf einem nicht-permanenten Rennkurs an. Doch der Valencia Street Circuit hat mit den Schauplätzen der vergangenen beiden Rennen in Monte Carlo und Montreal nur das maritime Ambiente gemein: Die Strecke führt durch den historischen Hafen der Mittelmeerstadt sowie entlang der Ausfahrt des Yachthafens, der für den America’s Cup 2007 neu errichtet wurde.

Der 5,419 Kilometer lange Straßenkurs sticht aus den aktuellen Grand Prix-Strecken in fast jeder Hinsicht heraus. Er weist einen sehr ebenen Asphaltbelag auf und ermöglicht schnelle Durchschnittsgeschwindigkeiten bei einem hohen Anteil an Volllast-Passagen. Dabei werden die Highspeed-Abschnitte immer wieder von Kurven unterbrochen, die relativ langsam und mit niedrigen Drehzahlen gefahren werden. Diese Charakteristik stellt sowohl die Chassis- als auch die Motoren-Ingenieure vor einige Herausforderungen.

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Der Große Preis von Europa im Überblick

Auch wenn mit Monte Carlo, Montreal und Valencia drei Straßenkurse aufeinander folgen, könnten die drei Strecken kaum unterschiedlicher sein. Der Circuit de Monaco ist extrem eng und winklig, die Durchschnittsgeschwindigkeit ist die langsamste der Saison. Der Kurs in Kanada besteht aus einer Abfolge von Highspeed-Geraden, engen Haarnadeln und Schikanen – dort kam es vor allem auf hohe Endgeschwindigkeit an. Das Durchschnittstempo von Valencia wiederum liegt mit rund 200 km/h relativ hoch. Außerdem ist die Fahrbahn verglichen mit Monaco und Montreal sehr viel ebener und weist weniger Bodenwellen auf.

Der schnelle Rundenschnitt geht auf die langen Geraden zurück. Gleichzeitig besitzt der Valencia Street Circuit jedoch die meisten Kurven aller aktuellen Formel 1-Strecken – 25. Davon werden zehn im ersten, zweiten oder dritten Gang mit relativ niedrigem Tempo gefahren. Die Motoren müssen also einerseits eine hohe Endgeschwindigkeit erlauben und andererseits beim Gasgeben in den Kurven sensibel ansprechen, ohne Unruhe ins Auto zu bringen.

Durch den Stop-and-go-Charakter verbrauchen die Motoren hier überdurchschnittlich viel Kraftstoff. Das bedeutet, dass die Rennwagen am Start in Valencia vollgetankt schwerer sind als auf den meisten anderen Strecken.

Ungewöhnlich ist auch die erste Biegung nach dem Start. Statt einer klaren Kurve – wie auf fast allen anderen Kursen – folgt nur ein leichter Rechtsknick. Deshalb beschleunigen die Fahrer bis Turn 2 durch und erreichen die erste „echte“ Kurve mit rund 300 km/h. In der Startphase werden viele Piloten den gesamten Zusatzschub des Energierückgewinnungs-Systems KERS auf dieser Passage nutzen, um Gegner zu überholen oder Angriffe abzuwehren. Es könnte taktisch aber auch sinnvoll sein, die Extra-Power für die nächste Gerade aufzusparen, um Fahrer anzugreifen, die ihre erlaubten 400 kJ pro Runde schon verbraucht haben. Das Abwägen dieser beiden Optionen ist für die Startrunden sehr wichtig, da das Drag Reduction System DRS – der verstellbare Heckflügel – frühestens in Umlauf 3 freigegeben wird.

Der zweite Sektor ist auf der Stoppuhr der längste, besteht jedoch hauptsächlich aus der langen Verbindungsgeraden zwischen den Turns 10 und 12. Sektor drei enthält mit den Turns 17 und 25 zwei der langsamsten Kurven der Strecke, ist aber trotzdem sehr flüssig zu fahren. Ab Kurve 17 nehmen die Piloten kontinuierlich Tempo auf und durchfahren die folgenden schnellen Ecken mit rund 280 km/h. Erst vor der letzten Kurve, der Turn 25 genannten Haarnadel, bremsen sie von etwa 295 km/h auf 65 km/h herunter. Die Bremszonen der langsamsten Turns sind ideal geeignet, die KERS-Batterien wieder aufzuladen, um für die folgende Startgerade wieder den kompletten Extra-Schub nutzen zu können.

Der Valencia Street Circuit aus der Sicht des Fahrers:
Heikki Kovalainen, Caterham F1 Team

„Der Stadtkurs von Valencia hat zwei Gesichter: die langen Geraden und die meist langsamen Kurven dazwischen. Du brauchst ein gesundes Gleichgewicht zwischen hohem Topspeed und stabilem Bremsverhalten – und bei so vielen Kurven und Bremszonen muss diese Balance wirklich perfekt stimmen. Eine der Stärken unseres Renault Motors ist die gute Fahrbarkeit bei niedrigen Drehzahlen. Das ist hier extrem wichtig, gerade auch wegen des geringen Grips auf diesem Straßenkurs.“

Der Valencia Street Circuit aus der Sicht des Motoren-Ingenieurs:
Rémi Taffin, Leiter des Renault Sport F1 Einsatzteams

„Das optimale Motoren-Mapping für diesen Kurs zu entwickeln, ist eine ziemlich knifflige Aufgabe. Die ersten zehn Kurven werden alle im ersten, zweiten oder dritten Gang – also bei niedrigem Tempo – gefahren. Viele dieser langsamen Kurven – genauer gesagt die Turns 2, 4, 5, 8, 10, 12, 17 und 25 – sind sich sehr ähnlich. Wenn du für eine davon das falsche Setup hast, wirst du auch auf dem Rest der Runde Probleme bekommen.

Der Stop-and-go-Charakter von Valencia wirkt sich natürlich auch auf den Kraftstoffverbrauch aus. Der liegt hier sehr hoch, fast auf dem Niveau von Melbourne. Da es in Spanien im Sommer aber wärmer ist als im Herbst in Australien, verbrauchen wir etwas weniger Sprit als dort.

Trotz der wahrscheinlich hohen Lufttemperaturen stellt die Motorkühlung in Valencia keine besonderen Ansprüche. Auf den langen Geraden kommt genügend Frischluft in die Seitenkästen und den Luftkreislauf, damit das Kühlsystem durchatmen kann.

Wir sind für Valencia recht zuversichtlich, weil die gute Fahrbarkeit bei geringem Gaspedaleinsatz und mittleren Drehzahlen zu den Stärken unseres RS27-V8 gehört. Unsere Ingenieure haben in dieser Saison schon oft bewiesen, dass sie die Motorsteuerung exakt so einstellen können, dass die Kraft sanft einsetzt. Auf diese Weise drehen die Räder beim Beschleunigen nicht zu stark durch und der Reifenverschleiß hält sich in den vorgesehenen Grenzen. Wir möchten unbedingt unsere starke Performance der vergangenen Jahre fortsetzen: Seit 68 Rennen haben wir immer mindestens ein Auto mit Renault Motor in die Punkteränge gebracht!“
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