„2017 ist die erste Saison, in der wir vom Start an als ein Team arbeiten“, erklärt Cyril Abiteboul, Managing Director von Renault Sport Racing. „Vergangenes Jahr hatten wir ein Fahrzeug, das sehr schnell fertiggestellt werden musste. Dieses Jahr konnten wir unser Auto in enger Abstimmung zwischen dem Motorenzentrum Viry-Châtillon und der Chassisfertigung in Enstone entwickeln. Deshalb erwarten wir in der kommenden Saison große Fortschritte“, so Abiteboul weiter.
„Wenn wir Platz fünf in der Konstrukteurswertung erreichen wollen, müssen wir regelmäßig in die Punkteränge fahren – das ist eine Herausforderung“, sagt Abiteboul. Mit Nico Hülkenberg stößt ein erfahrener und talentierter Pilot von Force India zum Renault Sport Formel 1-Team. Zweiter Mann im Renault Cockpit ist Jolyon Palmer, der eine gute Premierensaison in der Königsklasse gezeigt hat. „Beide Fahrer sollten sich gut ergänzen, und das Team wird davon profitieren“, so Abiteboul.
Neue Aerodynamikregeln für schnellere Rundenzeiten
Die Saison 2017 ist geprägt von grundlegenden Reglementänderungen, die die Formel 1 deutlich schneller machen sollen. So steigt die Breite der Autos von 1,80 Meter auf 2,0 Meter. Gleichzeitig werden Front- und Heckflügel größer. Der Frontflügel misst künftig 1,80 Meter statt 1,65 Meter in der Breite. Außerdem ragt die Spitze 20 Zentimeter über das vordere Ende der Endplatten hinaus. Daraus resultiert eine aggressive Pfeilform. Die Breite des Heckflügels wächst um 15 Zentimeter auf 95 Zentimeter. Der Flügel selbst sitzt 15 Zentimeter tiefer als bisher, die Endplatten werden in einem Winkel von 30 Grad angestellt. Auch ein zweites Heckflügelelement ist wieder erlaubt. Diese Maßnahmen sollen den Anpressdruck steigern und damit die Kurvengeschwindigkeiten erhöhen. Die Rundenzeiten werden hierdurch um voraussichtlich bis zu fünf Sekunden sinken, obwohl durch den erhöhten Luftwiderstand gleichzeitig der Topspeed auf Geraden zurückgeht.Auch neue Luftleitflächen und ein Diffusor, der bereits 17,5 Zentimeter vor der Hinterachse beginnt und stärker ansteigt als bislang, steigern die Kurvenperformance der Formel 1-Boliden.
Breitere Reifen, mehr Entwicklungsfreiheit
Die Reifen werden ebenfalls um 25 Prozent breiter und erinnern optisch an die 1970er- und 1980er-Jahre. Durch das größere Format legt das Gewicht der Reifen und damit das Mindestgewicht der Fahrzeuge ebenfalls um 20 Kilogramm auf 722 Kilogramm zu. Wegen des höheren Luftwiderstands und der Gewichtszunahme steigt der Kraftstoffbedarf der Boliden. Deshalb dürfen die Fahrzeuge pro Rennen 105 Kilogramm Sprit statt wie bisher 100 Kilogramm mit sich führen. Weiterer wichtiger Aspekt: Auf Antriebsseite entfällt das sogenannte Token-System, das die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung einschränkte. Die Hersteller werden damit deutlich freier bei der Konzeption ihrer Antriebseinheiten.„Die Änderungen sind so fundamental, dass sie in vielerlei Hinsicht einer Revolution gleichen“, sagt Bob Bell, Chief Technical Officer des Renault Sport Formel 1-Teams. Er ist zuversichtlich, was die Perspektiven der Renault Equipe für die kommende Saison betrifft: „Unsere Messungen zeigen, dass wir große Fortschritte gemacht haben“, so Bell.
Komplett neues Fahrzeug
Vom Vorgänger R.S.16, der auf den Formel 1-Rennwagen E22 und E23 des Ende Dezember 2015 übernommenen Lotus F1 Teams basierte, sind laut Bell keinerlei Komponenten geblieben. „Die Arbeit begann mit einem weißen Blatt Papier. Alles ist neu: Karosserie, Aufhängung, innere Teile“, so der Technikchef des Renault Teams. Auch das Kernstück des Autos, das Monocoque, unterscheidet sich signifikant vom Vorgänger, um eine ideale Integration der Antriebseinheit und der Kühlsysteme zu realisieren. Hierfür arbeiteten die Abteilungen in Viry-Châtillon und Enstone eng zusammen, was beim Auto des Vorjahres nicht möglich war, wie Rémi Taffin, Engine Technical Director des Renault Sport Formel 1-Teams bestätigt: „Antrieb und Chassis passen jetzt zusammen und bilden kein Puzzle mehr wie beim R.S.16. Der R.S.17 ist viel homogener konstruiert.“
Die Antriebseinheit: leichter und stärker
Neben der Integration galt das besondere Augenmerk des Power-Unit-Teams der Gewichtsreduzierung der Antriebskomponenten sowie dem Gewinn zusätzlicher PS. Hierzu Taffin: „Letztes Jahr wollten wir den Abstand zur stärksten Power Unit im Feld dadurch halbieren, indem wir die zuverlässigste Antriebseinheit hatten. Wir sind überzeugt, dass uns das gelungen ist. 2017 wollen wir die verbliebene Lücke schließen.“
Neue Herausforderung für Energierückgewinnung
Das neue Aerodynamikreglement hat auch Auswirkungen auf die Energierückgewinnung. Mehr Downforce bedeutet höheren Luftwiderstand und damit längere Volllastphasen und einen höheren Energieverbrauch durch stärkeren Elektro-Boost auf den Geraden. Da der Topspeed zurückgeht, gleichzeitig aber die Kurvengeschwindigkeiten zunehmen, werden die Bremszonen kürzer, wodurch auch weniger Zeit zur Verfügung steht, neue Energie ins System einzuspeisen. „Wir begegnen dieser Entwicklung durch eine geänderte Balance zwischen den beiden Rückgewinnungssystemen“, erklärt Taffin. Hintergrund: Zusätzlich zur MGU-K (Motor Generator Unit - Kinetic), die die kinetische Energie, die beim Bremsen in Form von Reibungswärme entsteht, in elektrische Energie umwandelt, verfügen die Formel 1-Boliden über die MGU-H (Motor Generator Unit - Heat). Ihre Aufgabe besteht darin, aus der Abwärme der Auspuffgase elektrische Energie zu gewinnen.Wie in der vergangenen Saison kommt im V6-Turbo des R.S.17 zur Steigerung der Effizienz außerdem die innovative Vorkammerzündung zum Einsatz. Sie erlaubt es den Ingenieuren, ein noch magereres Luft-Kraftstoffgemisch einzusetzen, ohne Leistungsverluste in Kauf zu nehmen.