Rallye WM
23.12.2016
Citroën in der Rallye-WM: Neue Offensive mit dem C3 WRC
In der Saison 2017 setzt Citroën Total Abu Dhabi WRT zwei bis vier C3 WRC für die Teams Kris Meeke/Paul Nagle, Craig Breen/Scott Martin, Stéphane Lefebvre/Gabin Moreau und Scheich Khalid Al Qassimi/Chris Patterson ein.
Seit ihrem ersten Auftritt im Jahr 1997 waren die World Rally Cars immer wieder Veränderungen unterworfen, entweder um Kosten einzudämmen oder die Leistung zu beschränken. Die wichtigsten Veränderungen wurden vor der Saison 2011 vorgenommen, als kompaktere Modelle mit einem 1,6-Liter-Motor mit Direkteinspritzung zum Einsatz kamen. 2017 wird eine neue Generation von Autos eingeführt; sie sollen die schnellsten und spektakulärsten Fahrzeuge in der Geschichte der Rallye-WM werden.
In allen Bereichen setzt der Citroën C3 WRC neue Maßstäbe. Zum Beispiel beträgt das Leistungsgewicht der neuesten Kreation der Ingenieure von Citroën Racing 3,1 kg/PS – verglichen mit 3,8 seines Vorgängers. Da sich eine verbesserte Effizienz nicht nur in Zahlen ausdrücken lässt, lassen sich die dramatischen technologischen Veränderungen auch an den breiten Flügeln, den verbesserten aerodynamischen Eigenschaften sowie dem Allradantrieb ablesen, der nur mit einem zentral kontrollierten Differenzial ausgestattet ist.
Die Bewertung des neuen Reglements und des strukturellen Designs des neuen Citroën WRC begann im April 2015 im Designbüro. Diese Arbeit wurde intensiviert und vertieft, nachdem das Management der Groupe PSA grünes Licht gegeben hatte. Am 19. November 2015, als die sportliche Zukunft von Citroën verkündet wurde, existierte der C3 WRC bereits – zumindest virtuell auf den CAD-Arbeitsplätzen. Bald danach begann der Aufbau des ersten Prototyps in den nahe gelegenen Werkstätten. Am 11. April 2016 fuhr Kris Meeke das Auto bei seinem ersten Roll-out auf der Strecke in Versailles-Satory.
Kurz danach machte sich das Team auf den Weg nach Südfrankreich, wo die erste Testsession auf den Schotterstrecken rund um Château Lastours stattfand. Das Auto war mit einer speziellen Tarnlackierung dekoriert, die die Umrisse des neuen Citroën C3 WRC verbergen sollte, da das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt noch nicht enthüllt worden war.
Die Entwicklungsarbeit wurde auf verschiedenen Belägen mit vier bis fünf Testtagen pro Monat fortgesetzt, bei denen das Team die Zuverlässigkeit und Performance überprüfte. Ende Juni war ein Schlüsselstadium erreicht: mit der Fertigstellung eines zweiten Fahrzeugs für Asphalt-Tests. Hinter den Kulissen ging die Arbeit im Designbüro weiter, es wurden neue Upgrades eingeführt. Einige Tests wurden im Windkanal absolviert, danach wurde die endgültige Form der Karosserie festgelegt.
Kris Meeke, der als Werksfahrer für Citroën Racing bis 2018 verpflichtet ist, unternahm den Großteil der Testarbeit. Bei jeder Session wurde seine Arbeit von Craig Breen und Stéphane Lefebvre unterstützt, die am letzten Testtag jeweils die Aufgaben des Nordiren übernahmen.
Der Citroën C3 WRC absolvierte zehn Testsessions über insgesamt 9.500 Kilometer. Der letzte kritische Punkt vor dem Wettbewerbsdebüt des Autos, die Homologation durch die FIA, wurde am 13. Dezember abgeschlossen.
„Wie so oft im Motorsport arbeiteten wir beim Design und der Entwicklung des Autos nach einem straffen Zeitplan. Als wir mit den Test begannen, waren wir erfreut, dass dieses Auto gut konstruiert war. Es gab keine größeren Probleme und die Fahrer sagten, dass sie vom Handling des Fahrzeugs begeistert waren. Nun ist die Zeit gekommen, in der wir uns mit den Mitbewerbern messen. Wir denken, dass wir sehr gut gearbeitet haben, aber es ist unmöglich, ganz sicher zu sein. So eine große Veränderung im Reglement bedeutet, dass die Karten neu gemischt sind. Deshalb werden wir demütig in den Wettbewerb ziehen“, sagt Laurent Fregosi, TechnischerDirektor
Citroën Racing entwickelt und baut seine eigenen Motoren seit 2010 nach den Regeln der FIA Global Racing Engine (GRE). Die Architektur, basierend auf einem Vierzylinder 1,6-Liter-Turbomotor mit Direkteinspritzung, erlaubt es Herstellern, ihre Technologie in verschiedenen Meisterschaften einzusetzen. Citroën nutzte beispielsweise seine Erfahrung aus der Rallye-Weltmeisterschaft, um den Motor des Citroën C-Elysée WTCC zu entwickeln. Und jetzt wurden die Informationen und Erfahrungen aus drei Jahren auf den WTCC-Rennstrecken weltweit eingesetzt, um das Triebwerk des Citroën C3 WRC zu kreieren.
Wie seine zwei Vorgänger wurde der Motor von Citroën Racing mit einem bearbeiteten Aluminium Zylinderblock gebaut. Dieses fein bearbeitete Stück Metall muss strikt den Regeln in Bezug auf Minimalgewicht und die Höhe seines Schwerpunkts entsprechen.
Für die Leistungssteigerung, die für 2017 erwartet wird, ist ein Hauptfaktor verantwortlich: Der größere Luftmengenbegrenzer des Turboladers, dessen Durchmesser von 33 auf 36 Millimeter vergrößert wurde. Die Leistung stieg um rund 20 Prozent auf 380 PS; das Limit des Turbodrucks von 2,5 bar bedeutet, dass das Drehmoment relativ stabil bei 400 Nm bleibt.
Da der 36 Millimeter große Luftmengenbegrenzer bereits im WTCC-Motor eingesetzt wurde, konnten die Motorspezialisten bei Citroën Racing schnell und sicher mit der erhöhten Leistung und dem inneren Druck umgehen. Dadurch konnte man die kleinsten Details in noch größerer Tiefe untersuchen. Zusammen mit den chemischen Ingenieuren von Total wurde daran gearbeitet, die Reibung zu reduzieren, um die Leistung und Effizienz des Motors zu verbessern.
Mehr als je zuvor war die Zuverlässigkeit ein Schlüsselthema für die Ingenieure. Mit drei erlaubten Motoren pro Auto und Saison sind die Anforderungen ähnlich denen in der WTCC, wo der Antriebsstrang zwar weniger Kilometer, aber dafür höhere Geschwindigkeiten aushalten muss.
„Man kann sicher sagen, dass der Citroën C3 WRC den komplettesten Motor besitzt, den wir jemals gebaut haben. Während wir in der WTCC antraten, konnten wir einen Schritt von der WRC zurücktreten und diese neue Herausforderung mit einem neuen Blickwinkel beginnen. Der Rahmen für das GRE-Reglement ist sehr strikt, aber er erlaubt genügend Freiheiten für neue Lösungen. Wir waren mutig und haben uns für einige radikale technologische Lösungen entschieden, die ich hier nicht weiter ausführen will. Aber wir sind stolz auf die Arbeit, die wir geleistet haben, vor allem in der Reduzierung der Reibung. Es ist umso erfreulicher, dass diese Fortschritte eines Tages auf unsere Produktionsmodelle über die gesamte Citroën Modellpalette übertragen werden“, so Patrice Davesne, Motoren-Manager
Die Konstruktion des Citroën C3 WRC ähnelt der seiner Vorgänger. Die Karosserie des Serienmodells wurde modifiziert, um den Heckspoiler aus Verbundfaserstoff, den Sicherheitskäfig, den Tunnel für die Kraftübertragung und den Unterrahmen, der das Chassis und die Fahrwerkssysteme trägt, aufzunehmen.
Der C3 WRC ist das erste World Rally Car von Citroën, das auf der Karosserie eines Viertürers basiert. Die hinteren Türen wurden herausgenommen, aber diese Konfiguration erforderte trotzdem eine tiefer gehende Arbeit am Layout und der Ergonomie des Fahrzeugs, um die optimale Position für die Crew zu finden. Dabei mussten Faktoren wie die Gewichtsverteilung, Sicht und passive Sicherheit beachtet werden.
Dieser letzte Punkt bleibt für die Ingenieure von Citroën Racing und die Experten der FIA gleichermaßen ein zentrales Anliegen. Bei der Verbesserung des Schutzes für die Crews, vor allem bei einem Seitenaufprall, wurden keine Kompromisse eingegangen. Die Türen beispielsweise wurden mit einer zusätzlichen Verbundfaserschicht verstärkt. Sie sind ein wenig wie eine aufgeladene Version von Airbump®! Das Innere der Türen ist mit einem hoch verdichteten Schaum ausgelegt, der Energie absorbieren soll, während die Kopfstützen der Schalensitze mit neuen Schutzleisten versehen sind.
In den Details erlaubt das Reglement des Jahres 2017 in einigen Bereichen mehr Freiheiten. Am auffälligsten ist die Breite des Fahrzeugs, die um 55 Millimeter auf 1.875 Millimeter erhöht wurde und ein stabileres Handling und neue aerodynamische Optionen erlaubt.
Eine wesentliche Komponente in Bezug auf Traktion und das Gefühl der Fahrer ist das Fahrwerk. Auch dieser Bereich wurde einigen grundlegenden Änderungen unterzogen. Die Feder-Stoßdämpfer, die von Citroën Racing entwickelt und gebaut werden, erlauben eine höhere Bodenfreiheit. Als eine der wichtigsten Neuerungen am C3 WRC wird die Fahrwerksgeometrie bei den Asphalt-Version und der Schotter-Version des Autos unterschiedlich sein.
Der Allradantrieb hat mit der Rückkehr des zentral kontrollierten hydraulischen Differenzials ebenfalls eine größere Änderung erfahren. Dieses System, das im Xsara und dem C4 WRC genutzt wurde, erlaubt es, dass sich Vorder- und Hinterachse in verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen. Mit der Kontrolle des Hydraulikdrucks in der zentralen Kupplung ist es daher möglich, Drehmoment von einer Achse auf die andere zu übertragen, um Untersteuern auszugleichen und Schlupf zu verringern.
Das muskulöse Design des Citroën C3 WRC und seine einzigartige Morphologie sind auffällig. Wie der C3 in der Straßenversion besticht das WRC durch seine Frische und Energie, unterstützt durch seine Stärke.
Die Veränderungen in der Aerodynamik, die durch das gelockerte Reglement möglich wurden, tragen aktiv zur Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs bei. Der durch die Aerodynamik erzeugte Abtrieb erhöht die Stabilität des Autos bei höheren Geschwindigkeiten, während die Lüftungsöffnungen den Motor, das Getriebe und die Bremsen kühlen.
Bevor das endgültige Design der Karosserie festgelegt wurde, kamen verschiedene Versionen zum Einsatz. Wer die Fotos der vergangenen Monate genau unter die Lupe nimmt, kann dies erkennen:
Die hoch stehende Frontpartie ist stark und überzeugend, was dem charismatischen Fahrzeug einen Eindruck von Robustheit verleiht. Es verfügt auch über eindrucksvolle zweistufige Scheinwerfer. Unterschrift des Citroën: Die doppelte Chromleiste unterstreicht die Chevrons und Lampen. Als Kernstück der Aerodynamik enthält der Stoßfänger einen Splitter und Winglets, die Abtrieb erzeugen und Untersteuern verringern. Der untere Teil ist bei der Asphalt- und Schotter-Version unterschiedlich. Die Lufteinlässe liefern kühle Luft zum Kühler, zum Turbolader und zu den Bremsen. Heiße Luft wird durch die Auslässe an der Motorhaube und an der Unterseite des Frontflügels abgegeben.
Die Seitenansicht zeigt das abfallende Dach, das von den schwarzen A-Säulen gehalten wird. Die Sicherheitsfunktion des Citroën C3 WRC zeigt sich deutlich im ausgewogenen Verhältnis zwischen Karosseriebauteilen und Glasflächen. Die Belüftungsschlitze an den Hintertüren dienen zum Abkühlen der Bremsen. Wie auf der Vorderseite wird heiße Luft unter dem Flügel abgeleitet.
Die Heckstoßstange wurde sorgfältig entworfen, um das Aufwirbeln von Schotter und Schnee auf losen Untergründen zu erhöhen. Diese aerodynamischen Formen spiegeln sich in den 3D-Heckleuchten wider, die dem Citroën C3 WRC eine einzigartige Hightech-Identität verleihen. Durch das zentral angeordnete Auspuffrohr erhält der hintere Diffusor weiteren Abtrieb, indem er den Luftstrom, der unter der Kabine verläuft, ableitet.
Schließlich vervollständigt ein spektakulärer Heckspoiler das aerodynamische System. Er besteht aus einer unteren „Schaufel“ und einer komplexeren oberen Ebene. Für eine höhere Effizienz wird die Spoiler-Baugruppe gegenüber den bisherigen Vorschriften um 50 Millimeter zurückgestellt und angehoben.
„Die Erfahrung, die mit dem Citroën C-Elysée WTCC erworben wurde, hat dazu geführt, dass wir nicht bei null anfangen mussten. Wir haben Lösungen mit CFD (Computational Fluid Dynamics) und dann im Windkanal mit einem 40-prozentigen Mock-up geprüft. Die Ergebnisse führten dazu, dass wir neue Formen entwickelten, die wir erneut getestet haben und so weiter. Gleichzeitig mussten wir die Komponenten prüfen, um sicherzustellen, dass sie die rauesten Strecken aushalten würden. Der Prozess endet wirklich nicht. Mit mehr Zeit hätten wir zweifellos weitere Fortschritte gemacht und noch mehr Leistung gefunden,“ erklärt Laurent Fregosi, Technischer Direktor
Wichtigste Änderungen im Sportlichen Reglement 2017
Ein Hersteller kann mit zwei oder drei Fahrzeugen pro Event an den Start gehen. Nur die beiden bestplatzierten Fahrzeuge erhalten Punkte für die Hersteller-Weltmeisterschaft.
Die Reihenfolge der P1-Priority-Teams wurde neu geregelt: An Tag 1 starten die Teilnehmer nach dem Stand in der FIA Rallye Weltmeisterschaft (an Tag 1 der Rally Monte Carlo nach dem WM-Endstand 2016). An den folgenden Tagen starten die Fahrzeuge in umgekehrter Reihenfolge. Diese Reihenfolge orientiert sich am Ergebnis des Vortags.
Die Top-Fünf-Fahrer der Power Stage erhalten Bonuspunkte (5/4/3/2/1). In Europa sind Testfahrten mit einem Umfang bis zu 55 Tagen pro Jahr erlaubt.
Am Ende jeder Rallye schüttet die FIA Punkte für die besten zehn in der Fahrer- und Herstellerwertungaus. Zugrunde liegt der FIA-Punkteschlüssel: 25, 18, 15, 12, 10, 8, 6, 4, 2 und 1. In der Herstellerwertung erhalten die von der Marke benannten zwei besten Teams Meisterschaftspunkte.